Frage an Diether Dehm von Helmut G. bezüglich Wirtschaft
Guten Tag Herr Dehm ,
sind Sie in der Lage , mir die Prozentzahlen der Wahlbeteiligungen bei den jeweils letzten Vollversammlungswahlen der 80 IHKs zu liefern ? Ich denke , wenn man in Berlin mit der Spitzenorganisation der 80 IHKs , dem DIHK verhandelt und diese das Gesamtinteresse der Wirtschaft vertreten wollen , so sollte man schon wissen , welche
Substanz dahintersteht. Wahlbeteiligungen im einstelligen Prozentbereich sprechen für sich und geben Anlaß zum Zweifel an der demokratischen Legitimation der Vollversammlungen.
Nebenbei, ist Ihnen bekannt mit wie wenig Stimmen Herr Braun in Kassel in die IHK gewählt wurde !?
Eine gute Zeit wünscht Ihnen
Helmut Gebske aus Marienheide
Sehr geehrter Herr Gebske,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Nach einiger Recherche haben wir feststellen müssen, dass es zu diesem Thema leider keine offizielle Statistik gibt. Die Fraktion DIE LINKE hatte zu diesem Thema auch beim Bundeswirtschaftsministerium und dem Deutschen Industrie- und Handeskammertag (DIHK) angefragt.
Das Bundeswirtschaftsministerium teilte uns folgendes mit:
"Daten über die Wahlbeteiligung bei den IHK-Wahlen liegen uns nicht vor. Allerdings sind unsere Erfahrungswerte, dass die Wahlbeteiligung zwischen 5 und 16 % liegen dürften." Gleichzeitig konnten wir aus einem einem weiteren Vermerk aus dem Bundeswirtschaftsministerium entnehmen: "Die Wahlbeteiligung könnte auch aus Sicht der Bundesregierung höher sein. Die IHKs befinden sich in einer ähnlichen Situation wie andere funktionale Selbstverwaltungskörperschaften (Rentenversicherung, Kammern), bei denen das Fehlen des politischen Elements das Interesse an Wahlen typischerweise dämpft. Eine nähere Analyse der Beteiligung zeigt aber, dass die Masse derjenigen Mitglieder, die keinen Beitrag bezahlen, überhaupt nicht wählt und damit - es handelt sich immerhin um fast die Hälfte der Mitglieder - die Wahlbeteiligung deutlich nach unten zieht. Bei den im Handelsregister eingetragenen Mitgliedern liegt dagegen die Wahlbeteiligung durchweg zwischen 30 % und 40 %."
Vom DIHK haben wir folgende Antwort bekommen:
"Während bei den vorletzten Wahlen noch in mehr als 4 Prozent der IHKs die Beteiligung unter 8 Prozent lag, ist dies bei den letzten Wahlen fast nirgends der Fall gewesen. Allerdings ist auch festzustellen, dass Wahlbeteiligungen von über 20 Prozent bei den vergangenen Wahlen in wesentlich weniger IHKs der Fall waren als bei den vorvergangenen Abstimmungen (13,6 Prozent gegenüber 19,6 Prozent). In fast der Hälfte der IHKs betrug die Beteiligung bei den letzten Wahlen zwischen 12 und 16 Prozent, bei einem Fünftel der IHKs zwischen 8 und 12 Prozent. Die Zahl der IHKs mit einer Wahlbeteiligung von 16 bis 20 Prozent ist von 17,0 auf 18,6 Prozent gestiegen.
Der Mittelwert der Wahlbeteiligung in allen IHKs lag bei den letzten Wahlen 0,43 Prozentpunkte über dem Wert der vorherigen Wahlen. Bei der vorletzten Wahl stimmten 14,87 Prozent der Mitgliedsunternehmen der IHKs ab, bei der letzten Wahl waren es 15,30 Prozent.
Gründe für die Höhe der Wahlbeteiligung sahen die 24 IHKs, die sich dazu äußerten, vor allem im kammerkritischen Verhalten eines Teils der Abstimmungsberechtigten. Weitere genannte Gründe waren die geringe Beteiligung von Unternehmen des Kleingewerbes, zu wenig Öffentlichkeitsarbeit und eine zu geringe Wahlbezirkszahl. Auch die Tatsache, dass große IHK-Zugehörige eine Vielzahl an kleinen selbstständigen Mitgliedsfirmen besitzen, für die aber nicht separat abgestimmt wird, drückt die Wahlbeteiligung. Zudem verzichten Inhaber von Firmen der Rechtsform GmbH & Co. KG häufig darauf, sowohl für die GmbH als auch die KG zu wählen."
Aus beiden Antworten sehen Sie, dass die Wahlbeteiligung bei nahezu allen IHKs sehr niedrig ist. Das sich hieraus durchaus auch Legitimationsprobleme für die öffentliche Vertretung der Interessen aller Unternehmen ergeben können, liegt hier auf der Hand. Deshalb möchte ich Sie auch darauf hinweisen, dass DIE LINKE. die derzeitige Organisation und Arbeit der IHKs sehr kritisch sieht und dazu einen Antrag verabschiedet hat, der vermutlich noch in diesem Jahr vom Bundestag beraten wird. Die Linksfraktion tritt dafür ein, dass Klein- und Kleinstbetrieben mit einem Gewerbeertrag von bis zu 30.000 Euro jährlich keine Beiträge an die Industrie- und Handelskammern (IHK) zahlen müssen. Die Fraktion will die derzeitigen Beitragsregelungen abschaffen, weil sie die Großunternehmen begünstigen. Bundeseinheitlich soll eine progressiv wirkende, die Großunternehmen prozentual stärker belastende Beitragsregelung vorgeschrieben werden, die den einzelnen IHK in engen Grenzen variable Hebesätze erlaubt, aber keine Abweichung von der Progression zulässt. Daneben strebt die Linke eine grundlegende Reform der IHK an.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Diether Dehm