Frage an Diether Dehm von Johann L. B. bezüglich Familie
Sehr geehrter Dr. Diether Dehm,
warum sind die Kinderheimplätze in Deutschland so teuer?
Für eine 10jährige wird mittlerweile 6000,- Euro vom Jugendamt (ohne Nachweis) an das Heim ausgezahlt. In Bayern habe ich eine Überweisung von 7200,- Euro für einen Monat Aufenthalt in einem Heim für eine 15jährige gelesen.
Wie ist das noch dem Steuerzahler und andern Jugendeinrichtungen zu vermitteln?
Kinder in Pflegefamilien müssen mit weit unter 1000,- Euro für die gleichen Dienste auskommen.
http://www1.karlsruhe.de/Soziales/pflege5.htm
Und Hartz VI Familien kommen überhaupt nicht mehr klar mit den Einkünften.
Aus finanziellen Gründen müssen Eltern durch das Jugendamt ihre Kinder ins Heim abgeben, weil sie die Auflagen der ARGEN nicht entsprochen haben.
http://www.rp-online.de/public/article/moenchengladbach/493891/Jugendamt-und-Arge-planen-Fruehwarnsystem.html
Warum kommt das Geld nicht in die Familien an?
Zitat: Bundestagspräsident Dr. Norbert Lammert
"Rund 3,2 Milliarden Euro kostete die Unterbringung außerhalb des Elternhauses in Vollzeitpflege, Heimen und anderen betreuten Wohnformen."
http://www.direktzu.de/bundestagspraesident/messages/14129
Und die daraus gestörten Biografien könnten der Gesellschaft weitere Kosten verursachen.
Ist die Linke dazu bereit, hier einen Schlussstrich zu ziehen und den missbrauch ein Ende zu setzen?
Vielen Dank für Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
Johann L. Beckers
www.heimkinderverband.de
Sehr geehrter Herr Beckers,
vielen Dank für Ihre Mail, die ich mit viel Aufmerksamkeit gelesen haben. Ihre Argumentation kann ich durchaus verstehen. Es ist schwer nachvollziehbar, dass für die Unterbringung von Kindern in Heimen zum Teil 3900 € und mehr im Monat an Kosten für die Jugendämter entstehen. Diese Kosten beinhalten Faktoren, wie Wohnen, Essen und vor allem die personelle Betreuung. Wenn Sie berücksichtigen, dass es für manche schwer erziehbaren Kinder Betreuungsschlüssel von 1:2 gibt, wird schnell verständlich, warum hier hohe Kosten für die Betreuung und Unterbringung entstehen.
DIE LINKE setzt sich für Prävention ein. Hier jedoch müssen wir feststellen, dass immer mehr Kommunen und Landkreise mit vermeintlichen Sparbeschlüssen die Jugendeinrichtungen und Beratungsdienste schließen oder die Zuschüsse deutlich kürzen. Prävention ist die beste Voraussetzung dafür, dass Kinder und Jugendliche Hilfe bekommen, bevor die Situation eskaliert. Hier wollen wir mithelfen, dass solche präventiven Maßnahmen mehr als bisher gefördert werden.
Ihre Argumente zu Hartz VI kann ich völlig teilen. DIE LINKE fordert eine sofortige Erhöhung der Hartz-VI-Sätze auf 435 Euro. Auch die Regelsätze für Kinder und Jugendliche müssen erhöht werden. Die derzeitigen Regelsätze bilden die tatsächliche Bedarfslage der Leistungsbezieherinnen und Leistungsbezieher nicht ab. Darüber hinaus werden die Betroffenen durch die vielfältigen Repressionen und die damit verbundenen Leistungskürzungen diskriminiert und noch weiter in die Armut getrieben. Eine gesellschaftliche Teilhabe ist nicht möglich.
Hartz IV ist Armut und Ausgrenzung per Gesetz. Das wissen die zahlreichen Demonstrantinnen und Demonstranten am besten, die heute am Brandenburger Tor für eine deutliche Erhöhung der Regelleistung, die vollständige Abschaffung des Sanktionsparagrafen und die Aufhebung des Bedarfsgemeinschaftsprinzips bei den Sozialleistungen auf die Straße gehen.
Ihre grundsätzliche Position zur Heimunterbringung kann ich nicht teilen, für viele Kinder und Jugendliche ist die Heimunterbringung die einzige Möglichkeit um ihnen aus zum Teil ausweglosen Situationen zu helfen. Viele Jugendliche brauchen auch zusätzlich Betreuung und Hilfe, die ihnen in solchen Heimen angeboten werden können, aus diesem Grund möchte DIE LINKE mithelfen, dass weiterhin eine bestmögliche Ausstattung dieser Einrichtungen abgesichert werden kann.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Diether Dehm