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Diether Dehm
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Frage von Hartmut Frank M. •

Frage an Diether Dehm von Hartmut Frank M. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Dehm-Desoi,

ich habe Sie diese Woche bei der Sendung " Maischberger" gesehen.
Zitat aus dem Text der " Sendungshomepage" als einleidender Text, der Ihnen zugeschrieben wird :" Alle Vorwürfe gegen Christian Wulff sind lachhaft." Der niedersächsische Linken-Politiker überrascht mit seinem Beistand für den Ex-Bundespräsidenten. Die politischen Gegner haben sich letztes Jahr angefreundet und waren diesen Sommer gemeinsam im Urlaub. "Christian Wulff ist weder korrupt noch erpressbar", sagt Dieter Dehm und prophezeit: "Er wird freigesprochen werden und dann als geläuterter Mann zurückkommen."
Soweit das Zitat aus der Sendungshomepage.

Wie darf man das verstehen?
Nur weil Sie sich mit Herrn Wulff angefreundet haben, meinen Sie, dass die Vorwürfe ( teils durch Ihre Parteifreunde erhoben) lächerlich sind?

Ist Ihnen bewußt, dass nur ein ganz kleiner Teil der Vorwürfe überhaupt juristisch untersucht bzw. verhandelt werden?
Herr Wulff hätte mit der Zahlung von 20.000 Euro eine Einstellung des Verfahrens haben können.
Statt dessen kostet der Prozess laut ZDF ( Sendung "Illner") dem Steuerzahler nun Millionen.

Warum haben Sie Mitleid mit jemanden der wahrscheinlich Millionen an Ehrensold usw. im Laufe seines Lebens kassiert- ist dass gegenüber den Arbeitern gerecht, die selbst dann eine Sperre bekommen, wenn sie absurdeste Arbeitsverhältnisse wie die bei Mc Donalds selbst kündigen?
Ist es gerecht, dass 16 jährige Schwarzfahrer eingesperrt werden, aber Politiker sich m.E. viel mehr erlauben dürfen?

Ist Ihnen nicht so, dass Herr Wulff z.B. das Blindengeld in Niedersachsen abgeschafft hat? Herr Prof. Butterwegge hat m.e. sehr genau Herrn Wulffs unsoziale Politik beschrieben.

Ich schäme mich, dass ich Die Linke wählte, wenn ich höre, wie Sie argumentieren.

Kann man wegen einer Freundschaft seine politische Überzeugungen aufgeben?

Mit enttäuschten Grüßen

Hartmut Frank Mueller

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Mueller,

der Bezug, den Sie in Ihrem Schreiben herstellen, ist der genau entgegen gesetzte: ich war zuerst empört über die mediale Hatz, die gegen Christian Wulff losgetreten wurde (das kenne ich aus eigener leidvoller Erfahrung und weiß auch, wie ohnmächtig man diesem Treiben ausgeliefert ist) und konnte im Zuge dessen beobachten, wie sich vor allem seine "Parteifreunde" recht schnell vom Acker machten. Erst daraufhin habe ich Kontakt mit Christian Wulff aufgenommen, um ihm mitzuteilen, dass ich das mediale Kesseltreiben gegen ihn - unabhängig davon, dass wir natürlich politische Gegner sind - verabscheuungswürdig finde. Daraus entwickelte sich dann eine Freundschaft - aber nicht umgekehrt. Was mich so sehr empört ist, dass mit seiner Vorverurteilung durch die Medien das rechtsstaatliche Prinzip der Unschuldsvermutung mal wieder so mit Füßen getreten wurde!

An dieser Stelle möchte ich auch nochmal deutlich sagen, weshalb aus meiner Sicht diese Hatz von Bild und Spiegel gegen Christian Wulff losgetreten wurde: am 24. August 2011 kritisierte Christian Wulff im Rahmen einer Rede in Lindau sehr deutlich die bisherige Krisenpolitik und v.a. den zu diesem Zeitpunkt noch nicht in Kraft gesetzten permanenten Euro-Rettungsschirm ESM. Zum Beleg einige Zitat aus dieser Rede:

"Wir haben weder die Ursachen der Krise beseitigt, noch können wir heute sagen: Gefahr erkannt – Gefahr gebannt. Wir sehen tatsächlich weiter eine Entwicklung, die an ein Domino-Spiel erinnert: Erst haben Banken andere Banken gerettet, und dann haben Staaten Banken gerettet, dann rettet eine Staatengemeinschaft einzelne Staaten. Wer rettet aber am Ende die Retter? Wann werden aufgelaufene Defizite auf wen verteilt beziehungsweise von wem getragen?

Ich verstehe, dass viele nicht nachvollziehen wollen, dass Bankmanager teils exorbitant verdienen, dass aber zugleich Banken mit Milliarden gestützt werden. Und Trittbrettfahrer in der Finanzwelt spekulieren weiterhin darauf, von der Politik und damit letztlich von den Steuerzahlern aufgefangen zu werden.

Wieder verdienen Finanzmarktakteure Provisionen ohne jedes Risiko.

Eines der Grundprinzipien der Marktwirtschaft ist: Risiko und Haftung gehen Hand in Hand. Wer Risiken eingeht, kann auch scheitern. Dieses Prinzip muss auch für den Finanzsektor gelten…"

Ich weiß von mir selbst, dass ich gern zu Verschwörungstheorien neige, aber gibt Ihnen die Tatsache, dass bei keinem der Systemmedien, die ich konsultierte, ein Link zur kompletten öffentlichen Rede des Bundespräsidenten zu finden war, nicht auch zu denken? Und Tatsache ist, dass es für die Inkraftsetzung des ESM-Vertrags der Unterschrift des Bundespräsidenten bedurft hat.

Zudem verweisen Sie auf die Ungerechtigkeit, die einem kündigenden Arbeitnehmer oder dem 16 jährigen Schwarzfahrer widerfahren, der dafür ins Gefängnis kommt und ich teile Ihre Bewertung, dass solche Zustände ungerecht sind. Das lässt sich doch aber nicht mit einem anderen Unrecht aufwiegen oder verrechnen. Es kann doch nicht darum gehen, dass wenn dem Einen Unrecht geschieht, dann aber auch dem Anderen ein solches (v.a. wenn er eine herausgestellte Persönlichkeit ist und vermeintlich auf der Sonnenseite des Lebens steht) Unrecht widerfahren muss. Nein, es muss darum gehen, dass beiden Recht widerfährt. Dafür kämpft doch DIE LINKE - ohne Ansehen der Person!

Mit freundlichen Grüßen
Diether Dehm