Frage an Dieter Steinecke von Herbert D. bezüglich Finanzen
Guten Tag Herr Steinecke !
"Bereits im Jahr 2004 plante die damalige Bundesregierung ein Gesetz zur Verschärfung der Managerhaftung, das Kapitalmarktinformationshaftungsgesetz - KapInHaG. Mit bis zu vier Jahresgehältern sollten Bankmanager für Verluste haften, wenn sie, mit falschen Angaben eine Krise der Bank verschleiern. Genau das wird dem geschassten Chef der Hypo Real Estate derzeit vorgeworfen.
Doch die Wirtschaftslobby lief damals Sturm gegen den Gesetzentwurf. Der scheidende Siemens-Chef Heinrich von Pierer etwa beklagte damals: "Wir haben ein Manager-Bashing, das schon beachtlich ist. Nehmen Sie nur die völlig überzogenen Haftungsregeln, die jetzt geplant sind. Da wird doch unterstellt: Die Manager belügen die Öffentlichkeit. Das sind meines Erachtens großartige Ablenkungsmanöver von den wirklichen Problemen des Landes."
Die rot-grüne Regierung knickte damals ein und zog das Gesetz zurück. Auch die Große Koalition unternahm nichts, um den Gesetzentwurf von damals wieder aufleben zu lassen. Experten meinen heute, dass die sich abzeichnende Krise bei der Hypo Real Estate mit einem solchen Gesetz anders verlaufen wäre - glimpflicher. Die Politik trägt also eine Mitschuld an der Krise - zumindest an deren Ausmaß."
Quelle: Panorama, NDR
Herr Steinecke, wird die Große Koalition und besonders die SPD, zugestehen, dass sie eine Mitschuld an dem Bankencrash hat?
Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die Haftung der Manager verschärft wird und wenn, wie sieht diese Haftung aus?
Finden Sie es richtig, dass die Wirtschaft jetzt nach dem Staat schreit und um Verstaatlichung von Banken bettelt - wenn es den Banken aber wieder gut geht, sollen diese wieder privatisiert werden?
Welche Gegenleistung darf der Steuerzahler für seine Hilfe (seine Steuergelder) erwarten?
Wieso wird der Hypo Real Estate geholfen, obwohl diese ihren Hauptsitz aufgrund des niedrigeren Steuersatzes nach Irland verlegt hat und in Deutschland keine Steuern zahlt?
Mit freundlichen Grüßen
Herbert Derksen
Sehr geehrter Herr Derksen,
Sie beziehen sich in ihren Ausführungen auf einen Beitrag in der Sendung des NDR-Magazins "Panorama" vom 9. Oktober 2008. Darin wurde ein Legislativvorhaben der Bundesregierung dargestellt, das Manager weit reichenden Haftungsverpflichtungen ausgesetzt hätte. Der Gesetzesentwurf wurde 2004 vom Bundesfinanzministerium vorgelegt.
Leider ist Ihrer Aufmerksamkeit entgangen, dass auch der seinerzeitige Finanzminister Hans Eichel in dem genannten Beitrag zu Wort kam. Ich zitiere Hans Eichels Aussage wörtlich: "Die Union war nicht bereit, der ging das zu weit, mitzumachen. Die FDP schon gar nicht, aber die hatten ja zusammen die Mehrheit im Bundesrat."
Ihren Vorwurf, dass insbesondere die SPD "Mitschuld an dem Bankencrash" trägt, muss ich auch vor diesem Hintergrund energisch zurückweisen. Eher das Gegenteil ist der Fall: Exponierte Vertreter meiner Partei haben Initiativen ergriffen, um der ungezügelten Gier führender Personen der Finanzbranche Einhalt zu gebieten. Wie Hans Eichel richtig ausführte, ist das Gesetzesvorhaben am Widerstand aus anderen Parteien gescheitert und wäre auch bislang in der Großen Koalition nicht durchsetzbar gewesen.
Das geplante Kapitalmarkthaftungsgesetz war übrigens keineswegs die einzige Initiative, lange vor der jüngsten Krise den Kapitalmarkt deutlich zu regulieren: Bundesfinanzminister Peer Steinbrück hat die Forderung nach klaren Regeln und mehr Transparenz für die Finanzmärkte bereits Anfang 2007 während der deutschen EU- und der G 7-Präsidentschaft auf die Tagesordnung gesetzt. Kernpunkte waren unter anderem das Verbot von Leerverkäufen, die Regulierung von Finanzmärkten und effektive Aufsicht. Auch ist die Abkoppelung von Managervergütungen und -prämien von kurzfristigen Kursverläufen und die bereits erwähnte Haftpflicht für Manager auch mit ihrem eigenen Vermögen eine alte Forderung meiner Partei. Hätte die SPD Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat, so wäre dies längst gesetzliche Realität in Deutschland.
Ich will damit keineswegs den Eindruck erwecken, dass wir dadurch die globale Finanzmarktkrise abgewendet hätten. In Zeiten international hoch vernetzter Märkte müssen auch multinationale Regelungen her. Zu meinem tiefsten Bedauern bedurfte es offenbar der Krise, um im angloamerikanischen Raum (und auf Deutschland bezogen in der Union und bei der FDP) ein Umdenken herbeizuführen.
Die derzeit ins Werk gesetzten Rettungspakete dienen übrigens nicht dazu, irgendwelchen gescheiterten Zockern Geld in den Rachen zu werfen. Vielmehr werden durch sie die Einlagen von Kleinsparern und -anlegern gesichert. Auch wird vor allem die mittelständische Wirtschaft vor den Folgen der Bankenkrise geschützt. Eine Kreditklemme hätte gerade für sie verheerende Wirkungen -- Arbeitsplatzverluste wären die unvermeidliche Folge.
Seien Sie versichert, dass diese Hilfen nicht bedingungslos gewährt werden. Ein Zurück zu den alten und von uns Sozialdemokraten schon immer kritisierten Verhältnissen in der Finanzwirtschaft kann und wird es nicht geben.
Mit freundlichen Grüßen,
Dieter Steinecke