Diego Semmler
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Frage von Katharina A. •

Sehr geehrter Herr Semmler, dank der liberalen Gesetzgebung seit 2002, floriert in Deutschland die Prostitution mit all ihren Auswirkungen. Wie stehen Sie zum sogenannten Nordischen Modell?

Studien wie die von Farley et al. (2003, http://prostitutionresearch.com/pdf/Prostitutionin9Countries.pdf ) zeigen allerdings auf, dass die Mehrheit der Prostituierten zum einen in der Kindheit Gewalt und sexuellen Missbrauch erlebt haben und zum anderen unter posttraumatischen Belastungsstörungen leidet.
Mit dem ProstSchutzGesetz von 2017 wurde die Situation leider nicht besser. Noch immer herrschen in Deutschland katastrophale Zustände.
Wie wollen Sie deutschen und ausländischen Prostituierten helfen, aus der Prostitution auszusteigen?
U. Gerheim zeigt in seiner Studie „Die Produktion des Freiers“ auf, dass bei einigen Freiern durch kontinuierliche Prostitutionsnachfrage ein „Empathie- und Respektsverlust in Bezug auf körperliche und sexuelle Grenzsetzung“ (S. 303) festgestellt werden kann. Das hat Folgen für alle Frauen. Mit welcher Strategie wollen Sie zum Wohle der Gesellschaft die Prostitutionsnachfrage zurückdrängen?
Mit freundlichen Grüßen,
K. A.

Diego Semmler
Antwort von
FREIE WÄHLER

Sehr geehrte Frau A.,

Ich stimme Ihnen zu, dass es nicht im Mindesten ausreicht, die Prostituierten zu schützen. Dazu enthält es zu viele Ausnahmen, zu viel Ermessensspielraum für die Behörden und ist zu wenig konkret.

Ich würde mir beispielsweise von einem solchen Gesetz wünschen, dass der Betreiber nicht nur verpflichtet ist ein Schild aufzustellen, dass auf die Kondompflicht hinweist, sondern unter Androhung hoher Strafen damit beauftragt wird diese durchzusetzen. Ein anderes Beispiel, das zeigt wie schlampig dieses Gesetz gestrickt wurde, ist folgendes: Es sind zwar Kontrollen vorgesehen, es wird aber kein Wort darüber verloren, wer diese macht, wie oft und ob sie auch unangekündigt stattfinden können.

Was ich dazu noch sagen möchte, weil es mir (wie vermutlich den meisten anderen auch) bis vor kurzem nicht bewusst war, ist die Tatsache, dass bei Prostitution in den meisten Fällen nicht normaler Sex "eingekauft" wird. Stattdessen geht es um sexuelle Erniedrigung, die man mit einem normalen Sexualpartner nicht machen würde. Was dort verlangt wird, bringt selbst meine weitreichende Fantasie an ihre Grenzen. Das ist nicht in Ordnung und auch hierauf hat das Prostituiertenschutzgesetz keine Antwort.

Aus diesem Grund bin ich zu der Überzeugung gelangt, dass das nordische Modell für unsere Gesellschaft am besten wäre. Dieses verbietet Prostitution nicht nur komplett, sondern schafft auch Ausstiegsmöglichkeiten, und zwar sowohl für Prostituierte als auch für Freier. Ohne das Angebot solcher Ausstiegsmöglichkeiten für alle beteiligten würde die Prostitution vermutlich nur in die Illegalität abrutschen.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Diego Semmler