Thema: anerk. Völkermord a.d. Jesiden: wird im Falle der bewiesener Zugehörigkeit d. Staatsbürger a.d. "Islamischer Staat" die Beweislastumkehr praktiziert werden: diese müssen Ihre Unschuld beweisen?
Sehr geehrte Frau Diana Stöcker hat diese frühe Anerkennung dieses grauenhaftes Völkermordes eine juristische wichtige Konsequenz, oder eher nicht? Es geht hier um die sogenannte Beweislastumkehr im Falle von Verbrechen gegen die Menschlichkeit, sprich wenn ein deutscher Bürger im Territorium kontrolliert vom IS sich freiwillig aufgehalten hat, muss er oder sie seine/ihre Unschuld beweisen und nicht der deutsche Staat dessen/derer persönlich individuelle Schuld.
Sehr geehrter Herr I.,
vielen Dank für Ihre Frage vom 21. Januar 2023. Der Deutsche Bundestag hat in der vergangenen Woche einen gemeinsamen Antrag der CDU/CSU-Fraktion und der Regierungskoalition einstimmig verabschiedet, in dem er den Völkermord an den Jesidinnen und Jesiden im Jahr 2014 anerkennt. Rechtlich bindenden Charakter hat die verabschiedete Vorlage jedoch nicht. Der Bundestag nimmt damit aber eine klare historische Positionierung vor und richtet politische Forderungen an die Bundesregierung, so zum Beispiel die juristische Aufarbeitung und die Verfolgung von IS-Täterinnen und -Tätern in Deutschland. Außerdem fordern wir den Einsatz für Reformen des irakischen Strafrechts sowie die Unterstützung bei der Suche nach verschleppten Frauen, Kindern und vermissten Angehörigen und Hilfe beim Wiederaufbau der zerstörten Städte und Dörfer. Zuvor hatten erst die Niederlande, Belgien und Australien die schrecklichen Taten des IS gegenüber Jesidinnen und Jesiden als Völkermord anerkannt.
Laut Verfassungsschutzbericht sind seit 2012 mindestens 1150 Personen aus Deutschland in die im Irak und in Syrien vom IS kontrollierten Gebiete gereist, um für die Terrormiliz zu kämpfen. Auch daraus leitet sich eine Verantwortung Deutschlands ab, die Täterinnen und Täter von Verbrechen nach dem Völkerstrafgesetzbuch zu verfolgen. Auf Grundlage des Weltrechtsprinzips ist auch die Strafverfolgung unabhängig von der Staatsangehörigkeit möglich und zu unterstützen. Wer dem IS nachweislich angehörte und die Verbrechen des IS unterstützt bzw. selbst begangen hat, muss sich dafür verantworten. Was der einzelnen Person zur Last gelegt wird, muss auch in diesen Fällen zweifelsfrei festgestellt und bewiesen werden.
Unter https://dserver.bundestag.de/btd/20/052/2005228.pdf können Sie den verabschiedeten Antrag im Einzelnen nachlesen.
Mit freundlichen Grüßen
Diana Stöcker