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Diana Golze
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Frage von Wilfried M. •

Frage an Diana Golze von Wilfried M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Golze,

Sie sind Sozial- Pädagogin und Mitglied der Kinderkommission.

Wie ich immer wieder höre, werden für Familiengerichte erstattete psychologische und psychiatrische Sachverständigengutachten, die naturgemäß jede Menge Privatgeheimnisse (auch Irrtümer/Desinformationen zu persönlichsten Lebensverhältnissen von Eltern und Kindern) enthalten, ohne informiertes Einverständnis der Betroffenen an Jugendämter geschickt.
Letztere sind in Sorgerechtsverfahren regelmäßig nicht verfahrensbeteiligt.
Solche Datenübermittlungen sind nach PROKSCH ("Frankfurter K. zu § 17 Abs. 3 SGB VIII) nicht nur rechtswidrig (u.a.: § 170 GVG, § 624(4) ZPO, § 203 Abs. 2 (1) StGB, § 63 SGB VIII), sondern für die Jugendamtsarbeit schädlich, da die Bediensteten an einer unbefangenen Sachbearbeitung gehindert sind, möglicherweise sogar desinformiert werden durch falsche Gutachten bzw. Gutachteninhalte/ Desinformationen.

Betroffen sind oft rechtsunkundig bzw. werden z.B. von bestimmten Rechtsanwälten in Unwissenheit gehalten.
So behauptet der Münchner Anwaltverein in "Leitlinien zum Münchner Modell" völlig irreführend, der (psychol.) Sachverständige sei gegenüber dem Jugendamt nicht schweigepflichtig.

Wie stehen Sie als LINKE Abgeordnete dazu, daß diese doch eindeutig grundrechtswidrige Praxis aufrecht erhalten wird, zu der ausgerechnet der Anführer einer international agierenden Profit- Psychoorganisation aufruft (nämlich auf S. 43 in der offiziellen Broschüre "Trennung und Scheidung" des Bayerischen Landesjugendamtes), die schon mehrfach (1, 2, 3, 4) wegen unwissenschaftlicher Begutachtungspraxis und überhöhten Rechnungen öffentlich angegriffen wurde?

Mit freundlichen Grüßen
W. Meißner
Psychiater&Psychotherapeut
Gruppe Justizkontrolle Bayern/ Scientologyabwehr Deutschland

1) http://de.video.yahoo.com/watch/3232443/9123396
2) http://www.moehnle.eu/themen/familie.htm
3) http://www.gwg-gutachten.de
4) http://www.kandidatenwatch.de/joachim_herrmann-120-16315--f143389.html#frage143389

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Meißner,

es tut uns unendlich Leid, dass Sie die Antwort auf Ihre Frage erst so spät bekommen. Leider ist diese mail im Trubel aller Wahlen und deren Vorbereitung nach hinten gerutscht.Wir hoffen sehr auf Ihr Verständnis.

Sehr geehrter Herr Meißner,

vielen Dank für Ihr Schreiben und für Ihre Schilderungen.

Der Wortlaut des betreffenden Gesetzes ist in Bezug auf den von Ihnen geschilderten Sachverhalt eindeutig. Nach § 17 Abs. 3 SGB VIII teilen die Gerichte in Scheidungssachen, bei denen minderjährige Betroffen sind, nur die Stammdaten (Name, Anschrift) mit, damit die Jugendämter ihre Beratungsangebote unterbreiten können. Die Übersendung weitergehender Informationen, wie Gutachten etc., wird davon nicht erfasst. Eine solche Übermittlung wäre, wie von Ihnen dargelegt, ein Verstoß gegen diverse Vorschriften wie § 624 IV ZPO a.F. (seit 01.09.09 § 139 FamFG), 170 GVG etc.

Dies ist nur dann in einem bestimmten Umfang zur Sachaufklärung und nach einer Abwägung zulässig, wenn z.B. das Jugendamt durch das Gericht herangezogen wird (früher §§ 49, 49a FGG, seit 01.09.09 § 162 FamFG) oder als Beteiligter dem Prozess beitritt (§ 162 II FamFG).

Sofern die beschriebene Handhabung durch die Gerichte zutrifft, wäre diese also rechtswidrig.

Die Frage der Verfahrensbeteiligten hat meine Fraktion in einem Entschließungsantrag (DRS 16/9816) zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Erleichterung familiengerichtlicher Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls (Drs. 16/6815) deutlich gemacht. Hier heißt es: "Die Rollen der Verfahrensbeteiligten sind zu undifferenziert auf Einigung und Vermittlung ausgelegt. Dies betrifft insbesondere die sachverständigen Gutachterinnen und Gutachter und den Verfahrensbeistand."

In diesem Antrag fordert DIE LINKE (die Bundesregierung auf,) "gesetzliche Vorschläge zur Effektivierung der Rechtskontrolle im Einzelfall durch eine an

dem bisherigen Instanzenzug ausgerichtete Gestaltung der Rechtsmittel zu unterbreiten:" Ich denke, dass diese Forderung Ihrem Ansinnen entgegenkommen würde bzw. ein Lösungsweg für die von Ihnen geschilderten Fälle wäre.

Denn selbstverständlich ist es skandalös, wenn derartige sensible Daten unreflektiert verbreitet werden. Aus meiner Sicht könnte lediglich von unserer Seite (als Fraktion) geprüft werden, ob und an welchen Stellen das Gesetz ggf. verschärft oder konkretisiert werden könnte, aber da diese Handlungsweise auch jetzt schon verboten ist, ist es eher ein Vollzugsproblem.

Beim vorliegenden Sachverhalt ist natürlich ein nicht klein zu redendes Problem, dass das Gericht hier u.a. "Vollzugsbehörde" des Gesetzesauftrages ist. Normalerweise sind die Gerichte aber "Oberkontrollbehörde" hinsichtlich des Vollzuges eines gesetzlichen Auftrages und entscheiden per Urteil oder Beschluss, ob eine Behörde (Verwaltung) rechtswidrig gehandelt hat.

Denn die Einhaltung des Rechts ist Aufgabe der Gerichte selbst und von Behörden, z.B. der Datenschutzbehörden, so dass bei Kenntniserlangung solcher Vorgänge z.B. der Datenschutzbeauftragte informiert werden könnte. Dies wäre in diesem Fall auch meine Empfehlung an Sie.

DIE LINKE hat in der Debatte um das oben benannte Gesetz versucht, mit einem eigenen Antrag viele dieser Fragen im Sinne der Kinder aber auch ihrer Familien zu stellen. Dennoch bleibe ich dabei: Gerichtssäle sind kein Ort für Kinder! Darum ist es aus meiner Sicht notwendig, die Jugendämter in ihrem Aufgabenbereich zu stärken und somit ein gutes, hochwertiges und flächendeckendes Netz an Beratungsangeboten für Eltern und für Kinder vorzuhalten, die ohne zeitlichen Druck unabhängig zum Wohl der Kinder arbeiten können. Ich habe bereits in einer anderen Frage zu diesem Thema deutlich gemacht: Unsere Fraktion und auch ich als kinder- und jugendpolitische Sprecherin stehen für eine Stärkung der finanziellen und personellen Ausstattung der Jugendämter. Die Politik hat in den vergangenen Jahren aber Schritte in eine andere Richtung gemacht. Mittel für die Kinder- und Jugendhilfe wurden sukzessiv abgebaut, worunter vor allem die Personalausstattung litt. DIE LINKE setzt sich für eine Politik ein, die es den Jugendämtern ermöglicht, durch gut aus- und weitergebildetes Personal den Auftrag zu erfüllen, der ihnen durch das SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfegesetz) und das Kindschaftsrecht aufgetragen wird: der Schutz des Kindeswohls. Dass es auch bei familiengerichtlichen und jugendamtlichen Entscheidungen falsche gibt, wird sicher niemand bestreiten. Rechtswidriges Verhalten ist auch aus meiner Sicht nicht einfach hinzunehmen. In der Debatte um das Kinderschutzgesetz war genau die Frage der Weitergabe von sensiblen Daten ein Grund für uns, Kritik an diesem Gesetz deutlich zu machen.

Der Weg, das Jugendamt als Beratungs- und Netzwerkstelle zu beschimpfen oder in Frage zu stellen, ist aber aus meiner Sicht der falsche.

Mit freundlichen Grüßen

Diana Golze