Derya Çağlar
Derya Çağlar
SPD
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Frage von Johannes S. •

Stimmen Sie am 26.09. beim Volksentscheid Deutsche Wohnen & Co enteignen mit "Ja"? Wenn der Volksentscheid erfolgreich sein sollte, werden Sie sich dann dafür einsetzen, dass er auch umgesetzt wird?

Da Ihre Spitzenkandidatin Franziska Giffey gesagt hat, dass Enteignung für sie eine "rote Linie" bei möglichen Koalitionsverhandlungen sind (siehe: https://www.rbb24.de/politik/wahl/abgeordnetenhaus/agh-2021/beitraege/berlin-giffey-enteignung-spd-linke-gruene-rote-linie.html), bin ich besorgt, dass Ihre Partei den demokratischen Willen der Mehrheit der Berliner*innen möglicherweise nicht akzeptieren wird. Deshalb frage ich nach Ihrer Haltung, ob Sie sich dafür einsetzen werden, dass ein erfolgreicher Volksentscheid auch umgesetzt wird.

Derya Çağlar
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr S.,

Ich stimme dem Volksentscheid in vielen Punkten der Problemanalyse zu, stehe dem Lösungsvorschlag Enteignung aber kritisch gegenüber. „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ ist im Hinblick auf die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum in Berlin meiner Meinung nach nicht zielführend. Warum oder Weshalb möchte ich gerne an einigen Punkten verdeutlichen:

Es drohen enorm hohe Kosten in Folge der von der Initiative geforderten Enteignungen. Die Entschädigungszahlungen an die jetzigen Eigentümer:innen werden nach den ersten Schätzungen zwischen 20-40 Milliarden Euro liegen. Zum Vergleich, der gesamte Berliner Landeshaushalt umfasst ca. 30 Milliarden Euro pro Jahr. Dies bedeutet entweder massive Neuverschuldung oder massive Kürzungen in vielen anderen Bereichen. Beides erscheint mir vor dem Hintergrund der enormen Kosten durch die Corona Krise und den großen Investitionsaufgaben der Zukunft wie zum Beispiel im Bildungsbereich nicht der richtige Weg. Es ist zudem meiner Meinung nach viel zu viel Geld für im Ergebnis nicht eine neue Wohnung mehr in Berlin. Bezahlbarer Wohnraum für alle wird nicht durch Rückkauf/Enteignungen von bereits bestehenden Wohnungen geschaffen, es braucht dafür mehr neuen Wohnraum. Diese müssen gebaut werden.

Deshalb bin ich vor allem für den Ausbau von gefördertem und sozialen Wohnungsneubau, Mieter:innenschutz und Instrumente wie einen Mietendeckel auf Bundesebene.

Die Enteignungsforderung der Initiative schafft keine neuen Wohnungen und dient daher nicht dem Allgemeinwohl aller Berliner:innen. Dies muss aber der Anspruch für einen solch gravierenden Grundrechtseingriff sein, damit er angemessen ist und rechtlich bestehen kann.

Daher sind vermutlich in der Folge mit den sog. Enteignungen jahrelange Rechtsstreitigkeiten und Rechtsunsicherheiten verbunden, zudem im schlimmsten Fall Milliardenschwere Schadenersatzzahlungen. Zusätzlich werden private Investoren vermutlich aus Sorge vor Enteignungen zukünftig weder neue Wohnungen in Berlin planen noch bauen.

Kosten, Nutzen und Risiko stehen für mich daher in keinem gesunden Verhältnis, deshalb lehne ich die Enteignungsforderung der Initiative „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ ab.

Im Hinblick auf die Umsetzung eines erfolgreichen Volksentscheides ist es aus meiner Sicht wichtig darauf hinzuweisen, dass es sich beim Volksentscheid am 26.09. nicht um die Entscheidung über einen bereits vorliegenden Gesetzentwurf handelt. Dies wäre ähnlich wie bei der Entscheidung über das Tempelhofer Feld im Jahr 2014 möglich gewesen und hätte eine entsprechende verfassungsrechtliche Prüfung eines zur Abstimmung stehenden Gesetzestextes im Vorfeld ermöglicht. Darauf hat die Initiative bewusst verzichtet.

Stattdessen wurde ein politischer Auftrag an das Berliner Abgeordnetenhaus formuliert. Aus diesem Grund müssten im Fall einer Ja-Mehrheit die zuständigen Senatsverwaltungen zunächst Normtexte ausarbeiten und die verfassungsrechtlichen Spielräume prüfen, bevor ein Gesetzestext dem Berliner Abgeordnetenhaus vorgelegt werden kann.

Selbstverständlich werde ich im Falle meiner Wahl als Abgeordnete das Ergebnis des Volksentscheids und das damit verbundene politische Anliegen mit dem gebotenen Respekt behandeln und in die parlamentarische Debatte einbringen.

Mit freundlichen Grüßen

Derya Çağlar

 

 

 

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