Portrait von Tim Nusser
Tim Nusser
FDP
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Tim Nusser zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Caroline F. •

Frage an Tim Nusser von Caroline F. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Nusser,

fast täglich erreichen uns Bilder von Flüchtlingen, die im Mittelmeer ertrinken - NGOs, die Verantwortung übernehmen, werden als Helfer von Schlepperbanden an den Pranger gestellt…insgesamt für mich ein zunehmend unerträglicher Zustand, der mit der Aussetzung der Rettungseinsätze von z.B. Ärzte ohne Grenzen, Sea-Eye, etc. seinen vorläufigen Tiefpunkt erreicht hat.

Daher ist dieses Thema für mich überaus wichtig, wenn es darum geht, bei welcher Partei ich am 24. September mein Kreuzchen machen werde. Mir ist bewusst, dass während des Wahlkampfs Zeit sehr knapp ist, dennoch wäre es für meine Entscheidungsfindung sehr hilfreich, wenn sie mir folgende Fragen beantworten könnten:

1. Sind Sie der Meinung, EU-Grenzsicherung ist Ländersache oder eine
europäische Aufgabe?

2. Denken Sie, dass Seenotrettung Sache der betroffenen Länder im Mittelmeer ist? Oder muss eine Lösung auf europäischer Ebene umgesetzt werden?

3. Sehen Sie eine Verpflichtung der EU, für eine umfassende Seenotrettung zu sorgen?

4. Wie bewerten Sie die Arbeit der NGOs im Mittelmeer?

5. Was halten Sie davon, dass Libyen einseitig seine SAR-Zone ausgedehnt hat und den NGOs den Zutritt verwehrt?

6. Werden Sie sich nach einer erfolgreichen Wahl im Rahmen Ihres Mandats für eine effektive Seenotrettung durch die EU einsetzen?

Die Antworten können Sie mir gerne per Email an schicken.
Bitte beachten Sie, dass ich mir vorbehalte, Ihre Antworten zu veröffentlichen.

VIELEN DANK für Ihre Mithilfe und viel Erfolg bei der Bundestagswahl!

Mit freundlichen Grüßen

C. F.

Portrait von Tim Nusser
Antwort von
FDP

Sehr geehrte Frau F.,

vielen Dank für Ihre Nachricht. Im Folgenden finden Sie meine Antwort auf Ihre Fragen:

1. Sind Sie der Meinung, EU-Grenzsicherung ist Ländersache oder eine europäische Aufgabe?
Von einem europäischen Binnenraum mit Reisefreiheit profitieren alle beteiligten Staaten. Aber wenn die Binnengrenzen offen sind, müssen die Außengrenzen umso besser gesichert sein. Ich möchte deshalb erreichen, dass die Grenzagentur Frontex von der jetzigen zwischenstaatlichen Struktur zu einem echten europäischen Grenzschutz mit eigener Handlungsbefugnis und Kontrolle durch das Europäische Parlament ausgebaut wird. Sie braucht zentrale Förderung, genügend schlagkräftiges Einsatzpersonal und modernste Überwachungs- und Reaktionsmittel. Wie alle EU-Akteure ist Frontex an die Europäische Charta der Grundfreiheiten gebunden, denn innere Sicherheit in Europa darf nie auf Kosten der Menschenrechte erzielt werden.

2. und 3. Denken Sie, dass Seenotrettung Sache der betroffenen Länder im Mittelmeer ist? Oder muss eine Lösung auf europäischer Ebene umgesetzt werden? Sehen Sie eine Verpflichtung der EU, für eine umfassende Seenotrettung zu sorgen?

Die Seenotrettung im Mittelmeer sehe ich derzeit eng verbunden mit der Grenzsicherung und der Asylpolitik, bei der wir Freie Demokraten ebenfalls eine gesamteuropäische Lösung anstreben. Aus diesem Grund soll die europäische Grenzsicherungsagentur Frontex auch die Aufgabe der Hochseerettung im Mittelmeer wahrnehmen, um weitere Tote durch kenternde Schlepperboote zu verhindern. Denn ich stehe zum Ziel, dass Europa gemeinsam Verantwortung für Frieden, Freiheit und Sicherheit trägt.

4. Wie bewerten Sie die Arbeit der NGOs im Mittelmeer?

Die von Krieg und Verfolgung betroffenen Menschen haben schwere humanitäre Krisen durchleben müssen. Ein Beispiel hierfür ist die momentane Situation in den libyschen Auffanglagern, in denen Folter und Vergewaltigungen an der Tagesordnung sind. Diese Situation ist aus humanitären Gründen nicht tragbar und muss dringend verbessert werden. Auch als Resultat der Situation auf dem Festland haben die über das Mittelmeer flüchtenden Menschen teils lebensgefährliche Überfahrten auf sich nehmen müssen. Verschiedene NGOs haben dabei an der Rettung von in Seenot geratenen Geflüchteten im Mittelmeer mitgewirkt. Ihre Helfer verdienen meinen Respekt. Die Notwendigkeit des Eingreifens der Hilfsorganisationen ist aber nur dadurch entstanden, dass es seitens der Europäischen Union keine Handlungen im Bereich der Problemlösung im Heimatland und im Ausbau der Seenotrettung gab. Grundsätzlich sollten solche Aufgaben den Staaten unterliegen und nicht privater Organisationen. Wenn die EU jedoch nicht (ausreichend) tätig wird, ist vor allem wichtig, dass auch die NGOs an einen anerkannten Verhaltenskodex halten. Begeben sie sich in die hoheitlichen Gewässer nordafrikanischer Staaten oder pflegen sie gar Kontakt zu Schleppern, so sollte das nicht toleriert werden.

5. Was halten Sie davon, dass Libyen einseitig seine SAR-Zone ausgedehnt hat und den NGOs den Zutritt verwehrt?

Mit Ihrer Frage zur Ausweitung der lybischen SAR-Zone, sprechen Sie die schwierige Lage im zentralen Mittelmeer und vor der lybischen Küste an. Nach dem Seerechtsübereinkommen darf Libyen innerhalb der 12-Meilen Zone vor seiner Küste die volle Souveränität über die Gewässer ausüben, also auch den Zugang kontrollieren. Außerhalb dieser Zone gilt prinzipiell das Recht auf freie Schifffahrt. Die Einrichtung einer SAR-Zone, eines Such- und Rettungsbereiches, widerspricht aber nicht grundsätzlich dem Seevölkerrecht. Derzeit prüft die Internationale Schifffahrtorganisation (IMO) ob die gegenwärtige Situation gegen geltendes Völkerrecht verstößt bzw. ob die Ausweitung der Zone legal ist und wie eventuelle Änderungen aussehen müssten. Unabhängig vom anstehenden Urteil, muss es oberste Priorität sein, die menschenunwürdigen Zustände in Libyen zu beenden, den Schleppern das Handwerk zu legen und zu verhindern, dass Flüchtlinge Leib und Leben riskieren, um in Sicherheit zu gelangen.

Die Freien Demokraten sprechen sich in der Flüchtlingspolitik deutlich für rechtsstaatliche Mittel, klare Regeln und internationale Lösungen statt nationaler Alleingänge aus. Wir wollen die diplomatischen Bemühungen intensivieren und werben für konzentrierte europäische Ansätze. Konkret bedeutet dies, dass wir ein Abkommen mit der international anerkannten libyschen Regierung brauchen und muss auch mit einer besseren Grenzkontrolle an der libyschen Grenze einhergehen. Daher unterstützen wir die Initiative des französischen Präsidenten Emanuel Macron und auch seine Bemühungen die Nachbarländer Tschad und Niger einzubeziehen. Die Bundesregierung steht hier in der Pflicht die Initiative der französischen Regierung zu unterstützen. Nur wenn wir unsere europäische Außengrenzen schützen, können wir die Grenzen in Europa offen halten.

Aus Sicht der FDP müssen in Libyen Hotspots unter der Aufsicht der Vereinten Nationen eingerichtet werden, in denen Flüchtlinge in Sicherheit leben können. Flüchtlinge, die in der 12- Meilen Zone aufgegriffen werden, können dann dorthin zurückgebracht werden. In den internationalen Gewässern besteht eine moralische und rechtliche Pflicht Menschen aus Seenot zu retten, die dann nach Europa gebracht werden. Aber auch dafür brauchen wir einen fairen Schlüssel für die Verteilung von Flüchtlingen in der EU. Wer vor Krieg flüchtet, soll unbürokratisch humanitären Schutz erhalten, nach Wegfall der Fluchtgründe aber wieder in die alte Heimat zurückkehren. Verfolgte sollen Asyl bzw. Schutz gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention beantragen können.

6. Werden Sie sich nach einer erfolgreichen Wahl im Rahmen Ihres Mandats für eine effektive Seenotrettung durch die EU einsetzen?
Im Falle einer erfolgreichen Wahl werde ich mich definitiv für die Förderung der Seenotrettung im Rahmen einer handlungsfähigen Grenzschutzbehörde Frontex einsetzen. Seenotrettung ist ein humanitäres Gebot. Allerdings liegt die längerfristige Lösung nicht in der Seenotrettung, sondern in der Beseitigung der Fluchtgründe. Hierfür legen wir den Fokus auf den Grenzschutz und die Problemlösung vor Ort, sodass eine Flucht über das Mittelmeer nicht mehr vonnöten ist. Hierfür möchten wir ermöglichen, dass Asylanträge bereits im Ausland gestellt werden können, um Menschen die lebensgefährliche Flucht zu ersparen. Ein Visum aus humanitären Gründen sollte nach Schweizer Vorbild ebenfalls erteilt werden, wenn im Einzelfall offensichtlich ist, dass Leib und Leben des Antragsstellers oder der Antragstellerin unmittelbar, ernsthaft und konkret gefährdet sind.

Gerne können Sie mich bei Rückfragen jederzeit unter fdp@dennis-nusser.de kontaktieren.

Mit besten Grüßen
Dennis Nusser