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Denis Pijetlovic
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Frage von Hans K. •

Frage an Denis Pijetlovic von Hans K. bezüglich Energie

Sehr geehrter Herr Pijetlovic,

wie stehen Sie zum Thema Umstrukturierung der Energieerzeugung?
Welche Position vertritt die Bremische SPD zur Errichtung von neuen Kohlekraftwerken, wie es die NRW SPD bzw Herr Gabriel vorsieht?

Ist es nicht gegensätzlich, das auf der einen Seite neue umweltschädliche Kohlekraftwerke errichtet werden sollen und auf der einen Seite (aus aktuellem Anlass) die umweltfreundliche erneuerbare Energie als nahezu alleinige Energiequelle ausgebaut werden soll?

Wie stellt sich die Bremische SPD die Finanzierung zur Umstrukturierung auf die erneuerbare Energie vor?

Warum dieser rapide, eventuell unüberlegte Wechsel, ohne vorab die nachhaltige Versorgung ohne Zwischenkauf aus dem Ausland zu sichern?

Wäre es nicht kostensparender vorhandene Resourcen zu nutzen, bis eine entsprechende Versorgung über erneuerbare Energie gesichert ist?

MfG
Kluge

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Kluge,

vielen Dank für Ihre interessanten Fragen bezüglich der Energiepolitik. Meine Antworten finden Sie jeweils unter den Fragen aufgeführt.

Wie stehen Sie zum Thema Umstrukturierung der Energieerzeugung?

Die Uhr für Kohle und Uran, Erdöl und Erdgas läuft unweigerlich ab. Die Stunde schlägt also für die erneuerbaren Energien. Deren vorhandenes Potenzial ist gigantisch und wird auch in Zukunft überall auf dem Planeten unbegrenzt vorhanden sein. Ein wesentlicher Vorteil der erneuerbaren Energie durch Sonne, Wind und Wasser ist, dass diese kostenlos zur Verfügung stehen. Der Journalist Franz Alt, der weltweit für erneuerbare Energien engagierte ist, hat es mit dem Satz: „Die Sonne schickt uns keine Rechnung“ auf dem Punkt gebracht hat. Niemand kann also erneuerbare Energien monopolisieren. Deswegen plädiere ich dafür, dass fossile und atomare Zeitalter schnell hinter uns zu lassen und den Wechsel zu erneuerbaren Energien unverzüglich und konsequent fortzusetzen, vor allem der Umwelt zu liebe.

Welche Position vertritt die Bremische SPD zur Errichtung von neuen Kohlekraftwerken, wie es die NRW SPD bzw. Herr Gabriel vorsieht? Ist es nicht gegensätzlich, das auf der einen Seite neue umweltschädliche Kohlekraftwerke errichtet werden sollen und auf der einen Seite (aus aktuellem Anlass) die umweltfreundliche erneuerbare Energie als nahezu alleinige Energiequelle ausgebaut werden soll?

Nach meiner Kenntnis steht in der Bremer Landes SPD die Errichtung neuer Kohlekraftwerke nicht zur Debatte. Im Bremer Regierungsprogramm 2011 - 2015 hat die SPD klar formuliert, dass die erhebliche Verringerung des Kohlendioxid-Ausstoßes von Kraftwerken, Verbrennungsmotoren und Gebäudeheizungen die wichtigste Maßnahme zum Schutz des Klimas darstellt, zudem soll ein Wechsel zu den erneuerbaren Energien weiter beschleunigt werden.

Die Position der SPD auf Bundesebene zu neuen Kohlekraftwerken ist umstritten. Der SPD Fraktionsvize Ulrich Kelber ist der Ansicht „Wir brauchen keine neuen Kohlekraftwerke“, und bekommt Unterstützung von Thorsten Schäfer-Gümbel. Der Chef der SPD in Hessen fordert: „Spätestens 2030 muss die energetische Nutzung von Kohle auslaufen“. Dieser Meinung schließe ich mich an und halte ein Umsatteln von Atom auf Kohle für kontraproduktiv und darf nicht zugelassen werden.

Das Kernproblem besteht allerdings darin, dass ein Wechsel zu erneuerbaren Energien unweigerlich einen Konflikt zwischen zwei unterschiedlich funktionierenden Energiesystemen mit sich bringt. Denn mit dem Wechsel zu erneuerbaren Energien werden fast alle Elemente der konventionellen Energiekonzerne nach und nach funktionslos. Daher geht der Wechsel zu erneuerbaren Energien zu Lasten der bisherigen Energiewirtschaft, weil deren herkömmlichen Systemelemente Zug um Zug unwirtschaftlicher werden. Ein schneller Energiewechsel erscheint daher für Energiekonzerne unmöglich, wenn diese eine Kapitalvernichtung vermeiden wollen. Deshalb versuchen sie, den Wechsel zu erneuerbare Energien entweder zu verhindern oder zu verschleppen und in jedem Fall unter ihre Kontrolle zu bringen.

Hier müssen wir politisch ansetzen und bessere rechtliche Rahmenbedingungen schaffen, damit der Energiewechsel schneller erfolgen kann und dieser nicht von denjenigen abhängig gemacht wird, die ein wirtschaftliches Interesse an der Verlangsamung haben. Eine solche Maßnahme ist verantwortungsvolle Politik gerade im Sinne für Bremen und Bremerhaven, denn unsere Städte sind die großen Gewinner des Wechsels zu erneuerbaren Energien.

Gutachter der PROGNOS-Studie gehen zum Beispiel sehr optimistisch davon aus, dass in Bremerhaven aufgrund der Windenergiebranche bis zum Jahr 2040 rd. 7.000 neue Arbeitsplätze entstehen können. Im besten Fall sogar bis zu 14.000 neuen Arbeitsplätze. Verbunden mit dieser deutlichen Zunahme an Arbeitsplätzen würden aufgrund arbeitsplatzbedingter Zuwanderung auch bis zu 4.900 neue Einwohner in der Seestadt leben. Aus Sicht Bremerhavens ist daher der Wandel zu erneuerbaren Energien sehr erstrebenswert.

Konkret bedeutet das, für die konventionelle Energieversorgung keine Neuinvestition mehr zu genehmigen, die eine Mobilisierung erneuerbarer Energien durchkreuzt. Deshalb passen weder neue Kohlekraftwerke noch neue Atomkraftwerke oder verlängerte Laufzeiten in eine Strategie des Energiewechsels.

Wie stellt sich die Bremische SPD die Finanzierung zur Umstrukturierung auf die erneuerbare Energie vor?

Die Umstrukturierung zu erneuerbare Energien findet bereits im vollen Gange statt. In Deutschland, das mit dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz zum internationalen Vorreiter für die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien geworden ist, wird inzwischen in allen Parteien davon gesprochen bis Mitte des Jahrhunderts die gesamte Stromversorgung auf erneuerbare Energien umzustellen. Zahlreiche deutsche Städte und Landkreise haben sich entschlossen, innerhalb von zehn bis fünfzehn Jahren die vollständige Umstellung auf erneuerbare Energien zu realisieren. Große Weltfirmen wie Bosch, General Electric und Siemens haben einen strategischen Schwerpunkt auf erneuerbare Energien gelegt. Große Banken haben ansehnliche Kreditportfolios für erneuerbare Energien bereitgestellt. Investmentfonds für erneuerbare Energien sprießen wie Pilze aus dem Boden, weil sie erkannt haben, dass die Finanzierung von Projekten für erneuerbare Energien für sie eine attraktive und wirtschaftliche Perspektive darstellt.

Des Weiteren hat Hermann Scheer in seinem Buch „Der energetische Imperativ“ einen sehr interessanten Ansatz zur weiteren Entwicklungsfinanzierung für erneuerbare Energien beschrieben. Seine Ideen werden in dem Kapitel „Nullzins für Nullemission“ näher erläutert. Kurz gesagt, schlägt Scheer als internationale Investitionsoffensive für erneuerbare Energien die Vergabe von „Nullzinskrediten“ durch öffentliche Finanzinstitutionen vor. Ich finde diese Maßnahme sehr interessant und ein Nullzinskredit kann auch in Bremen und Bremerhaven durch die Bremer Landesbank ein wirkungsvolles Instrument zur Finanzierung für erneuerbare Energien darstellen.

Warum dieser rapide, eventuell unüberlegte Wechsel, ohne vorab die nachhaltige Versorgung ohne Zwischenkauf aus dem Ausland zu sichern?

Der Wechsel zu erneuerbaren Energien geschieht keineswegs unüberlegt und daher ist ein zusätzlicher Zwischenkauf auch nicht notwendig. Ganz im Gegenteil, hätten wir nicht die großen Widerstände der Energiekonzerne, wären wir schon viel weiter hin zu einer 100 prozentigen Versorgung durch erneuerbare Energien. Jahrzehntelang hat die etablierte Energiewirtschaft gezielt Desinformation verbreitet, warum erneuerbare Energien keine Alternative sein können. Dabei ist schon zu viel Wasser die Weser abgeflossen, so dass jedes Jahr, welches wir nicht für den umfassend angelegten und vollständigen Wechsel zu erneuerbaren Energien investieren, ein weiteres verlorenes Jahr ist.

Wäre es nicht kostensparender vorhandene Ressourcen zu nutzen, bis eine entsprechende Versorgung über erneuerbare Energie gesichert ist?

Nein, nur wenn es nicht anders möglich ist. Unsere gesamten gesellschaftlichen Anstrengungen müssen darauf abzielen die erneuerbaren Energien weiter voran zu bringen. Die heutigen Investitionen in erneuerbare Energien sind die Bedingungen für dauerhaft gesicherte, umweltschonende, billige und ausreichende Energie für alle Menschen und für die gesamte weitere Zukunft. Daher ist es die historische Verantwortung der jetzt aktiven Generation, diesen für die nächste Generation unverzüglich und konsequent zu vollziehen. Es gibt keine Ausreden mehr.

Mit freundlichen Grüßen,

Denis Pijetlovic