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Delara Burkhardt
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Frage von Hendrik S. •

Wie kann es sein dass die EU eine sinnvolle Verschlüsselung abschafft?

Sehr geehrte Frau Burkhardt,

wie kann das hier: https://fm4.orf.at/stories/3022719/ sein? Wie kann es sein, dass die EU gegen Ende-zu-Ende Verschlüsselung vorgeht? Wie kann es sein, dass wichtige technische Sicherheiten abgeschafft werden im Sinne einer Totalüberwachung? In was für einer EU leben wir hier? Wollen wir uns China annähern oder was genau ist das Ziel?

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Sehr geehrter Herr S.,

 

Zunächst einmal herzlichen Dank für Ihre E-Mail und Ihr Interesse an dem geplanten Gesetzesvorschlag der EU-Kommission hinsichtlich der Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern im Internet.

Ich möchte betonen, dass Kindesmissbrauch ein schreckliches Verbrechen ist, das die Menschenrechte der besonders schutzbedürftigen Bevölkerungsgruppen verletzt. Wir müssen Prävention stärken, Medienkompetenzen verbessern, Täter*innen verfolgen und den Betroffenen mehr Unterstützung bieten.

 

Als Berichterstatterin im EU-Parlament für die vorübergehende Ausnahme der ePrivacy-Richtlinie hat sich das EU-Parlament dafür eingesetzt, dass der Spagat zwischen dem Aufspüren von Kindesmissbrauch im Netz sowie der Schutz der Privatsphäre von Internetnutzer*innen gewahrt wird. Die temporäre Ausnahme ist ein Kompromiss, der nur eine vorübergehende Lösung für die nächsten drei Jahre darstellt. Die EU-Kommission wird voraussichtlich nächste Woche am 11. Mai eine langfristige Lösung vorschlagen. Wir werden den Gesetzesvorschlag genau analysieren, ob er sich an den Datenschutzgarantien der befristeten Regelung orientiert, die Rechtsprechung des EuGH respektiert und unter keinen Umstände das Sicherheitsniveau absenkt.

 

Seit dem Sommer 2021 verschiebt die EU-Kommission bereits ihre Ankündigung für eine permanente Lösung. Es ist bis dato nicht klar, ob ein solcher Vorschlag ein Verbot oder die Umgehung von Ende-zu-Ende-Verschlüsselung als Voraussetzung dafür enthalten würde, dass Inhalte gescannt werden können. Ende-zu-Ende-Verschlüsselung bietet sichere Räume für Menschen, die auf die Vertraulichkeit von Kommunikation angewiesen sind. Die Ende-Zu-Ende-Verschlüsselung ist die Sicherstellung des Briefsgeheimnisses im Digitalen und daher essentiell für den Schutz persönlicher Daten im Netz. Sie ist gut und wichtig, nicht nur für vermeintliche Kriminelle, sondern für alle Privatpersonen. Verschlüsselung kann auch verhindern, dass der Austausch von Fotos unter Jugendlichen von Tätern abgegriffen und mit Dritten geteilt werden kann. Daher wird sich das EU-Parlament vehement dafür einsetzen, dass die EU-Grundrechtecharta vollumfänglich geachtet wird und die Rechte der Bürgerinnen und Bürger nicht unter dem Deckmantel vermeintlicher Sicherheit begraben werden. Zudem ist klar, dass das Abschaffen oder Umgehen von Ende-zu-Ende-Verschlüsselung dazu führt, dass sich die Täter*innen über dezentrale Messengerdienste oder Darknet-Foren dem Zugriff der Behörden entziehen. Was allerdings aus der Schwächung von Ende-zu-Ende- Verschlüsselung resultieren würde, ist ein massiver Vertrauensverlust in die Vertraulichkeit der Kommunikation und die Gefahr, dass geschützte digitale Räume für Betroffene verschwinden und sie weiteren Belastungen ausgesetzt sind. Die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung ist ein hohes Gut, was die Privatsphäre im Netz schützt, daher darf sie nicht leichtfertig aufgehoben werden. Das Durchleuchten der Online-Kommunikation, um Kindesmissbrauch zu verhindern, muss also sehr hohen Standards genügen - was auch die Verzögerung bei der EU-Kommission erklären könnte.

 

Ich hoffe, dass ich Ihnen hiermit etwas Klarheit geben konnte.

Mit freundlichen Grüßen

Delara Burkhardt

 

 

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