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Delara Burkhardt
SPD
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Frage von Peter S. •

Frage an Delara Burkhardt von Peter S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Ich würde mich freuen, wenn Sie sich für die Legalisierung von Cannabis einsetzen. Wie ist ihre Meinung zu dem Thema?

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Antwort von
SPD

Hallo Herr Schertzinger,

vielen Dank für Ihre Nachfrage. In meiner Partei ist man seit Jahren überzeugt, dass die bisherige Drogenpolitik und deren Umgang mit dem Konsum von Cannabis gescheitert ist. Dem letztjährigen Lagebericht zur Rauschgiftkriminalität in Deutschland kann man entnehmen, dass Cannabis-Handelsdelikte einen Großteil (31.961 Fälle von ingesamt 54.348 Fällen Rauschgift-Handelsdelikten, also 58,8%) betragen. Wir sehen durch die Entwicklung der „Neuen psychoaktiven Substanzen“ (NPS), gerade bei den synthetischen Cannabinoiden, dass der Markt riesig und sehr agil ist. Diese sogenannten synthetischen Cannabinoide, die in ihrer Wirkweise der von Cannabis ähneln, werden oft unter Decknamen und vermeintlichen anderen Verwendungszwecken verkauft. Sie werden als Räucherkräuter angeboten, oder als Kräutermischungen. Im Internet findet man auch die Bezeichnung „legaler Cannabisersatz“. Das ist wahnsinnig irreführend, weil die Hauptwirkstoffe meist nach Entdeckung dem Betäubungsmittelgesetz unterstellt werden und dann eben auch verboten sind. Außerdem sagt der Status der vermeintlichen Legalität nichts über die Gefährlichkeit dieser Stoffe aus. Sobald ein Hauptwirkstoff verboten wurde, entstehen neue. Mittlerweile stehen deswegen Strukturformeln im Betäubungsmittelgesetz. Denn tatsächlich sind diese vermeintlich legalen Cannabis-Ähnlichen zwar relativ leicht im Internet erhältlich, aber stellenweise vermutlich durchaus gesundheitsgefährdend. Es gibt keine Studien über die langfristigen Auswirkungen des Konsums von synthetischen Cannabinoiden, aber es ist davon auszugehen, dass schnell eine Toleranz zu den Stoffen aufgebaut wird, die dann für das Erreichen des Rauschzustands eine höhere Dosis voraussetzt. Außerdem wird vermutet, dass synthetisches Cannabis deutlich höhere Abhängigkeitspotentiale aufweist. Aber auch der Rausch, den diese Stoffe hervorrufen, ist nicht ohne. Die Nebenwirkungen, die teilweise auch noch an den Folgetagen nach dem Konsum zu spüren sind, umfassen Kreislaufbeschwerden, Übelkeit, Herzrasen und Herzrhythmusstörungen, Gedächtnislücken, Kopfschmerzen und viele mehr.

Dass diese Drogen gerade leicht und vermeintlich legal zu kaufen sind, sobald Zugang zum Internet besteht, ist ein deutliches Zeugnis davon, dass die bisherige Drogenpolitik in Deutschland, die vor allem auf Nicht-Konsum, Aufklärung und Verbote setzt, nicht funktioniert. Die Nachfrage nach Cannabis und der Konsum von Cannabis ist eine Lebensrealität in Deutschland. Die derzeitige Kriminalisierung von Konsument*innen hat weder dazu geführt, dass der Konsum zurückgeht, noch dazu, dass der Verkauf oder Anbau reduziert wird. Vielmehr steigen beide an. Das Verbot des Besitzes von Cannabis, oder besser dessen Strafverfolgung, führt zu vielen personellen und finanziellen Aufwänden in Justiz und Polizei, die an anderer Stelle sinnvoller eingesetzt werden könnten. Denn viele Strafanzeigen werden wegen Geringfügigkeit fallen gelassen. Sie müssen dennoch aufgenommen, bearbeitet und abgeschlossen werden. Mit der Stigmatisierung von Cannabis-Konsumierenden verhindert man aktiv, dass sie Präventionsmaßnahmen wahrnehmen, weil ihr Konsum nur im Geheimen oder in engsten Freund*innen-Kreisen geschieht. Gerade Jugendliche, bei denen der übermäßige Konsum von Cannabis (sowohl synthetisch als auch nicht-synthetisch) deutlich stärkere Folge für die Gesundheit haben kann als er es bei Erwachsenen, deren Gehirn schon vollständig entwickelt ist, tut, verhindert dieser Ansatz jede Präventionsarbeit.
Deswegen setzt sich die SPD dafür ein, dass der Besitz kleiner Mengen an Cannabis strafrechtlich nicht mehr verfolgt wird. Für Erwachsene soll eine regulierte Abgabe von Cannabis in Modellprojekten von Ländern und Kommunen erprobt werden. Begleitend zu den Modellprojekten möchten wir Maßnahmen der Beratung, Prävention und Behandlung im Jugendbereich durchführen.

Cannabis ist längst ein Markt geworden, den wir nicht länger ignorieren oder kleinreden können. Es ergibt einerseits Sinn, den Schwarzhandel zu unterbinden, um von den Steuereinnahmen des legalen Verkaufs Präventions- und Suchtarbeit zu finanzieren. Andererseits sollten Cannabis-Konsument*innen legale und gesicherte Wege zum Kauf, Konsum und Verkauf von Cannabis haben dürfen.

Statt weiterhin auf ein bloßes Verbot zu pochen, möchten wir Möglichkeiten erproben, wie Cannabis sicherer werden kann.

Mit freundlichen Grüßen
Delara Burkhardt

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