Frage an Daniela Ludwig von Johann P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Ludwig,
am 29. Mai haben Sie eine Pressekonferenz gegeben, die online abzurufen ist:
https://www.youtube.com/watch?v=c8ioWABpVdA
Dazu möchte ich gerne einige Anmerkungen machen und Ihnen Fragen dazu stellen.
Ich hoffe sehr, daß Sie diese nicht ignorieren, wie das leider hier oft von Ihnen getan wird.
Zuerst möchte ich Ihnen absolut zustimmen, daß es wichtig ist, die Jugend zu schützen und möglichst dafür zu sorgen, daß jüngere Menschen keine Drogen zu sich nehmen. Aufklärung und Information sind da ein wichtiger Baustein.
1. Glauben Sie aber, daß die Jugend diese Warnungen bezüglich Cannabis ernst nimmt, wenn ihnen (auch Minderjährigen!) gleichzeitig erlaubt wird, eine Droge wie Alkohol zu konsumieren? Eine Droge, die überall erhältlich ist und frei beworben wird – beispielsweise auch bei Sportveranstaltungen und TV-Sendungen, die sich an junge Leute richten?
2. Sie sprechen in der PK davon, daß beim Cannabis-Konsum besonders Jugendliche gefährdet sind, weil die Entwicklung des Gehirns noch nicht abgeschlossen ist. Können Sie mir bitte mitteilen, wie sich hier der Konsum von Alkohol auswirkt?
3. Sie behaupten in der PK (um Minute 55.45), daß ein legaler oder liberalisierter Markt „keine Antwort auf die Jugendschutzfrage“ gibt.
Dies ist nicht richtig. Es gibt ganz klare Regeln. Hier am Beispiel Kanada:
Lizenzierte Geschäfte würden die Lizenz verlieren, wenn sie an Jugendliche verkaufen würden. Die Strafen sind insgesamt sehr hart und abschreckend, auch und gerade für Schwarzmarkthändler.
„Der Handel mit Cannabis außerhalb der strengen Richtlinien und der Verkauf der Droge an Jugendliche bleiben verboten. Dabei sollen zwei neue Straftatbestände eingeführt werden, die einen Freiheitsentzug von bis zu 14 Jahren vorsehen.“
Kanadas Premierminister Trudeau sagte am 20. Juni 2018:
"Es war zu einfach für unsere Kinder, Marihuana zu bekommen - und für Kriminelle, die Profite davon einzusacken. Heute ändern wir das."
Heute zeigt sich, daß er recht hatte. Die Steuereinnahmen steigen an, offizielle Arbeitsplätze werden geschaffen.
Der Konsum bei Jugendlichen (hier: Altersklasse 15 bis 17) sank seit der Legalisierung deutlich, bzw. blieb dieser relativ gleich (Altersklasse bis 24 Jahre).
Die Auswirkung einer Legalisierung ist jedenfalls keinesfalls ein „falsches Signal“ für die Jugend und hat steigenden Konsum zur Folge. Im „schlechtesten Fall“ ändert sich beim Konsum gar nichts. Dies gilt nicht nur für Kanada, sondern z.B. auch für die USA oder Uruguay. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages das kürzlich in einer Studie bestätigt.
„The corresponding rates for 15- to 24-year-olds (27.6% to 26.4%) and females (12.3% to 13.4%) remained constant. Whereas use among 15- to 17-year-olds declined (19.8% to 10.4%).“
https://www150.statcan.gc.ca/n1/pub/82-003-x/2020002/article/00002-eng.htm
„Zusammenfassend kommen die Autoren zu dem Schluss, dass die Verfolgung einer strikten Drogenpolitik wenig bis keinen Einfluss auf das Konsumverhalten hat.“
Meine Frage: Glauben Sie, daß ein illegaler Markt bessere Antworten für einen Jugendschutz gibt?
4. Es ist richtig, daß der kanadische Schwarzmarkt in den letzten zwei Jahren nicht verschwunden ist. Das liegt auch daran, daß der Zeitraum sehr kurz ist, noch nicht in allen Landesteilen offizielle Verkaufsstellen vorhanden sind und die Lizenzvergaben teilweise sehr bürokratisch und kompliziert sind. Der Schwarzmarkt ist aber ganz sicher kleiner als vor der Legalisierung.
Entscheidend ist vor allem, daß der Konsum bei jüngeren Menschen sinkt. In Deutschland steigt der Konsum dagegen an.
Meine Frage: Finden Sie es sinnvoller, wenn der Schwarzmarkt komplett in den Händen illegaler Händel bleibt, wie das bei einem Komplettverbot ja der Fall ist?
5. Auch das ist Jugendschutz: In Ländern mit einem legalen Markt werden die Steuereinnahmen aus dem Cannabis-Verkauf für den Ausbau der Präventionsarbeit verwendet. In Kalifornien und Colorado werden die Einnahmen zum Beispiel auch in Schulen und andere Bildungseinrichtungen investiert.
Im kleinen Bundesstaat Colorado (knapp 6 Mio Einwohner) wurde bisher mehr als eine Mrd. Dollar an Cannabis-Steuern eingenommen.
Meine Frage: Wie hoch ist Ihr Etat für 2020 und 2021, um Präventionsarbeit zu finanzieren?
Befürchten Sie, daß Ihnen angesichts der enormen Ausgabenbelastung in Folge der Corona-Krise diese Etats gekürzt werden?
Würden Sie sich einen höheren Etat wünschen?
6. Der Konsum bei Alkohol und Tabak sinkt bei Jugendlichen in Deutschland seit Jahren. Und dies, obwohl da ja ein legaler Markt vorhanden ist und die Verfügbarkeit sehr hoch ist. Zigaretten sind sogar im Automaten erhältlich.
Meine Frage: Warum glauben Sie, daß ein legaler und kontrollierter Handel von Cannabis (Verkauf aber ausschließlich in Fachgeschäften!) nicht dieselben Auswirkungen hätte? Wie erklären Sie sich, daß der Cannabis-Konsum immer weiter ansteigt, obwohl verboten?
7. Abschließende Frage: Glauben Sie, daß es gerechtfertigt ist, Cannabis für Erwachsene zu verbieten, weil Jugendliche nicht konsumieren sollen? Beantworten Sie diese bitte auch bzgl. Frage 3/4, also daß der Konsum Jugendlicher nach der Legalisierung nicht steigt, sondern zum Teil sogar sinkt.
Danke!
J. P.
Sehr geehrter Herr Pauly,
die Fragen zum Thema Cannabis und Alkohol habe ich hier bei abgeordnetenwatch bereits mehrfach und ausführlich beantwortet. Sie haben sicherlich Verständnis dafür, dass ich Wiederholungen vermeide. Beim Thema Kanada gebe ich Ihnen Recht, wenn Sie sagen, dass der Beobachtungszeitraum für eine abschließende Bewertung vielleicht noch zu kurz ist.
Mit freundlichen Grüßen
Daniela Ludwig