Frage an Daniela De Ridder von Lennart Z. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr Geehrte Frau Ridder,
ich würde Sie gerne nach ihrer Meinung zu einer gemeinsamen EU Armee fragen und wie Sie sich die Zukunft der NATO, evt. mit Hinblick auf die EU-Russland Beziehungen vorstellen.
LG
Z.
Sehr geehrter Herr Z.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage und das mir damit entgegengebrachte Vertrauen. Gerne möchte ich auf Ihre Frage eingehen:
Zunächst möchte ich grundsätzlich festhalten, dass die Idee einer Europäischen Armee bereits Politik der SPD - und auch der Regierungskoalition - ist. Auch wenn es oft nicht so scheinen mag, befinden wir uns bereits auf dem Weg zu einer gemeinsamen Armee. Und viele Gründe sprechen eindeutig für eine gemeinsame Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP).
Warum? Nach dem Ende des Kalten Krieges wurden viele nationale Armeen drastisch verkleinert. Diese Auswirkungen spüren wir heute vor allem bei Fragen von Ausrüstung und Beschaffung und der damit verbundenen Kosten, die die Haushalte der europäischen Mitgliedsstaaten belasten.
Zur Erläuterung ein paar genaue Zahlen: Derzeit sind knapp 1.5 Millionen Soldatinnen und Soldaten in Europa. Insgesamt belaufen sich die Verteidigungsausgaben EU-weit auf ungefähr 200 Milliarden Euro. Die 22 Mitgliedsstaaten der EU sind zugleich auch Mitglieder der NATO und die Staaten, die nicht Mitglied in der NATO sind, stehen ihr zumindest nahe und nehmen daher auch regelmäßig an Manövern der NATO teil. Ebenso verhält es sich mit europäischen NATO-Mitgliedern, die nicht zugleich auch Mitglieder der EU sind. Auch sie sind teilweise eng mit den EU-Mitgliedsstaaten vernetzt.
Dennoch halte ich es für kontraproduktiv, wenn wir nun ein Gesamtkonzept erarbeiten würden, dass eventuell sogar EU-Mitglieder abschrecken würde, dem Ziel einer gemeinsamen europäischen Armee näher zu kommen. Vielmehr sollten wir uns darauf konzentrieren, die bereits bestehenden kleinen Puzzleteile der erfolgreichen Kooperationen, wie sie etwa zwischen der Bundeswehr und der niederländischen Armee stattfindet, zu nutzen und weitere zu schaffen und nach und nach auszubauen. Am Ende sollen sie zu einem großen Ganzen zusammenwachsen.
Die Welt ist, wie Sie wissen, ja nicht sicherer geworden und unser Bundespräsident Dr. Frank Walter Steinmeier hat in der Zeit, als er Außenminister war, mit seinem Diktum, dass "die Welt aus den Fugen geraten" sei, ja leider eine sehr richtige Analyse geliefert. Umso notwendiger ist es, dass wir sowohl in der NATO als auch in der EU eng miteinander verzahnt auch unsere Außen- und Sicherheitspolitiken abstimmen - die Bedrohungslagen werden in absehbarer Zeit - so vermute ich - nicht einfacher werden.
So wird etwa eine große Herausforderung darin bestehen, ein europäisches Headquarter zu schaffen und die gesamte europäische Armee darunter zu vereinen. Außerdem dürfen wir nicht die Frage der Rüstungsexporte vergessen, für die wir eine gemeinsame europäische Lösung brauchen, die sich auch in einer Rüstungskontrollbehörde niederschlagen kann. Vorstellbar ist auch ein gemeinsamer Sicherheitsfonds; allerdings ist mir als überzeugte Friedenspolitikerin ein gemeinsamer europäischer Konversionsfonds zur Finanzierung von ziviler Krisenprävention oder für die Nachsorge in Postkonfliktstaaten genauso wichtig. Hier investieren wir m.E. noch deutlich zu wenig - allerdings bedarf dies auch der Evaluation unserer außenpolitischen Strategien und Ziele. Hier zeigt sich das Auswärtige Amt sehr offen und ich darf Ihnen versichern, dass ich mich als stellvertretende Vorsitzende der Auswärtigen Ausschusses sowie als stellvertretende Vorsitzende des Unterausschusses für zivile Krisenprävention, Konfliktbearbeitung und vernetztes Handeln dafür intensiv einsetze.
Auch begrüße ich als stellvertretende Vorsitzende der deutsch-französischen Parlamentariergruppe die deutsch-französische Zusammenarbeit, die im Vertrag von Aachen vereinbart wurde. Die Zusammenarbeit zwischen unseren beiden Staaten ist existenziell - auch wenn wir in einigen Positionen noch sehr weit auseinander liegen.
Davon unberührt bleibt die Frage nach dem europäisch-russischen Verhältnis, das wir nicht allein aus einer wirtschaftlichen oder militärischen Sichtweise betrachten dürfen. Ich halte mich hier an ein Wort Willy Brandts: "Wir wollen ein Volk der guten Nachbarn sein." Dies gilt insbesondere für das gesamte Europa. Damit meine ich explizit nicht nur die Länder der EU, sondern auch die Länder unserer östlichen Partnerschaft und insbesondere die Erweiterungsländer der EU. Als Mitglied der Parlamentarierversammlung der OSZE mache ich, bei allen Divergenzen der Meinungen, stets deutlich, dass wir wieder zu einem gesamtgesellschaftlichen Austausch und einem intensiven Dialog mit Russland gelangen müssen, der von einem tiefen und gegenseitigen Respekt und Verständnis geprägt sein muss. Dazu müssen sich aber Russland und die Europäische Union erneut verständigen; jedoch auch so, dass wir die zahlreichen Krisen der ehemaligen GUS-Staaten tabufrei ansprechen sollten. Zu solchen Gesprächen bin ich als Vermittlerin in der OSZE-PV gerne bereit und leiste dazu bereits meinen Beitrag. In diesem Herbst werde ich daher neben zahlreichen anderen Auslandsaufenthalten auch persönlich nach Moskau reisen und an einer deutsch-russischen Gesprächsreihe teilnehmen.
Bitte haben Sie keine Scheu sich erneut an mich oder mein Team zu wenden, sollten Sie weitere Fragen haben. Mir liegt sehr viel daran, über die Politik der SPD genauesten zu informieren und unsere Wählerinnen und Bürger auch über meine ganz individuellen Aktivitäten in Kenntnis zu setzen. So haben wir Abgeordnete die Chance wieder mehr Bürgernähe herzustellen, Vorurteile abzubauen und Fake News entgegen zu treten.
Gerne stehen wir Ihnen unter Daniela.Deridder@bundestag.de für Rückmeldungen zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre
Dr. Daniela De Ridder, MdB