Frage an Dagmar Wöhrl von Lorenz B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Guten Tag Frau Wöhrl,
Sie haben am 27.06.2013 gegen ein Gesetz gestimmt, welches Bestechlichkeit von Abgeordneten unter Strafe stellt. Können Sie erläutern warum?
Freundliche Grüsse
Sehr geehrter Herr Bort,
vielen Dank für Ihre Anfrage an mich über Abgeordnetenwatch, die ich hiermit gern beantworte. Die gesamte CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat am 27. Juni gegen den SPD-Gesetzentwurf zur Abgeordnetenbestechung gestimmt, weil wir der Meinung waren, dass darin verfassungsrechtliche Bedenken nicht genügend berücksichtigt worden sind. Wie schwer es ist, eine angemessene Regelung zu finden, hatte unter anderem eine Anhörung zum Thema im Rechtsausschuss gezeigt.
Wir setzen uns uneingeschränkt gegen Korruption und Bestechung sowohl in der Privatwirtschaft als auch im öffentlichen Bereich ein. Dennoch hat Deutschland die beiden internationalen Übereinkommen gegen Korruption, die UN-Konvention vom 30. Oktober 2003 sowie das Strafrechtsübereinkommen des Europarates über Korruption vom 27. Januar 1999 bislang noch nicht ratifiziert, auch nicht unter der rot-grünen Bundesregierung. Die Ratifizierung ist bislang nicht erfolgt, weil darin gewählte Abgeordnete mit weisungsgebundenen Beamten gleichgesetzt werden. Das ist aus der Sicht der deutschen Rechtsordnung problematisch, denn die Tätigkeiten von Abgeordneten und Beamten unterscheiden sich grundlegend. Bereits bei der Schaffung des Straftatbestandes der Abgeordnetenbestechung 1993 waren sich die Experten weitgehend einig, dass diese strafrechtliche Bestimmung der Regelung zur Beamten- und Richterbestechung nicht eins zu eins nachgebildet werden kann. Abgeordnete sind nach dem Grundgesetz bei der Ausübung ihres Mandats allein ihrem Gewissen unterworfen und gegenüber den Wählern verantwortlich. Ihre wichtigsten Handlungen in der Demokratie sind Abstimmungen und Wahlen im Parlament. Der Kauf oder Verkauf von Stimmen bei Abstimmungen und Wahlen ist bei uns durch den Straftatbestand der Abgeordnetenbestechung, § 108e Strafgesetzbuch verboten.
Wir haben bei den vorgelegten Gesetzentwürfen die Gefahr gesehen, dass es Staatsanwaltschaften überlassen würde festzulegen, was parlamentarische Gepflogenheiten sind und was nicht, und das entspräche nicht den Anforderungen an unser parlamentarisches System und an eine rechtstaatliche einwandfreie Gesetzgebung. Es wäre vielmehr eine Einschränkung des freien Mandates. Nichtsdestotrotz bin ich der Meinung, dass eine Regelung, auch um der Glaubwürdigkeit des Parlamentes willen, gefunden werden muss und ich teile die Meinung von Horst Seehofer, der jetzt gefordert hat, dass im Falle eines Wahlsieges der Union das Thema in eine Koalitionsvereinbarung aufgenommen werden und in der nächsten Wahlperiode eine verfassungsrechtlich sichere Lösung gefunden werden muss. Die bisher gemachten Vorschläge entsprachen den Forderungen wie ausgeführt unserer Ansicht nach nicht.
Ich hoffe, ich konnte Ihre Fragen zu Ihrer Zufriedenheit beantworten.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre
Dagmar Wöhrl