Frage an Dagmar Wöhrl von Uwe S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Wörl ,
mit Bewunderung habe ich vernommen dass Sie Enthaltung geübt haben beim neuen Leistungsschutzrecht. Gleichzeitg frage ich mich ob Sie denn keine eindeutige Meinung hatten bzw. ob der vorhandene Fraktionszwang Sie daran gehindert hat gegen ein solch unsinniges Gesetz zu stimmen was sich ja nur ein Abgeordneter der CDU-CSU/FDP Koalition getraut hat. Dieses Gesetz wird die ohnehin schon übermäßig belastete Justiz unnötig weiter belasten wenn das Gesetz überhaupt den Bundesrat passiert. Sicher weiß ich dass der Fraktionszwang nichts offizielles ist weil man sonst ja dagegen klagen könnte und deshalb wundert mich es dass es nicht die Abgeordneten des deutschen Bundestages schon intern abgeschafft haben wozu diese durchaus in der Lage wären. Zählt also , so die Quintesenz für mich daraus , der sicher PLatz durch die Partei im Bundestag durch Listenplatzierung bei anstehenden Wahlen mehr für einen Abgeordneten als die Meinung des Wählers ? Das Grundgesetz verbietet ja den Fraktionszwang in der Form das der Abgeordnete rein nach seinem Gewissen abstimmen soll.Steht also der dennoch angewandte interne Fraktionszwang für Sie auch über dem Grundgesetz ? Wenn ja,sorgt der Abgeordnete sicher nicht dafür glaubwürdig zu wirken bei Abstimmungen. Der größte Kindergarten ist nähmlich bei Parlamentssitzungen schon der dass immer nur Abgeordnete dann Beifall üben wenn ein Parteigenosse redet. Meinen Sie nicht dass es sicher öfter , nach Gewissen beurteilt , vorkommt dass auch Abgeordnete der Gegenparteien was vernünftiges sagen wo Beifall angebracht wäre ? Also ich denke so lange diese Beifallprozedur im Bundestag/Landtag besteht zeigt dient dieser als Beweis für den Fraktionszang. Als freier Mensch darf ich jedenfalls all dem Beifall geben was ich für gut halte. Solange dass Abgeordnete nicht tun sind diese doch gebunden. Oder wie sehen Sie diesen Unstand ?
Sehr geehrter Herr Schupp,
vielen Dank für Ihre Anfrage über Abgeordnetenwatch. Ich habe auf meiner Website ausführlich erläutert, aus welchen Beweggründen ich mich bei der Abstimmung zum Leistungsschutzrecht enthalten habe. Sie können alles unter dem Link
http://www.dagmar-woehrl.de/standpunkt/statements/eistungsschutzrecht/#more-5252
nachlesen.
Ihre Vermutung im Hinblick auf eine Absicherung auf der Landesliste trifft nicht zu. Zum einen bewerbe ich mich um das Direktmandat in meinem Wahlkreis in Nürnberg. Wenn Sie sich die Liste der Abgeordneten aus Bayern anschauen, werden Sie feststellen, dass die Landesliste der CSU nicht zieht. Zum anderen aktzeptieren meine Fraktion und meine Landesgruppe meine Entscheidung, die ich ausführlich erklärt und dargelegt habe.
Was das Thema Fraktionszwang grundsätzlich anbetrifft, so bin ich anderer Meinung als Sie. Im Deutschen Bundestag gibt es streng genommen zu jeder Materie, die dort behandelt wird, soviele Meinungen wie Bundestagsabgeordnete. Politik besteht aus Kompromissen, und die Fraktionen übernehmen die Aufgabe, Meinungen zu bündeln, zu kanalisieren und Kompromisse zu formulieren, bei denen sich möglichst viele Abgeordnete in ihrer Position wiederfinden, bei denen mancher aber auch Kröten schlucken muss. Das passiert quer durch alle Fraktionen und auch in Landes- und Kommunalparlamenten. Wir regeln unsere Zusammenarbeit in einer Fraktionsgeschäftsordnung. Bevor wir zur Schlussabstimmung eines Sachverhaltes ins Plenum gehen, haben fraktions- wie ausschussintern schon viele Gespräche, Diskussionen und auch Abstimmungen stattgefunden.
Die Abstimmungen erfolgen demokratisch und ich halte es nur für richtig und demokratisch, die Mehrheitsmeinung meiner eigenen Fraktion auch dann zu akzeptieren, wenn ich mich in ihr nicht 100%ig wiederfinde. Beim Leistungsschutzrecht ging es mir um grundsätzliche Aspekte, wie ich es auch erläutert habe, und ich habe mich mit meiner Position in keinem der vorliegenden Anträge wiedergefunden, deswegen meine Enthaltung.
Ich empfehle Ihnen im Übrigen sehr, sich einmal die Stenographischen Protokolle des Bundestagssitzungen
( http://www.bundestag.de/dokumente/protokolle/index.html ) anzuschauen, dann werden Sie sehen, dass es längst nicht so schwarz-weiß zugeht, wie es vielleicht über die Fernsehberichterstattung herbüberkommt. Gleiches gilt für Ausschussitzungen, die Sie unter
http://www.bundestag.de/Mediathek/index.jsp?categorie=Ausschusssitzungen&action=search&mask=search&contentArea=common&instance=m187
abrufen können.
Ich würde mich freuen, wenn ich Ihnen meine Position verdeutlichen konnte.
MIt freundlichen Grüßen
Ihre Dagmar Wöhrl