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Dagmar Wöhrl
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Frage von Marco V. •

Frage an Dagmar Wöhrl von Marco V. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Wöhrl,

angesichts der immer irsinnigeren Summen, die für die Euro-Rettung aufgebracht werden müssen - oder zumindest über die gebürgt werden muss - stellt sich mir die Frage, wie lange der Deutsche Bundestag sich von Staaten treiben lassen möchte, die sich nicht an die Stabilitätskriterien halten, die ursprünglich vereinbart wurden?

Wie lange will sich die CSU die Spielregeln diktieren lassen, nach denen sie im Bundestag abstimmt?

Wie lange meinen Sie wird dieses größte Monopoly-Spiel aller Zeiten noch funktionieren?

Wie steht die CSU zu einer Währungsreform einschliesslich eine Hair-Cuts, der der Jugend eine Zukunft ohne Schulden ermöglicht - natürlich auf Kosten derjenigen, die in den letzten Jahrzehnten von der Verschuldungsorgie profitierten?

Wie lange noch geben Sie persönlich zu Rettungspakten ihre Zustimmung und warum?

Es widerspricht sowohl meinem Rechtsempfinden, als auch meinem Demokratieverständnis, wie versucht wird die Entscheidungen des Bundestags als alternativlos darzustellen und vorsätzlichen Betrug durch Rettungsschirme zu belohnen.

Wie wollen Sie Ihren eigenen Parteimitgliedern erklären, warum Sie solches Verhalten im Bundestag unterstützen?

Mit freundlichen Grüßen
Marco Vogt

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Vogt,

wir brauchen eine Stabilitätsunion. Das bedeutet erstens: Wir müssen die akute Krise bewältigen. Dazu müssen wir tragfähige Lösungen für die Länder finden, die eine zu hohe Verschuldung aufweisen. Gleichzeitig müssen wir verhindern, dass sich die Krise immer weiter auf andere Länder ausbreitet. Genauso wichtig ist zweitens: Wir müssen Vorsorge für die Zukunft treffen. Dazu müssen wir die Ursachen dieser Krise entschlossen an ihrer Wurzel packen.

Antworten auf diese Herausforderungen haben wir gegeben - insbesondere beim letzten Gipfeltreffen der Regierungschefs in der Eurozone am 26. Oktober dieses Jahres. So werden private Investoren auf die Hälfte des Nennwerts ihrer griechischen Staatsanleihen verzichten und damit einen substantiellen Beitrag zur Schuldenreduzierung Griechenlands leisten. Das ist ein großer Verhandlungserfolg, insbesondere für die unionsgeführte Bundesregierung die seit geraumer Zeit und gegen viele Widerstände in Europa auf eine private Gläubigerbeteiligung gedrängt hat.

Allerdings erfordert solch ein Schuldenschnitt auch, dass wir gegen Ansteckungsgefahren mobil machen. Denn wer auch immer möchte, dass sich private Gläubiger an der Sanierung Griechenlands beteiligen, der muss Sorge dafür tragen, dass eine gewisse Abschirmung, ein Schutz gegenüber Ansteckungsgefahren mit beschlossen wird. Wir gehen dabei mehrere Wege.

Wir müssen dafür sorgen, das ist der eine Weg, dass die Banken das Vertrauen ineinander nicht verlieren. Deshalb wurde eine stärkere Rekapitalisierung der Banken beschlossen. Sie sind verpflichtet ihr Kernkapital auf 9% zu erhöhen. Das stellt einen Risikopuffer dar. Sie können so den Ausfall von Staatsanleihen besser verkraften. Beschlossen wurde auch, dass die Banken keine Dividenden und Boni für Manager auszahlen dürfen, bis sie diese Quote erreichen.

Der zweite wichtige Weg, um die Ansteckungsgefahr zu vermindern, ist der ertüchtigte Euro-Rettungsschirm. Daher hat der Deutsche Bundestag am 29. September dieses Jahres mit großer Mehrheit zugestimmt, dem EFSF flexiblere Instrumente an die Hand zu geben und das vereinbarte Volumen von 440 Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen. Dieses Volumen soll künftig mit Hilfe privater und öffentlicher Investoren noch effizienter genutzt werden. Der Deutsche Bundestag wird bei allen Maßnahmen im Rahmen des Euro-Rettungsschirms, die seine Haushaltsverantwortung berühren, das letzte Wort haben. So darf die Bundesregierung allen wesentlichen Maßnahmen im Rahmen der EFSF, wie etwa der Aktivierung des Rettungsschirms für einen Eurostaat sowie nachträglichen Änderungen an einem Sanierungsprogramm oder am EFSF-Vertrag selbst, nur dann zustimmen, wenn das Plenum des Deutschen Bundestages hierzu vorab ausdrücklich seine Zustimmung erteilt hat.

Neben der Bewältigung der akuten Krise müssen wir auch Vorsorge für die Zukunft treffen, und zwar dadurch, dass die Euro-Mitgliedstaaten mehr gemeinsame Verantwortung übernehmen. Die Eurostaaten haben sich darauf verständigt, in der Haushalts- und Wirtschaftspolitik künftig wesentlich enger zusammenzuarbeiten sowie Verstöße gegen die gemeinsamen Stabilitätskriterien gezielter und stärker zu sanktionieren.

So haben wir den Stabilitäts- und Wachstumspakt verschärft. Sanktionen setzen früher ein. Sie sind effektiver. Der Pakt bekommt jetzt sehr viel mehr Biss. Insofern haben wir hier eine Trendumkehr eingeleitet. In Sachen Haushaltsdisziplin haben sich zudem alle Mitglieder der Eurozone dazu verpflichtet, bis Ende des Jahres 2012 die Vorgabe eines ausgeglichenen Haushalts nach Möglichkeit in ihrer Verfassung verbindlich zu verankern. Damit wird die von einer unionsgeführten Bundesregierung beschlossene Schuldenbremse in Deutschland zum Modell für die gesamte Eurozone. Auch dies ist ein großer Verhandlungserfolg von Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Alle kurzfristigen und langfristigen Maßnahmen sind auf ein Ziel ausgerichtet, nämlich den Euro zu stabilisieren. Es geht nicht um Griechenland oder andere Krisenländer, sondern um den Euro und somit auch um deutsche Interessen. Nach einer Berechnung der KfW beträgt der Wachstumsvorteil für Deutschland durch den Euro allein in den beiden Jahren 2009 und 2010 zwischen 50 und 60 Milliarden Euro. Um diesen Betrag wäre die wirtschaftliche Leistung mit der D-Mark weniger gestiegen. Diese Vorteile gilt es zu verteidigen.

Mit freundlichem Grüßen

Dagmar Wöhrl