Frage an Cornelia Möhring von Birgit J. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrte Frau Möhring,
ich beschäftige mich seit Jahren mit dem Thema Tierversuche und habe so gelernt, dass die Ergebnisse aus Tierversuchen für die menschliche Gesundheit von Nachteil und für die benutzten Tiere eine einzige Katastrophe sind.
Statements von Politikerinnen und Politikern zeugen leider sehr oft von Nichtkenntnis dieser Materie, was ich natürlich einerseits angesichts der vielen Arbeit und der vielen Themen, die Politikerinnen und Politiker zu bewältigen haben, verstehe.
Andererseits hat meines Erachtens hier unbedingt sehr kurzfristig ein Paradigmenwechsel stattzufinden, was in anderen Ländern ja bereits stattfindet (Entscheidung der Niederlande, in einigen Jahren vollständig auf Tierversuche zu verzichten.)
Und so möchte ich Sie - angesichts der unvorstellbar misshandelten Tieren in den Versuchslaboren und der sehr nachteiligen Konsequenz für die menschliche Gesundheit, wenn diese mit an Tieren erprobten Medikamenten oder Substanzen therapiert werden, fragen:
- Haben Sie sich bereits mit der Materie Tierversuche und tierversuchsfreier Forschung beschäftigt?
- Wenn ja, zu welchen Schlüssen sind Sie gekommen?
- Wenn nein, sind Sie willig, dies in der nächsten Legislaturperiode auf Ihre Agenda zu setzen?
- Sind Sie bereit, die Entwicklung von tierversuchsfreier Forschung zu unterstützen?
- Und sind Sie bereit, auch Wissenschaftler und Ärzte anzuhören, die Tierversuche ablehnen, da die Ergebnisse aus Tierversuchen eben nicht auf den Menschen übertragbar und damit abzulehnen sind?
Ich danke Ihnen sehr für Ihre Antwort.
B. J.
Sehr geehrte Frau J.,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
DIE LINKE setzt sich für die vollständige Abschaffung der Tierversuche in Bund und Land ein. Da dieses Unterfangen jedoch nicht von heute auf morgen realisiert werden kann, braucht es einen konstruktiven Maßnahmenplan, der einen langfristigen und ernstgemeinten Verzicht von Tierversuchen zum Ziel hat (erlauben Sie mir, Sie auf unseren Antrag mit der BT-Drs.: 18/11724 zu verweisen).
Nach Angaben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) waren in den letzten Jahren etwa drei Millionen Tiere pro Jahr von Tierversuchen betroffen.
Die daraus für den Menschen resultierenden wissenschaftlichen Erkenntnisse halten sich dabei oftmals in Grenzen und stehen in keinem Verhältnis zu den hohen Tierversuchszahlen.
Darüber hinaus sind die Forschungsresultate, die durch Tierversuche gewonnen wurden, nur schwer auf den Menschen zu übertragen. Oftmals versagen Medikamente beim Menschen, obwohl diese zuvor erfolgreich an Tieren getestet wurden. Es ist daher essenziell, die Weiterentwicklung neuer Ansätze voranzutreiben, um die Möglichkeiten für die Erforschung menschlicher Erkrankungen weiter zu verbessern.
DIE LINKE setzt sich daher unter anderem auch für die Umverteilung von Forschungsmitteln zugunsten der Weiter- und Neuentwicklung tierversuchsfreier bzw. alternativer und neuer Methoden sowie zur institutionellen Stärkung der ZEBET (Zentralstelle zur Erfassung und Bewertung von Ersatz und Ergänzungsmethoden zum Tierversuch) sowie des ECVAM (Europäisches Zentrum zur Validierung alternativer Methoden) ein. Die im Haushalt des Bundesforschungsministeriums verausgabte Summe von weniger als fünf Millionen Euro im Jahr ist deutlich zu niedrig und erreicht in keiner Weise Ergebnisse, die auf einen Fortschritt in der Entwicklung alternativer tierversuchsfreier Methoden hoffen lassen. Sie beträgt etwa ein Prozent der gesamten Projektförderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Wir wollen eine schnelle Steigerung der Fördermittel für Alternativmethoden zu Tierversuchen.
Als erstes EU-Land haben die Niederlande einen Plan zum Abbau der Tierversuche vorgelegt. Danach ist der Ausstieg in den Bereichen regulatorische Tests und Chargenprüfungen möglich. Die Niederlande wollen bis zum Jahr 2025 eine weltweite Spitzenposition für tierversuchsfreie Verfahren in diesen Bereichen einnehmen. Ich finde, die Initiative der Niederlande in dieser Form ist einzigartig und zukunftsweisend. Die Förderung tierfreier Laborinnovationen ist nicht nur aus Perspektive des Tierschutzes ein Fortschritt, sie beinhaltet auch großes wissenschaftliches und wirtschaftliches Potenzial.
DIE LINKE setzt sich zudem für die Ausweitung von Lehre und Forschung einer tierverbrauchsfreien Wissenschaft in Form von tierversuchsfreien Studiengängen in den Lebenswissenschaften, verbunden mit der Einrichtung von Lehrstühlen und Professuren für tierverbrauchsfreie Verfahren ein. Nur so kann der Grundstein gelegt werden, zukünftige wissenschaftliche Generationen für dieses Thema zu sensibilisieren und die Weiterentwicklung alternativer tierversuchsfreier Forschungsmethoden zu fördern.
Ich kann Ihnen versichern, eine hoffentlich starke LINKE im Bundestag wird sich auch in der nächsten Legislatur gegen die grausame und sinnlose Quälerei von Tieren zu angeblich wissenschaftlichen Zwecken einsetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Cornelia Möhring