Frage an Cornelia Möhring von Nils G. bezüglich Frauen
Sehr geehrte Frau Möhring,
laut einem Artikel im Internetforum Ihrer Partei sehen Sie sich als „feministische Frauen- und Sozialpolitikerin“ und sind zudem Diplom-Sozialökonomin, was Sie in Ihrer Partei zu einer Expertin für das Spektrum meiner Frage machen sollte. Ich werde in einer Präsentation für das mündliche Abitur die Gründe für und gegen eine gesetzliche Frauenquote erörtern und die Auswirkungen auf die Privatwirtschaft versuchen darzustellen. Es wäre nett, wenn Sie sich auf folgendes Gedankenexperiment einlassen und mir Ihre Meinung mitteilen würden: Nach Art. 3, Abs. 1 des GG sind erst einmal alle Menschen gleich vor dem Gesetz (allgemeiner Gleichheitssatz). Eine Konkretisierung für den Einzelfall findet in Abs. 2 statt. Männer und Frauen sind demnach gleichberechtigt. Das hat der Staat gemäß Satz 2 zu fördern und auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinzuwirken. Diese Formulierung spräche zunächst für eine Frauenquote, doch ein Gedankenexperiment revidiert meiner Meinung nach diese Ansicht: In einem Unternehmen U ist eine Führungsposition vakant. Nach mehreren Auswahlgesprächen sind nur noch Mann M und Frau F übrig. M ist bei weitem höher qualifiziert und passt nach Meinung des Personalchefs auch besser zum Unternehmen. U kann jedoch die gesetzlichen Vorgaben der Frauenquote nur dann erfüllen, wenn F auf die ausgeschriebene Position eingestellt wird. Trotz besserer Voraussetzungen hat M also keine Chance auf die Stelle und wird benachteiligt. Die Frauenquote stellt also nur bedingt Nachteile ab, um an anderer Stelle neue zu schaffen. M wäre zudem in seinem Grundrecht auf Berufsfreiheit nach Art. 12 I GG eingeschränkt. Was sagen Sie zur gesetzlichen Quote und ihrer Auswirkung auf die Privatwirtschaft?
Ich würde mich sehr über eine Antwort von Ihnen freuen und bin für neue Meinungen und Gedanken generell offen.
Mit freundlichen Grüßen und vielen Dank im Voraus,
Nils Grimm
Sehr geehrter Herr Grimm,
vielen Dank für Ihr Gedankenexperiment, das allerdings für die Antwort auf die Frage nach der paritätischen Beteiligung von Frauen an den Entscheidungen in Politik, Wirtschaft, Kultur usw. nicht hilfreich ist. Einfach deshalb, weil ja gar niemand fordert, dass bei der Besetzung einer Position die Qualifikation keine und das Geschlecht die entscheidende Rolle spielen soll. Das was Sie beschreiben, ist in umgekehrter Relation die gegenwärtige Praxis in den Chefetagen der Wirtschaft: statt gut qualifizierter Frauen werden nach wie vor weniger gut qualifizierte Männer in die Vorstandsetagen berufen - mit durchaus krisenhaften Ergebnissen. Momentan existieren weder transparente Besetzungskriterien noch Qualifikationsanforderungen bei derartigen Entscheidungen.
Die Linke fordert deshalb in ihrem Antrag zur geschlechtergerechten Besetzung von Führungspositionen der Wirtschaft u.a.:
"Um die personellen Voraussetzungen für eine fachlich fundierte Auswahl von Frauen und Männern für Führungspositionen zu verbessern, sind die Unternehmen ab Inkrafttreten des Gesetzes verpflichtet, ein Qualifizierungskonzept für Führungspositionen zu erarbeiten und geeignete Kandidatinnen und Kandidaten auf der Grundlage dieses Konzeptes zur Übernahme von Führungsverantwortung zu befähigen (Poolbildung).
Internationale Erfahrungen mit Mentoringprogrammen, in denen erfahrene Deutscher Bundestag Führungskräfte und Kandidatinnen/Kandidaten gemeinsame Qualifizierungsmaßnahmen durchführen, sind einzubeziehen."
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/048/1704842.pdf
Wir wollen, dass die vielen gut ausgebildeten Frauen, die es in diesem Land längst gibt, endlich die gleichen Chancen wie gleich qualifizierte Männer erhalten. Weil das seit vielen Jahren auf der Grundlage der Selbstverpflichtung von Unternehmen nicht funktioniert, muss eine gesetzliche Quote her.
Mit freundlichen Grüßen
Cornelia Möhring