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Clemens Binninger
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Frage von Martin T. •

Frage an Clemens Binninger von Martin T. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Binninger,

wie ich in der Presse gelesen habe, plädieren Sie für ein Bundesmelderegister auch vor dem Hintergrund, dass "...vom einem Bundesmelderegister "bessere Daten und Einsparungen von über 100 Millionen Euro" zu erwarten seien." (Quelle: http://www.heise.de/newsticker/Schaeubles-Plan-fuer-ein-Bundesmelderegister-entzweit-die-Koalition--/meldung/110133/ ).

Könnten Sie mir genauer erläutern, was Sie unter ´besseren Daten´ verstehen und auf welchen Zahlen genau die Berechnungen der Einsparung beruhen? So würde mich u. a. interessieren, ob z. B. die Kosten der Einführung eines solchen Registers in die Berechnungen mit eingeflossen sind. Auch würde mich interessieren, ob die Einsparungen auch auf Personalabbau beruhen. Falls ja, wie hoch wird diese laut Ihrer Berechnungen ausfallen und wieviele Arbeitsplätze würden dadurch vernichtet?

Vielen Dank und Grüße aus Berlin,

Martin Thomas

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Thomas,

vielen Dank für Ihre Fragen. Ich möchte etwas ausführlicher auf die Thematik eingehen, da sie in der öffentlichen Debatte oft sehr verkürzt dargestellt wird.

1. Aktuelle Situation und "bessere" Daten
Gegenwärtig stellt sich die Situation im deutschen Meldewesen wie folgt dar. Die Meldedaten der Einwohner werden dezentral, auf lokaler Ebene von rund 5.200 Meldebehörden verwaltet. Diese Stellen müssen täglich verschiedenste Daten an andere öffentliche Stellen weitermelden. In dieser Struktur ergeben sich immer wieder Defizite, was die Aktualität, Qualität und Verfügbarkeit von Daten angeht: Daten sind nicht aktuell, weisen Lücken auf oder widersprechen sich. So hat das Statistische Bundesamt im Rahmen des Mikrozensus 2004 bestätigt, dass mehr als 5,8 % aller Meldedaten (entspricht 4,8 Mio. Einwohner) fehlerhaft sind. Der Chef des Statistischen Landesamtes Hessen schätzt gar, dass sich bis zu 4 Millionen Datensätze zu viel in den Melderegistern finden, Deutschland also entsprechend weniger Einwohner hätte, als bisher angenommen.

Korrekte Daten sind aber von großer Bedeutung für administrative und politische Entscheidungen - z. B. im Bereich der Rentenversicherung, bei Auszahlung von Sozialleistungen, für das Wahlrecht oder im Zusammenhang mit dem Ausländerrecht. Darüber hinaus sind Polizei, Feuerwehr und Hilfsdienste darauf angewiesen, im Einsatzfall zuverlässige Informationen über Identität und Aufenthaltsort einer Person zu erhalten.

Bessere Daten sind also Daten, die korrekt, widerspruchsfrei und aktuell sind. Diesem Ziel dient das zentrale Melderegister.

2. Chronologie
Seit der Föderalismusreform liegt die Zuständigkeit für das Melderecht in der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes - unter anderem weil erkannt wurde, dass hier eine zentrale Lösung effektiver ist als ein Bundesmelderechtsrahmengesetz, 16 Landesmeldegesetze sowie eine entsprechende Zahl von Ausführungsverordnungen. Auch eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe unter Beteiligung der Kommunen kam im Oktober 2006 zu dem Ergebnis, dass die genannten Ziele am ehesten mit einem Bundesmelderegister erreicht werden können.

3. Finanzieller Aufwand
Heute erhalten ca. 40 öffentliche Stellen regelmäßig Daten aus den kommunalen Melderegistern. Aufgrund der Vielzahl von Behörden bestehen unterschiedliche Übermittlungsformate. Das führt unter anderem dazu, dass im Zuge der Geburtsmitteilungen der Meldebehörden rund 1.200 Disketten bei der Datenstelle der Rentenversicherer und rund 5.000 Papierbelege bei der eigens dafür geschaffenen Erfassungsstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund eingehen. An das Bundesamt für Steuern werden jährlich rund 14 Mio. Datensätze, an die Bundesagentur für Arbeit jährlich rund 15 Mio. Datensätze übermittelt.

Mit einer vollständig automatisierten und standardisierten Übermittlung der Daten lassen sich erhebliche Einsparungen erzielen. Kostenintensive und fehlerbehaftete Mehrfacherfassungen fallen weg. Die in der Öffentlichkeit genannten Zahlen im dreistelligen Millionenbereich stellen in diesem Zusammenhang eine erste Orientierungsgröße beim Einsparvolumen dar, das sich zusammensetzt aus: Einsparungen auf kommunaler Ebene, weil durch das Bundesmelderegister Übermittlungsaufgaben wegfallen würden, und Einsparungen für die Wirtschaft v. a. in Folge der Abschaffung diverser Melde/Informationspflichten.

Selbstverständlich werden durch die Einrichtung eines zentralen Bundesmelderegisters auch Kosten entstehen. Die Gesamtkosten für die technische Bereitstellung belaufen sich auf rund 19,4 Mio. Euro, verteilt auf die Jahre 2009-2012. Für den Betrieb des Bundesmelderegisters fallen laufende Personalkosten von rund 4,5 Mio. Euro im Jahr an. Außerdem entstehen einmalige Sachkosten in Höhe von rund 900.000 Euro. Die laufenden Betriebskosten werden pro Jahr mit 3,4 Mio. Euro veranschlagt.

4. Datensicherheit
In den letzten Wochen wurde in der Öffentlichkeit eine oft reflexartige Debatte geführt, die das Bundesmelderegister gewissermaßen als "Schritt in den Überwachungsstaat" sehen möchte. Das ist der Sache nicht angemessen und falsch. Ihr Beitrag hebt sich erfreulicherweise davon ab.

Es geht bei der Einrichtung des Bundesmelderegisters um größere Effektivität und Qualität von Daten - und das gleichermaßen im Interesse der Bürger wie auch des Staates. Dass hier die Frage des Datenschutzes und der Datensicherheit von uns sehr ernst genommen wird, zeigt sich darin, dass nach derzeitigem Diskussionsstand lediglich rund ein Drittel eines vor Ort erfassten Datensatzes im zentralen Melderegister gespiegelt werden soll. Eben nur so viele Daten wie notwendig. Ebenfalls vorgesehen ist, bestimmte Daten nur verschlüsselt beim Bundesmelderegister zu speichern, so dass nur der autorisierte Nutzer (die Stelle, an die die Daten vom Bundesmelderegister übermittelt werden) sie im Klartext lesen kann.

Mit freundlichen Grüßen

Clemens Binninger