Frage an Claudius Holler von Stephan B. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Lieber Herr Holler,
wie stellen Sie sich ganz persönlich ein "ideales Schulsystem" in Hamburg vor? Was sind die wichtigsten Ziele von Schule und wie werden diese Ihrer Meinung nach am Besten erreicht?
Neugierige Grüße,
Stephan Beyer
Sehr geehrter Stephan Beyer,
Sie glauben gar nicht, wie dankbar ich bin schon vor bald 14 Jahren, über einen Zeitraum von 13 Jahren, mein Abitur gemacht haben zu dürfen. Bedungen durch meine Vita hatte ich das Vergnügen sieben verschiedene Schulen zu besuchen, darunter umzugsbedingt mehrere Gymnasien in Hamburg, sowie eines in Bayern. Ein wenig Einblick maße ich mir an, doch fehlt mir der wissenschaftliche Backround verschiedenste Systeme haarklein miteinander zu Vergleichen.
Die Piratenpartei Hamburg hat die Schulreform mitunterstützt, obwohl wir diese nicht weitreichend genug fanden. Leider wurde auf sehr populistische Art und Weise ein Angstszenario geschürt, wodurch der Volksentscheid die eigentliche Reform in elementaren Bereichen beschnitt. Wie leicht diese Reform gekippt werden konnte, macht vor allem auf ein politisches Problem aufmerksam: Entscheidungen über die Köpfe der Beteiligten hinweg ohne ausreichend zu kommunizieren und für eine Veränderung zu werben.
Für mich persönlich muss ein Schulsystem dazu in der Lage sein individuell auf die Stärken und Schwächen der einzelnen Kinder einzugehen. Dies kann nur durch kleine Klassen, regelmäßig weitergebildete Lehrer und eingebundene Sozialpädagogen vollends geleistet werden. Bildung muss uns genug wert sein, wobei nicht alle Mängel einzig mit Geldspritzen zu kompensieren sind. In jedem Fall kann fast überall gespart werden - im Bildungssektor niemals.
Aktuell stellt sich unsere Gesellschaft als sehr heterogen dar. Insofern kommt den Kitas eine Sonderrolle und zusätzliche Aufgabe zu. Diese müssen die Grundlage in Sprache und Sozialverhalten vermitteln - auch wenn die Eltern der Kinder dazu nicht in der Lage sein sollten - dass mit dem Eintritt ins Schulalter ähnliche Startbedingungen gelten. Je später man beginnt Kindern Spaß am Lernen und Wissen zu bereiten und Sprachbarrieren zu beseitigen, desto schwieriger und auch kostenintensiver.
Ein dreigliedriges Schulsystem wird immer wieder die gleichen Problemstellungen bieten, die bis heute den Gesamtschulen zu schaffen machten. Wir brauchen im Bildungssektor keine Resterampe und müssen jedem Schüler eine realistische Chance zu einem guten Abschluss bieten. Das geht meiner Meinung nach, nicht mittels Selektion.
In jedem Fall würde ich ein überparteiliches Gremium, welches Betroffene, Experten, Lehrende, Eltern und Schüler mit einbindet begrüßen. Dieses Gremium sollte zum Ziel haben eine konsensfähige und ganzheitliche Schulreform zu entwickeln, welche sich auch an Erfahrungen aus dem Ausland orientiert. Das Resultat könnte dann an in Pilotschulen angewandt werden. Eine solche Pilotschule sähe ich gern in einem sozialen Brennpunkt und überbudgetiert und betreut. Mit sich einstellendem Erfolg und gewisser Feinjustierung, kann dieses Modell im Wortsinne Schule machen. Für eine bundesweite Kompatibilität würde sich eine Absprache und Kooperation unter den Bundesländern nicht nur anbieten, sondern sollte verpflichtend sein. Wobei Stadtstaaten, wie Hamburg, immer gesonderte Herausforderungen zu meistern haben und somit eigene Sonderlösungen beschreiten müssen.
mit freundlichem Gruß von einem Abiturienten, der sich seine partielle Legasthenie bis heute (offen ersichtlich) nicht gänzlich abtrainieren konnte.
Claudius Holler