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Claudius Holler
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Frage von Ricarda H. •

Frage an Claudius Holler von Ricarda H. bezüglich Recht

Mahlzeit Herr Holler,

in den vergangenen Jahren hat in Hamburg die Kriminalität drastisch zugenommen. Speziell die Gewalt der Jugendlichen ( z.B. die Messerattacke am S-Bahnhof Jungfernstieg). Die Täter werden teils immer jünger.
Allein mit "erzieherischen Maßnahmen" scheint nichts bewirkt werden zu können.

Was sagen Sie zu dem Thema Jugendkriminalität, sowie entsprechenden Konsequenzen?

Es grüßt Sie,

Ricarda Heubach

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Antwort von
PIRATEN

Sehr geehrte Frau Heubach,

Jugendgewalt ist ein erschreckendes Thema, seit Jahrzehnten, sogar Jahrhunderten in immer verschieden starken Ausprägungen. Einer der Gründe ist - bei jungen Männern - die Pubertät und zugehöriger Testosteronschub. In diesem Zustand brauchen die "Kids" Herausforderungen, Beschäftigung, eine Perspektive und Platz sich zu beweisen. Die Pubertät setzt, mit allen Vor- und Nachteilen, bei den meisten Jugendlichen (ernährungsbedingt) immer früher ein. Somit ist die logische Folge, dass auch die damit zusammenhängenden Problemstellungen früher auftreten. Hier ist die Gesellschaft mehr denn je gefordert, die überschüssige Energie in sinnvolle Bahnen zu lenken BEVOR es zu spät ist bzw. sich ein Fehlverhalten vom Einzelfall zum Normalzustand entwickelt.

Erzieherische Maßnahmen mit Streetworkern, sozialen Einrichtungen, Häusern der Jugend, ausreichend Beschäftigung können eine Menge Fehlentwicklung abfangen oder umkehren. Radikale Einsparungen in diesen Bereichen sind mit Sicherheit auch ein Grund, warum uns Teile der Jugend entgleiten.

Sie benennen aber einen Zeitpunkt zu dem es zuvor versäumt wurde rechtzeitig zu intervenieren. Auch dann hilft Erziehung noch Wunder, aber der Aufwand ist wesentlich größer. Auch dies ist ein Grund, warum wir Piraten einen Schwerpunkt auf freie Bildung und ein Fernziel für gebührenfreie Kita-Plätze setzen. Wir wollen Ursachen bekämpfen und nicht Symptome.

Dennoch muss man selbstverständlich auch die aktuellen Herausforderungen und Altlasten angehen. Andere Bundesländer zeigen sinnvolle Lösungswege auf, die ich hier kurz anreisse.
Es geht nicht um die Härte einer Strafe - vor allem nicht bei Jugendlichen - sondern um eine zeitnahe Intervention. Dies hat zur Folge, dass der "Täter" seine "Strafe" direkt mit seiner "Tat" verknüpft. Idealerweise steht die Strafe in einem direkten Zusammenhang mit dem Vergehen.
So ist mir ein Fall bekannt, in dem ein junges Mädchen sich einer nationalistischen Gruppe anschloss und Sachbeschädigung gegen einen türkischen Imbiss beging. Sie bekam zwei Strafen zur Auswahl: Jugendarrest oder ein dreimonatiges Praktikum in einem Dönerimbiss fern ihres Wohnorts. Sie entschied sich für Zweiteres und hat ihr Feindbild völlig neu und unbefangen kennenlernen können. Mit der Gruppierung hat sie die Kontakte abgebrochen.
Solche Methoden können wir auch in Hamburg einführen und feinjustieren. Auch vor dem Hintergrund, dass der populistische Wunsch nach mehr Knästen und niedrigerem Strafalter ein vielfaches an Kosten produziert, als rechtzeitige und prophylaktische Intervention oder sinnvolle und zeitnahe Strafen.

mit freundlichen Grüßen von einem jungen Mann, der selber mehrfach Opfer jugendlicher Gewalt wurde, aber dennoch humanistisch denkt.
Claudius Holler