Frage an Claudius Holler von Dieter K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Holler!
Als Spitzenkandidat der Piratenpartei bei der Bürgerschaftswahl am 20.2.2011 würde ich gerne von Ihnen wissen,welche Themenschwerpunkte Sie für Hamburg setzen? Ich frage auch deshalb,weil es ja meines Wissens bei der Piratenpartei 2 Fraktionen gibt,die eine Fraktion möchte sich vorrangig auf ihr Hauptthema beschränken,nämlich die Freiheit im www,die andere Fraktion möchte alle politische Themen abdecken? Wie sieht es da bei der Hamburger Piratenpartei aus und welche Position nehmen Sie ein?
Desweiteren würde mich interessieren,falls die Piratenpartei den Einzug in die Hamburger Bürgerschaft gelingt,unterliegen die Abgeordneten der Piratenpartei dann einem Fraktionszwang oder üben sie ihr Mandat frei und nur ihrem Gewissen verpflichtend aus?
Vielen Dank im voraus für die Beantwortung meiner 2 Fragen!
Mit freundlichen Grüssen
Dieter Kipp
Sehr geehrter Herr Kipp,
sie scheinen sich tiefergehend mit der Piratenpartei beschäftigt zu haben. Zumindest entnehme ich dies ihrer sehr präzisen Fragestellung.
Ich beginne mit der zweiten Frage. Es gibt bei uns keinen Fraktionszwang. Wobei wir unsere Kandidaten und auch mich schon über einen längeren Zeitraum kennengelernt haben und somit integere Listenkandidaten aufgestellt haben, die sich aus guten Gründen bei den Piraten engagieren. Somit werden die Abstimmungen vor allem bei piratensensiblen Themen durchaus einhellig und vorhersehbar sein. Selbstverständlich haben wir aber auch innerparteiliche Diskurse und zu Themen verschiedene Ansichten. Abstimmungen kommen ja nie gänzlich überraschend, so dass wir Interessenskonflikte vorab und unter Einbezug des gesamten Landesverbandes an einer gemeinsamen Meinungsbildung arbeiten. Im Zweifel, kann das Abstimmungsergebnis, dann aber durchaus auch mal nicht einstimmig ausfallen - ich begrüße das.
Ihrer ersten Frage setze ich gern entgegen, dass wir keine zwei Fraktionen, sondern diverse Strömungen und verschieden stark ausgeprägte Interessensfelder bei uns vereinen. Ich vermute stark, dass die Piratenpartei die aktuell heterogenste Mitgliederstruktur besitzt. Ich habe mich erstmals intensiver - wenn auch skeptisch - mit dieser Partei beschäftigt, als diese als einzige Partei Punkte auf der Agenda hatte, die anderorts völlig vernachlässigt oder inkompetent angegangen wurden. Dies war zunächst vor allem Netzpolitik. Für ein aktives Engagement wäre mir dieses Themenfeld zu wenig gewesen, wobei schon damals viel mehr aus dem Grundtenor abgeleitet werden konnte. Nach mehrmaligen Besuchen in der Realität, war ich mir sicher endlich eine politische Heimat gefunden zu haben, in der ich Gehör finde, mich einbringen kann und an herausfordernden Diskursen teilnehmen kann. Die thematische Öffnung in andere Felder unterstütze ich und bewerte dies als organischen Prozess und logische Folge, wenngleich wir es ablehnen Kompetenzen zu simulieren. Somit haben wir zwar kein "Vollprogramm", aber ein wachsendes, welches sich den gegebenen Anforderungen unserer Gesellschaft stellt und progressive Lösungen aufzeigt. Ich persönlich setze mich - auch außerhalb der Piratenpartei - für eine nach oben durchlässige Gesellschaft ein. Hamburg hat gute Chancen die soziale Spaltung zu mindern. Ich mache dies insbesondere an der individuellen Freiheit und Chancengerechtigkeit fest - beides geht Hand in Hand mit unseren Bürgerrechten. Hierbei liegt die Hauptaufgabe zunächst in der Verteidigung des Status quo gegen die fehlgeleitete und kurzsichtige Politik der letztmaligen Regierungen. Wir stehen dafür bereit und möchten parallel unsere anderen Punkte auf die Agenda setzen und ihnen die notwendige Öffentlichkeit verschaffen.
mit freundlichem Gruß als Schlusswort unter diesem Roman
Claudius Holler