Frage von Ingo W. •

Wie stehen sie zur Stationierung amerikanischer Mittelstreckenraketen auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ?

Sehr geehrte Frau Müller,

noch zu Zeiten der Ampelregierung hat der Bundeskanzler die Stationierung amerikanischer Mittelstreckenraketen in Deutschland angekündigt.

Warum hat es zu dieser Thematik keine öffentlich wahrnehmbare Debatte im Bundestag gegeben ?

Wie stehen Sie und Ihre Partei zu dieser Stationierung ?

Wie bewerten Sie das Risiko, bei einer Eskalation des derzeit in Europa bestehenden Konflikts damit auch zum bevorzugten Angriffsziel zu werden ?

Sollen auch in anderen europäischen Ländern derartige Raketen stationiert werden, oder nur in Deutschland ? Warum ?

Mit freundlichen Grüßen

Ingo W.

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Antwort von
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Sehr geehrter Herr W.,

ich kann sehr gut verstehen, dass Sie diese Frage rumtreibt. Ich bin auch der Meinung, dass eine solche Entscheidung, die Menschen hierzulande stark beschäftigt, mehr Erklärungen von Seiten des Bundeskanzlers benötigt hätte, als eine schlichte Verkündung seinerseits am Rande eines NATO-Gipfels.

Nichtsdestoweniger haben, vor dem Hintergrund der ursprünglichen Verletzung des INF-Vertrags durch die Stationierung von russischen Iskander-Raketen in Kaliningrad 2018 und dem mehrfachen Einsatz Russlands von Mittelstreckenraketen gegen Ziele in der Ukraine, die Bundesrepublik Deutschland und die US-Regierung entschieden US-Mittelstrecken in Deutschland zu stationieren. Der Sinn der Stationierung ist, dass es eine Abschreckungsfähigkeit der NATO gegenüber Russland geben soll, die unterhalb der nuklearen Schwelle liegt. Oder anders gesagt: Die NATO möchte die gleichen Fähigkeiten Russland signalisieren, die Russland der NATO schon seit 2018 signalisiert.

Angesichts der aktuellen sicherheitspolitischen Lage halte ich die Stationierung amerikanischer Mittelstreckenraketen in Deutschland für eine leider notwendige Maßnahme zur Stärkung der Abschreckung und zur Sicherung der Verteidigungsfähigkeit Europas.

Angesichts des Amtsantritts von Donald Trump und seinen jüngsten Äußerungen über die NATO und die Kooperation mit den Staaten Europas, begrüße ich, dass Frankreich, Deutschland, Italien und Polen eine Absichtserklärung zur gemeinsamen Entwicklung eines nicht näher spezifizierten Präzisionsschlagsystems mit großer Reichweite im Rahmen eines neuen Programms mit dem Namen European Long-Range Strike Approach (ELSA) unterzeichnet haben. So werden wir mittelfristig unabhängiger von US-Waffen auf unserem Gebiet.

Ich wünsche mir jedoch auch, und da sind wir sicherlich einer Meinung, dass wir in anderen Zeiten leben würden, in denen wir wieder mehr über Abrüstung statt Aufrüstung reden könnten. Leider lässt dies der russische Diktator Vladimir Putin gerade nicht zu.

 

Mit freundlichen Grüßen

Claudia Müller

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