Frage an Claudia Lücking-Michel von Daniel S.
Sehr geehrte Frau Dr. Lücking-Michel,
soeben habe ich zum Thema TTIP folgendes Informationsvideo gesehen:
https://www.youtube.com/watch?v=Ljxv-yFBPQ8
1) Was denken Sie von diesem Video? Propaganda oder berechtigte Kritik?
2) Wie ist Ihre Einstellung zu TTIP?
Herzliche Grüße,
Daniel SChmidt
Sehr geehrter Herr Schmidt,
es ist bedauerlich, dass sich die Kritik an TTIP immer wieder an plakativen Themen wie dem berüchtigten Chlorhühnchen festhakt. In der Öffentlichkeit sind viele Ängste und Befürchtungen zu TTIP entstanden, die bei näherer Betrachtung widerlegt werden können. Die strengen Rechtsvorschriften der EU zum Schutz des menschlichen Lebens und der menschlichen Gesundheit, der Gesundheit und des Wohlergehens von Tieren oder der Umwelt und der Verbraucher sollen sich durch TTIP nicht ändern. Vielmehr sollen Standards und Normen nur dort angeglichen werden, wo ein mindestens gleich hohes Schutzniveau zum bisherigen Schutzniveau sichergestellt wird. Dies hat die EU deutlich gemacht. Allerdings müssen wir für eine abschließende Bewertung den vollständig ausgehandelten Vertragstext kennen. Und dieser liegt noch nicht vor.
Die CDU/CSU-Bundestagfraktion hat 2014 eine Fraktionsarbeitsgruppe TTIP mit großer Beteiligung aus den betroffenen Arbeitsgruppen der Fraktion ins Leben gerufen, um die Verhandlungen zu TTIP konstruktiv vom Bundestag her zu begleiten und umfassend über das geplante Abkommen zu informieren.
Auf ihren letzten Sitzungen hat sich die Arbeitsgruppe intensiv mit dem wichtigen Thema Schiedsgerichtsverfahren beschäftigt. Es laufen Überlegungen, ob die Auswahl und Bestellung von Schiedsrichtern durch den Deutschen Bundestag entschieden werden kann. Außerdem regt die AG an, Investor-Staat-Schiedsverfahren stärker mit nationalen Gerichten zu verzahnen, um eine einheitliche Rechtsprechung zu garantieren. Dies sind aus meiner Sicht wichtige Punkte, die geklärt werden müssen.
TTIP bringt uns – wenn es richtig gemacht wird – viele Vorteile. Vom Wegfall von nichttarifären Handelshemmnisse würden vor allem kleine und mittlere Unternehmen profitieren, da sie sich bisher im Gegensatz zu Großunternehmen den bürokratischen Aufwand und die administrativen Kosten dieser Handelshemmnisse nicht leisten können. Aber nicht nur die Industrie, auch die Verbraucher würden von dem Freihandelsabkommen profitieren. Laut einer Studie des Centre for Economic Policy Research in London wird durch TTIP das Jahreseinkommen eines durchschnittlichen privaten EU-Haushalts auf lange Sicht um über 500 Euro steigen.
Ich rate daher zu einer Versachlichung der Diskussion und zu einer konstruktiven Begleitung des Verfahrens mit wachsamen Augen.
Freundlich grüßt Sie
Claudia Lücking-Michel