Frage an Claudia Jung (bürgerlicher Name Ute Singer) von Benjamin S. bezüglich Jugend
Guten Tag Frau Jung.
Während der aktuelle JMStV sich als zahnloser Tiger bewies und das deutschsprachige Web kaum beeinflusste, hat die Novellierung das Potential dazu.
Der neue JMStV wird durch seine Verpflichtung zum Jugendschutz für Inhalte "ab 6 Jahren" (§5 Absatz 1) mehr Seiten betreffen. Es gibt zwar zahlreiche Einschränkung, allerdings machen die den JMStV extrem komplex. Leider können Fehler beim Jugendschutz für die Anbieter ein Bußgeld in Höhe von bis zu 500k € nach sich ziehen. Hinzu kommt die erhöhte Gefahr abgemahnt zu werden. Diese Entwicklung bedeutet für kleine Webseiten eine unverhältnismäßige Belastung, welche die Dynamik des Internets stark einschränken wird.
Faszinierend finde ich beim aktuellen Entwurf die Ausnahmeregelungen für einzelne „alte Medien. Exemplarisch sei hier der §5 Abs. 1 des JMStV genannt.
Es ist bezeichnend, dass etablierten Medien für ihre Webpräsenzen mit Ausnahmegenehmigungen versehen werden. Das verzerrt nicht nur den Wettbewerb, es führt auch den durch den JMStV forcierten Filter ad absurdum. Wie die Filtersoftware erkennen soll, ob eine Seite (un)berechtigt nicht gekennzeichnet ist, ist mir schleierhaft. Ganz zu schweigen von der Problematik mit ausländischen Seiten, die sich nicht kennzeichnen werden. Das betrifft auch sehr bekannte und wertvolle Anbieter, wie die Wikipedia.
Für die Verfasser des JMStV ist das Internet immer noch ein “Fernsehen 2.0“, dabei ist es kein Rundfunk: Jeder Teilnehmer kann gleichzeitig Sender und Empfänger sein. Das Internet hat genau den Vorteil, dass es dort nicht aufgrund der hohen Kosten oder begrenzten Frequenzen wenige Anbieter gibt. Dem müssen auch die Regelungen zum Jugendschutz angepasst sein.
Ausführliche Informationen über die Folgen des JMStV können sie hier finden:
Was sagen sie zu den obigen Ausführungen? Wie ist ihre Meinung zur Novellierung des JMStVs und wie werden Sie abstimmen?
Mit freundlichen Grüßen
Benjamin Stöcker
Sehr geehrter Herr Stöcker,
vielen Dank für Ihre wichtige Frage. Zweifelsohne wird die Novellierung des JMStV (Jugendmedienschutz-Staatsvertrag) Folgen für die zukünftige Nutzung des Internets haben. Meines Erachtens sind diese jedoch nicht so gravierend, wie von Ihnen befürchtet.
Die Diskussion innerhalb der FREIE Wähler Fraktion im Bayerischen Landtag verliefen vor allem vor dem Hintergrund des Jugendschutzes und der Prävention. Dabei ist die Vorgehensweise, den Nutzer selbst darüber entscheiden zu lassen, welche "Filteroptionen" er wählt, mit unserem Verständnis von Freiheit im Netz durchaus vereinbar. Nach langen und durchaus kontroversen Diskussionen sowie fachkundiger Beratung wurde die Zustimmung zum JMSt beschlossen.
Persönlich bin ich der Meinung, dass die Ausweitung der freiwilligen Alterskennzeichnung durch die Inhalteanbieter, mit dem Rückgriff auf das geltende Jugendschutzgesetz, einen richtigen Schritt darstellt. Die Vorstellung, ein Alterskennzeichnungssystem auf mittlere Frist zu schaffen, welches alle Medien einschließt, begrüße ich - wohl wissend, dass Internetseiten einer zeitlichen Dynamik unterworfen sind und damit eine Einstufung bzw. Bewertung im Vergleich zu anderen Medien schwieriger ist. Unbestritten ist, dass es in der Umsetzung anfangs auch Herausforderungen geben wird. Umso wichtiger ist der rege Dialog von Politik, Nutzern und Experten zum Thema.
Am Ende werden derartige Richtlinien und Einstufungen aus meiner Sicht naturgemäß nur eine eindämmende Wirkung haben. Grundlegend ist letztlich die Stärkung der Medienkompetenz der Kinder und Jugendlichen. Dies ist eine umfassende Aufgabe, die neben einer kontinuierlichen Aufklärung durch Politik und Medien vor allem, wenn nicht sogar nur, durch Eltern und Schule geleistet werden kann.
Vielleicht, so meine berechtigte Hoffnung, wird verantwortungsvollen Eltern im Zuge der öffentlichen Diskussion um die Alterskennzeichnung bewusst, dass sie letztlich mit ihren Kindern gemeinsam altersgerechte Inhalte besprechen und dann entsprechend die Einstellungen an ihrem "Heim-Computer" vornehmen müssen.
Ich hoffe, Ihre Frage zufriedenstellend beantwortet zu haben und schicke Ihnen beste Grüße aus München!
Claudia Jung