Frage an Christopher Paun von Taina G. bezüglich Recht
Herr Paun,
sind Sie – entgegen Behauptungen auf Ihrer Website:großer Lauschangriff ,Grüne stimm-ten zu … jedes Mal war nur die FDP konsequent dagegen– bereit zur Kenntnis zu nehmen, dass
1.Guido Westerwelle als damaliger Generalsekretär der FDP im Spätherbst 1995 eine Urabstimmung aller FDP-Mitglieder zum Großen Lauschangriff initiierte, wo 63,6% aller Mitglieder Ihrer Bürger-rechtspartei eine Verankerung des Großen Lausch-angriffs im Grundgesetz forderten?
2. dass am 16.1.1998 im Bundestag in namentlicher Abstim-mung 34 gegen nur 10 FDP Abgeordnete der Aufnahme des Großen Lauschangriffsbefugnis ins Grundgesetz zustimmten, jedoch alle Grünen Abgeordneten geschlossen dagegen? ALLE FDP-Abgeordnete inkl. Frau Leutheusser außer Herrn Hirsch gegen den grünen Antrag stimmten, unbe-schadet weitergehender grüner Ablehnung WENIG-STENS die Berufsgeheimnisträger (Pfarrer, Ärzte, Anwälte, Journalisten etc) und ihre Patienten, Klie-nten etc. im GG vom Lauschangriff auszunehmen?c)ALLE FDP-Abgeordneten ohne einzige Gegenstim-me dem Ausführungsgesetz zum Lauschangriff zu-stimmten?
3. dass das Bundesverfassungsgericht am 3.3.2004 dieses von der FDP mitverantwortete Ausführungsgesetz als weitestgehend verfassungs-widrig beanstandete und zwei Verfassungsrichter auch die zugrunde liegende Grundgesetzänderung?
4. dass dem nach diesen BVerfG-Vorgaben nötigen rotgrünen Reperaturgesetz die FDP im Bundestag keineswegs grundsätzlich widersprach, wie ihr Köl-ner Bundesparteitag am 7.5.2005 verlangte, son-dern am 11.5.2005 im Rechtsausschuß prinipiell einverstanden war und nur vier kleine Änderungen beantragte, die jedoch den rotgrünen Gesetzent-wurf zulasten der Bürgerrechte und Privatsphäre verschlechtert hätten?
5. dass die FDP-Justiz-minister aus Rheinland-Pfalz und BaWü am 27.5.2005 im Bundesrat für Verschärfungen dieses Gesetzentwurfs sowie dazu für Anrufung des Ver-mittlungsausschusses stimmten?
Wie kann ich an-gesichts dessen von Ihnen als Volksvertreter mehr Ehrlichkeit erwarten?
Sehr geehrte Frau Gärtner,
vielen Dank für Ihre Frage. Ich freue mich, dass Sie meine Internetseite so genau studiert haben. Vor dem Satz, den Sie zitieren, steht „Die Grünen schmücken sich zwar mit dem Image der Bürgerrechtspartei, tragen aber Otto Schilys Law & Order-Politik mit.“ In diesem Kontext ist meine Aussage richtig. Mir ist natürlich bekannt, dass die FDP in Sachen Bürgerrechte vor 10 Jahren einen erheblichen Fehler gemacht hat. Über das Ergebnis der Urabstimmung zum Großen Lauschangriff von 1995 war ich selbst so enttäuscht, dass ich nicht FDP-Mitglied geworden bin. Ich habe mich stattdessen entschieden lediglich den Jungen Liberalen beizutreten, die in Sachen Bürgerrechten wesentlich konsequenter waren. Ich habe dann gemeinsam mit den Jungen Liberalen an der Veränderung der Beschlusslage der FDP gearbeitet. Als uns das im Jahr 2000 zum Thema Aussetzung der Wehrpflicht gelungen ist, habe ich mich entschlossen der FDP beizutreten und diese auch von Innen zu verändern. Das ist uns in vielen Punkten gelungen und ich habe mich besonders gefreut, als wir auf dem Bundesparteitag in diesem Jahr in Köln einen Änderungsantrag zum Thema Großer Lauschangriff eingebracht haben und von der Mehrheit der Partei unterstützt wurden. Damit hat die FDP ihren Fehler von damals korrigiert. Die Mehrheit der FDP ist jetzt gegen den großen Lauschangriff.
Dass es noch immer einzelne FDP-Mitglieder gibt, die hier eine andere Position vertreten, finde ich natürlich Schade, muss ich aber akzeptieren, da ich bei einer anderen Mehrheitsentscheidung auch weiter meine Position vertreten würde.
Ich teile Ihre Auffassung übrigens nicht, dass das „Gesetz zur Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zur akustischen Wohnraumüberwachung“ ein „nötiges rotgrünes Reparaturgesetz“ ist, wie Sie das formulieren. Der Bundesregierung ist es mit ihrem Gesetzentwurf nicht gelungen, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts verfassungskonform umzusetzen.
Der Gesetzentwurf enthält kein absolutes Überwachungsverbot für Gespräche, die den Kernbereich privater Lebensgestaltung berühren. Damit wird eine der zentralsten Aussagen des Urteils nicht umgesetzt. Der Gesetzentwurf statuiert vielmehr eine allgemeine Eingriffsbefugnis und nennt die Bedingungen, wann abgehört werden darf. Diese Umkehr von Verbot und Eingriffsbefugnis entspricht nicht dem Wortlaut des Urteils des Bundesverfassungsgerichts. Der Gesetzentwurf übernimmt darüber hinaus nicht die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellte regelmäßige Vermutung, dass Gespräche in Privatwohnungen grundsätzlich dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind. Der Gesetzentwurf übernimmt nicht die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellte regelmäßige Vermutung einer Kernbereichsrelevanz bei Gesprächen unter Familienagehörigen. Der Gesetzentwurf verzichtet zudem auf das vom Bundesverfassungsgericht aufgestellte Erfordernis, wonach grundsätzlich jede Verwendung einer Aufnahme einer gerichtlichen Überprüfung bedarf. Die FDP-Bundestagsfraktion hat diesem Gesetz nicht zugestimmt.
Ich habe mich über das Urteil sehr gefreut, dass nicht von Grünen, sondern von drei Liberalen (und exponierten FDP-Mitgliedern) erstritten wurde. Dass es nach wie vor FDP-Mitglieder mit einer anderen Meinung gibt, ist in einer demokratischen und liberalen Partei nun mal unumgänglich. Die Mehrheitsmeinung der FDP stimmt in diesem Punkt allerdings mit meiner persönlichen Meinung überein: eindeutig gegen den großen Lauschangriff.
Ich hoffe ich konnte Ihre Frage ausreichend beantworten.
Mit internetten Grüßen
Christopher Paun