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Frage von Oskar F. •

Frage an Christopher Paun von Oskar F. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Paun,

ich habe gelesen, dass Sie gegen eine Reihe von neuen technischen Instrumenten bei der Verbrechensbekämpfung sind. Warum stellen Sie sich so gegen den technischen Fortschritt? Wenn die Verbrecher und Terroristen technisch aufrüsten, dann müssen Doch die Sicherheitsbehörden auch die Chance haben, neue Technik zu erhalten.

Warum sind Sie z.B. konkret gegen den neuen fälschungssichereren Pass mit biometrischen Daten?

Ich bin gespannt auf Ihre Antwort

MfG

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Fanea,

vielen Dank für Ihre Frage. Ich teile Ihre Auffassung, dass die Polizei nicht mit veralterter Technik arbeiten sollte. So braucht unsere Polizei z.B.dringen digitale Funktechnik. Derzeit ist der Polizeifunk in Deutschland noch analog. Das einzige Land in Europa, dass eine ebenso rückständig Funktechnik einsetzt ist Albanien!!!

Ich sage also ganz eindeutig JA zu neuer Technik für die Polizei. Man muss aber genau hinschauen, mit welchen neuen Techniken und vor Allem Befugnissen man die Bürgerrechte von uns allen einschränkt, und mit welchen nicht.

Mehr Technik bringt nicht unbedingt mehr Sicherheit. Auch mehr Überwachung bringt nicht mehr aufgeklärte Straftaten. Kriminelle werden immer Wege und Möglichkeiten finden, technische Geräte zu überlisten. Dinge wie die verdachtsunabhängige massenhafte Vorratsdatenspeicherung, der sogenannte „große Lauschangriff“, Telefonüberwachung und eben die Speicherung biometrischer Daten in Pässen helfen nicht bei der Verbrechensbekämpfung, sondern machen den Bürger mehr und mehr zu einem „gläsernen Bürger“.

Ab November 2005 werden in allen neu beantragten Pässen biometrische Daten gespeichert. Zunächst soll nur das Gesichtsbild digital vermessen und erfasst werden, es ist allerdings schon geplant, noch weitere Merkmale zu speichern. Der RFID-Speicherchip hat bereits jetzt eine Kapazität, um darauf auch einen Fingerabdruck, einen Iris-Scan und die Handgeometrie zu speichern.

Der RFID-Chip kann technisch auf eine Entfernung von bis zu 30 Metern ausgelesen werden. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Verschlüsselung geknackt ist oder sich Hacker in den Computer einer Passkontrolle eingeschaltet haben und so alle Daten auslesen. Sowohl Daten-Diebe als auch der Staat könnte die einmal vorhanden Daten nutzen, um Leute automatisiert per Computer zu identifizieren. Das ist besonders gefährlich in Zusammenhang mit Video-Überwachung: Ein Computer könnte die Video-Bilder von Überwachungskameras automatisch auswerten, alle Leute auf den Bildern erkennen, von ihnen Bewegungsprofile erstellen und diese abspeichern. Der beste Schutz vor solchem Datenmissbrauch ist es, die Daten erst gar nicht an Dritte weiterzugeben.

Das Argument, derjenige, der nichts zu verheimlichen hat, muss auch mit einer Überwachung einverstanden sein, ist nicht zu akzeptieren. Die Privatsphäre ist ein Grundecht, für das man sich nicht rechtfertigen muss – es steht jedem zu. Wenn es möglich ist, jeden unschuldigen Bürger nur aufgrund eines Anfangsverdachts zu überwachen, sind wir schon zu weit gegangen.

Der Fall in Hamburg zeigt erschreckend, wie weit wir mit der Überwachung schon gekommen sind: Jemand hört zwei arabisch aussehende Personen von Allah reden und informiert sofort die Polizei. Diese identifiziert die beiden aufgrund der Bilder aus der Überwachungskamera des Busses und hält sie 24 Stunden fest, obwohl sie sich nichts haben zu Schulden kommen lassen. Finden Sie das richtig?

Kriminalitätsbekämpfung geht auch ohne die Einschränkung von Bürgerrechten. Es ist wichtig, die bestehenden Gesetze richtig auszuführen. Die allgemeine Panik vor möglichen Anschlägen sollte uns nicht zu unüberlegten Handlungen treiben, die mehr und mehr die Rechte des Bürgers aushöhlen.

Ich hoffe Ihnen mit dieser Antwort geholfen zu haben.

Mit internetten Grüßen

Christopher Paun