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Christoph Pries
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Frage von Angelika B. •

Frage an Christoph Pries von Angelika B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Pries,

die medienintensive öffentliche Diskussion über Diätenerhöhung oder Wahl des Bundespräsidenten nervt! Es wird der Eindruck erweckt, dass viele Abgeordnete nur damit beschäftigt wären.

Gleichfalls jettet Frau Merkel von einem Auslandstermin zum nächsten, während unser Land Reformen bräuchte, die gegen eine Verarmung steuern.

Ich bin seit Jahren berufstätig, zahle brav meine Steuern und befinde mich noch in einer relativ guten Position - doch Spaß macht es nicht mehr zu arbeiten und am Ende nichts mehr übrig zu haben, bei all den Lasten, die uns abgefordert werden! Noch nie war meine Politikverdrossenheit so groß und noch nie waren mir Entscheidungen dieser jetzigen Koalition so unverständlich.

Das ist Politik am Volk vorbei, sie brauchen sich nur umzusehen und in die Gesichter der Menschen zu blicken. Auch in ihrer Nachbarschaft wird es Leute geben, die nicht wissen was sie ihren Kindern am Morgen zu Essen geben oder wie man am nächsten Tag zur Arbeit kommt. Unhaltbare Zustände!

Wie ich haben viele einfach die Nase voll vom billigen politischen Aktionismus, der die Probleme nicht löst, sondern diese vielmehr beständig verschlimmert. Für die meisten Menschen ist es schlicht nicht akzeptabel, 50 Prozent der eigenen Lebensarbeitszeit dafür zu vergeuden, die Fehlleistungen der Politik zu finanzieren. Kann es da noch ernsthaft verwundern, dass mittlerweile mehr als 50 Prozent der Bürger an der Sinnhaftigkeit der Demokratie zweifeln? Wollen Sie unbedingt als die Insolvenzverwalter der Bundesrepublik in die Geschichte eingehen?

In meinem Fall haben Sie durch staatlichen Zwang, Regulierung, Steuer- und Abgabenenteignung das hinnehmbare Niveau überschritten. Ich wünsche und fordere für dieses Land eine Weichenstellung für die Zukunft.

Meine hoffnungsvolle Frage an Sie: Welche Maßnahmen werden konkret in meinem Wahlbezirk ergriffen um dieser Entwicklung entgegenzuwirken?

Angelika Bone

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Sehr geehrte Frau Bone,

vielen Dank für Ihren Eintrag bei abgeordnetenwatch.de

Auch ich bin nicht glücklich über die Prioritätensetzung der Medien bei ihrer politischen Berichterstattung. Natürlich wäre es mir viel lieber, die Medien würden über das berichten, was in Berlin geleistet wird, statt jeden Erfolg klein zu reden und die Abgeordneten als in erster Linie auf die eigenen Interessen fixiert darzustellen. Allerdings hat man als Abgeordneter des Deutschen Bundestages auf die Berichterstattung der Medien keinerlei Einfluss und das ist -- angesichts unserer verfassungsmäßig garantierten Pressefreiheit -- auch gut so.

Auch stimme ich Ihnen zu, dass Frau Merkel statt außenpolitische Akzente zu setzen, sich besser um inländische Problemstellungen kümmern sollte. Wehren muss ich mich allerdings nachdrücklich dagegen, dass Ihrer Meinung nach Probleme nicht gelöst, sondern lediglich verschlimmert werden. Diese Aussage ist eindeutig falsch:

* Über 563.000 weniger Arbeitslose als im Vorjahr zeigen, dass der Durchbruch auf dem Arbeitmarkt geschafft ist. Mit rund 3,3 Millionen arbeitslosen Menschen liegt die Arbeitslosigkeit so niedrig wie seit 15 Jahren nicht mehr. Gleichzeitig stehen erstmals seit fast einem Jahrzehnt mehr Ausbildungsplätze zur Verfügung als nachgefragt werden

* Die Sozialversicherungsbeiträge liegen wieder unter 40 Prozent. Der Arbeitslosenversicherungsbeitrag ist Anfang 2007 von 6,5 Prozent auf 4,2 Prozent und Anfang 2008 auf 3,3 Prozent gesunken. So niedrig war der Beitrag seit der Wiedervereinigung nicht mehr.

* Das 25-Milliarden-Euro-Paket zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung setzt Impulse für mehr Wachstum und Arbeit. Wir investieren in Mittelstand, Technologie, Verkehr, Familie und private Haushalt.

* Wir geben mit unserer Haushalts- und Finanzpolitik Impulse zur Stabilisierung und Stärkung des wirtschaftlichen Aufschwungs, konsolidieren den Haushalt, senken die Nettokreditaufnahme und verändern den Haushalt strukturell. Im Jahr 2007 lag die Nettokreditaufnahme so niedrig, wie seit der Wiedervereinigung nicht mehr. Erstmals seit 2001 hat Deutschland 2006 das Maastricht-Defizitkriterium eingehalten. Ziel muss sein, von der gigantischen Staatsverschuldung wegzukommen, denn nur so haben künftige Generationen überhaupt noch politischen Handlungsspielraum.

* Die SPD hat die sogenannte Reichensteuer durchgesetzt, damit sich Spitzenverdiener wieder stärker an der Finanzierung öffentlicher Aufgaben beteiligen. Das haben wir im Wahlprogramm gefordert und in der Koalition durchgesetzt. Gleichwohl zahlen bereits jetzt die oberen 10 Prozent der Steuerpflichtigen fast 60 Prozent des gesamten Einkommssteueraufkommens. Die unteren 50 Prozent tragen dazu gerade mal 6,3 Prozent bei.

* Auf Initiative der SPD hat die Große Koalition das Elterngeld eingeführt. Mit dem Elterngeld lassen sich Familie und Beruf besser als bisher miteinander vereinbaren. Mit der Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten setzen wir Anreize für neue Beschäftigung in privaten Haushalten und unterstützen gezielt Familien mit erhöhtem Betreuungsaufwand. Erstmals seit vielen Jahren verzeichnet die Geburtenstatistik für Deutschland wieder eine Zunahme der Geburtenzahlen.

* Gegen den Widerstand der Union haben wir den Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz ab dem 1. Lebensjahr ab 2013 durchgesetzt. Mit dem Rechtsanspruch stellen wir sicher, dass Eltern einen Betreuungsplatz für ihre Kinder bekommen und dass die Gelder, die der Bund den Ländern zur Verfügung stellt, auch in den Ausbau der Krippen und Kitas investiert werden.

* In dieser Legislaturperiode stehen 6 Milliarden Euro zusätzlich für Forschungs- und Entwicklungsvorhaben zur Verfügung. Wir leisten mit diesem Programm einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung des 3-Prozent-Ziels, das die europäischen Staats- und Regierungschefs im Jahr 2000 vereinbart haben: Bis 2010 soll der Forschungs- und Entwicklungsanteil am Bruttoinlandsprodukt in der EU auf 3 Prozent wachsen.

* Mit der Initiative 50plus geben wir ein verbindliches Signal an Gesellschaft und Wirtschaft, dass nicht nur eine Umorientierung in der Haltung zur Rolle der Älteren notwendig ist, sondern dass diese Umorientierung auch konkrete Verhaltensänderungen folgen müssen.

* Mit der Gesundheitsreform haben wir unser Gesundheitssystem weiter entwickelt und die Grundlage dafür geschaffen, dass auch in Zukunft allen Menschen in Deutschland eine qualitativ hochwertige Versorgung im Krankheitsfall zur Verfügung steht. Drei entscheidende Maßnahmen haben wir durchgesetzt: Erstens ist künftig jeder gegen das Risiko Krankheit versichert. Zweitens gilt in Zukunft, Prävention vor Behandlung und Rehabilitation vor Pflege. Und Drittens bleibt Gesundheit bezahlbar. Wir haben Wettbewerb unter den Kassen ermöglicht und Instrumente entwickelt, die zu einer effizienten Verwendung der Mittel führen.

* Wir haben die Umweltpolitik auf eine neue Grundlage gestellt, die Umwelt, Innovation und Beschäftigung nicht mehr als Gegensatz, sondern als Einheit begreift. Wir werden uns auch zukünftig für eine massive Senkung des Energieverbrauchs, für den Neubau effizienterer Kraftwerke und für den drastischen Ausbau der erneuerbaren Energien einsetzen.

Dieser Katalog ließe sich noch beträchtlich verlängern und zeigt, dass die Koalition ihre Hausaufgaben gemacht und zahlreiche Weichenstellungen für Gegenwart und Zukunft gesetzt hat. Ihre Pauschalkritik kann ich daher nicht nachvollziehen. Natürlich, wegen der auf breiter Front steigenden Preise und der Inflation bleibt vielen Menschen netto nicht viel mehr übrig als vorher. Angesichts der unstrittig erreichten Erfolge jedoch von "politischen Fehlleistungen" zu sprechen, zeugt von einer seltsam verzerrten Wahrnehmung angesichts der Herausforderungen durch Globalisierung und demografische Entwicklung in unserem Land.

Mit freundlichen Grüßen

Christoph Pries, MdB