Christoph Mohs
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Frage von Felix S. •

Frage an Christoph Mohs von Felix S. bezüglich Verkehr

Ich fahre viel per Bahn und fahre öfters nach oder über Stuttgart. Ich habe Fragen an alle Landtagskandidaten in Stuttgart.
Wie stehen sie zu Stuttgart 21 (S 21)?
Wie stehen Sie zu den Aussagen, dass der Ausstieg aus dem Projekt jetzt noch immer günstiger ist, als der Weiterbau? http://www.bei-abriss-aufstand.de/2016/02/14/presseerklaerung-des-aktionsbuendnisses-gegen-s21-gutachten-zu-ausstiegskosten/
Falls Sie oder ihr Koaltionspartner für S 21 sind, setzen Sie sich dafür, dass der Kopfbahnhof erhalten bleibt und im Tunnel nur 4 Gleise verlaufen?
Das hat viele Vorteile.
Der Kopfbahnhof ist leistungsfähiger als der 8 gleisige Tunnelbahnhof.
Die Bahnsteigbreite im Tunnel kann mehr als verdoppelt werden, ein sicheres Brandschutzkonzept mit großen Fluchtwegen wird möglich.
Diesel- und Museumzüge können nicht den Tunnel nutzen und brauchen den Kopfbahnhof.
Auf dem Kopfbahnhof können beginnende oder endende Züge länger am Bahnsteig stehen, so dass man sehr oft schon einige Zeit vor der Abfahrt im Zug gemütlich platz nehmen kann, Im Tunnel ist das aus Fahrplangründen nicht möglich.
Der Umstieg zwischen den Zügen ist im Kopfbahnhof barrierefrei.
Da eine Verkehrswende deutlich mehr Zugverkehr erfordert und die Verlängerung von Zugfahrten nach Stuttgart erfordert, die weit vor der Landeshauptstadt enden, ist es für mich zwingend, den Kopfbahnhof in voller Gleiszahl zu erhalten bzw. durch eine Neuordnung der Gleise und Bahnsteige sogar noch zu vergrößern.
Ich habe Sorge, dass Stuttgart 21 künftig der Flaschenhals im Bahnverkehr wird, der durch seine Engpässe den Fahrplan in ganz Deutschland negativ beeinflusst. Noch ließe sich dass durch Erhalt des Kopfbahnhofes verhindern.

Antwort von
BüSo

Sehr geehrter Herr Staratschek,

die Bürgerrechtsbewegung Solidarität (BüSo) setzt sich als einen ihrer Hauptschwerpunkte für eine Weiterentwicklung der grundlegenden Infrastruktur mit modernen Technologien ein. Diese Weiterentwicklung sollte im 21. Jahrhundert international koordiniert werden, denn ein gemeinsames Europa braucht auch ein gemeinsames Verkehrskonzept.

Aufgrund der Sparpolitik der letzten zweieinhalb Jahrzehnte sind die Planungen für die Transeuropäischen Netze zur Modernisierung Ost- wie Westeuropas von Anfang an unterfinanziert und verzögert worden, außerdem ist die Chance auf die Einführung moderner Verkehrstechnologien wie den Transrapid im länderübergreifenden Güter- und Personenverkehr verpasst worden.

Bei den Überlegungen und Planungen zum Stuttgarter Hbf wird dieser zentrale Aspekt vielfach vergessen bzw. komplett ausgeblendet, ohne ihn macht aber eine Debatte zum Für und Wider des Projekts S21 überhaupt keinen Sinn. Wenn wir diesen Aspekt jedoch berücksichtigen und davon ausgehen, daß eine zunehmend vernetzte und hoffentlich entwickelte Welt einen deutlich erhöhten Transportbedarf haben wird, dann liegen Sie mit Ihrer Annahme sicher richtig, daß die Kapazitäten der jetzigen Planungen nicht ausreichen werden, um den Bedarf zu decken. Man sollte aber nicht den Fehler begehen, nun aus dem Projekt komplett auszusteigen oder überhaupt die Kostenkriterien immer an die erste Stelle der Planungen zu setzen, sondern man sollte es multimodal erweitern: dafür wäre die Schaffung eines modernen Logistik-Umschlagplatzes im Herzen der Landeshauptstadt mit entsprechender Gütertransportanbindung an die mittelständischen Unternehmen etc. (Stichwort: CargoCab, siehe www.cargocap.de) der aus unserer Sicht richtige Denkansatz, desgleichen eine nochmalige Überprüfung der Überlegungen zur Einführung des Transrapid.

Wenn Stuttgart bei diesen Technologien eine Vorreiterrolle übernehmen würde, dann könnte die produktivitätssteigernde Wirkung dieser Transportsysteme nicht nur eine ökonomisch sinnvolle Wirkung entfalten, die die zusätzlichen Kosten ohne weiteres wieder hereinholen, sondern auch eine ökologische Verbesserung darstellen, was im Hinblick auf die Feinstaubbelastung und die permanenten Staus auf den Straßen eine deutliche Entlastung ergäbe.

Mit freundlichen Grüßen,

Christoph Mohs

Antwort von
BüSo

Sehr geehrter Herr S.,

die Bürgerrechtsbewegung Solidarität (BüSo) setzt sich als einen ihrer Hauptschwerpunkte für eine weitgreifende Modernisierung der grundlegenden Infrastruktur weltweit ein, und damit auch hier im Südwesten Deutschlands, der nach wie vor mittelständisch geprägt und gerade im Hochtechnologiesektor z.T. weltführend ist.

Im 21. Jahrhundert muß eine derartige Modernisierung stets international gedacht und umgesetzt werden, da im Zeitalter der Globalisierung die Vernetzung nicht zuletzt der Verkehrsinfrastruktur eben auch international kompatibel ausgeführt werden sollte. Dies bedeutet für das Verkehrsprojekt Stuttgart 21, daß es immer im Hinblick auf eine zumindest europaweit geplante Infrastrukturentwicklung betrachtet werden muß, wie sie nach dem Fall des Eisernen Vorhangs mithilfe der sog. Transeuropäischen Netze auch anvisiert worden war.

Leider wurde der Bau dieser europäischen Hauptverkehrskoridore durch die seit zweieinhalb Jahrzehnten betriebene EU-Sparpolitik massiv verzögert und sukzessive reduziert, sodaß die ursprüngliche Intention einer dadurch angestrebten Produktivitätssteigerung insbesondere der osteuropäischen Volkswirtschaften nicht nur nicht erzielt werden konnte, sondern im Gegenteil die Degeneration seit der Wiedervereinigung in weiten Teilen Ost- wie Westeuropas weiter fortgeschritten ist.

Deshalb muß nun eine erneute Anstrengung unternommen werden, die Verkehrsinfrastruktur Europas auf eine vollkommen neue Stufe zu entwickeln. Der Umbau des Stuttgarter Hauptbahnhofs bietet dazu eine ausgezeichnete Gelegenheit: Wenn im Herzen einer der produktivsten Regionen weltweit ein Logistik-Umschlagplatz mit modernen Verkehrs- und Transporttechnologien wie dem Transrapid und dem CargoCap-System (siehe www.cargocap.de) entwickelt würde, könnte dies eine Sogwirkung erzeugen, die zum Einen neue Standards in moderner Transportlogistik setzen und die mittelständischen Unternehmen hierzulande mit entsprechenden Aufträgen versorgen würde, zum Anderen aber einen Meilenstein im Hinblick auf den Umweltschutz bedeuten würde, weil durch die Verlagerung eines Gutteils des Güter- und Personentransports auf die Schiene der Straßenverkehr massiv entlastet und damit der Feinstaubbelastung und dem Verkehrsinfarkt entschieden entgegengewirkt werden könnte.

Hierzu ist allerdings ein Umdenken in der Investitionsstrategie in Europa zwingend notwendig: es darf nicht mehr länger gelten, daß der Kostenfaktor von vornherein zur Verhinderung jedweder Investition herangezogen wird, sondern jede geplante Investition muß auf ihre produktivitätssteigernde Wirkung hin überprüft werden. Je produktiver sie ausfällt, desto mehr Geld sollte dafür in die Hand genommen werden -- wir müssen das 'Schwarze Null'-Denken aus unseren Köpfen bekommen, ansonsten wird sich Deutschland und Europa nie aus der Finanzkrise erheben können.

Mit freundlichen Grüßen und im Namen der Stuttgarter Kandidaten der BüSo

Christoph Mohs