Frage an Christoph Konrad von Peter F. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Hänsch,
meines Wissens haben die Rechtsanwälte für ihre Dienstleistungen eine feststehende Gebührenordnung, die sich nach dem Streitwert richtet und jeglichen Wettbewerb (Kokurrenz) der Anwälte untereinander über den Preis ihrer Dienstleistung ausschließt.
Gibt es eine Initiative der EU-Kommission, diesen Markt für den Wettbewerb zu öffnen und somit (wie in vielen anderen Bereichen, z.B. Energie- oder Telekommunikationssektor) die Preisstruktur für den Verbraucher angenehmer zu gestalten?
Mit freundlichem Gruß
Peter Fischer, 21 (Student)
Sehr geehrter Herr Fischer,
vielen Dank für Ihre Anfrage bezügl. Rechtsanwaltskosten, die Sie zwar an Herrn Hänsch adressiert, aber auch an mich gesandt haben. Ich will Ihnen meine Meinung dazu gerne mitteilen.
Da es sich um eine der vier Grundfreiheiten des EU-Binnenmarktes handelt, haben EU-Kommission, -Parlament und Rat der EU in den letzten Jahren auch Initiativen auf den Weg gebracht, um die Dienstleistungsfreiheit zu fördern, vor allem durch die sog. Dienstleistungs-Richtlinie, die 2006 nach intensiver Debatte verabschiedet worden ist und grenzüberschreitende Dienstleistungen erleichtern soll.
Aus verschiedenen Gründen sind allerdings u.a. "Freie Berufe" wie etwa Rechtsanwälte von der allg. Dienstleitungsfreiheit ausgenommen und durch andere Vorgaben, etwa die Berufsqualifizierungs-Richtlinie, geregelt. Nationale Gesetze sind hier ausschlaggebend; so müssen bei Vertretung durch einen Anwalt in der Bundesrepublik Deutschland die Kosten nach dem deutschen "Rechtsanwaltsvergütungsgesetz" erfolgen. Da dies die - notwendige - Gleichheit der Bürger im Streitfall vor Gericht garantiert, ist dies m.E. nach auch die richtige Lösung.
Trotz des grundsätzlichen Ziels, den EU-Binnenmarkt weiter zu vollenden, gibt es Bereiche des Wirtschaftslebens - wie z.B. die Daseinsvorsorge oder eben auch bestimmte Dienstleistungen wie Anwalttätigkeiten - die an nationalen Bedingungen ausgerichtet sein sollten, damit alle Bürger Zugang zu diesen Dienstleistungen gleicher Qualität behalten. Ungehinderter Wettbewerb könnte in diesem Bereich eine Ungleichheit herstellen, die ich im Sinne eines sozial ausgewogenen Europa eher kritisch sehe.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Christoph Konrad, MdEP