Frage an Christoph Ahlhaus von Carola H. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Ahlhaus!
Ich wende mich heute an Sie als Mitglied des Innenausschusses bzgl. des Polizeieinsatzes am Samstag, 5.11.2005 am Nobistor, Altona/St.Pauli. Dort wollte ich die Veranstaltung der Weltbühne besuchen, wurde aber von der Polizei stundenlang daran gehindert.
In einem benachbarten Veranstaltungsraum veranstalteten rechte Jugendliche ein Konzert, das von der Polizei vor einer großen Zahl aufgebrachter Bürger geschützt wurde. Während BesucherInnen der Weltbühne abgewiesen wurden, wurde den Nazis ein Spalier gestellt um deren sichere An- und Abreise zu gewährleisten. Die Vermieter der Räumlichkeiten wandten sich über Lautsprecher an die Öffentlichkeit und forderten die Polizei auf, die Veranstaltung zu beenden, da in den Räumen keine Bands auftreten durften und damit ein Vertragsbruch vorlag. Die Polizei weigerte sich jedoch beharrlich, den Ort zu räumen und berief sich auf die legale Vermietung der Räume.
Ich war schon öfter auf Veranstaltungen im alten C&A-Gebäudekomplex am Nobistor und habe auch schon mehrfach erlebt, daß die Polizei wegen Kinkerlitzchen anrückt und eine Reduzierung der Lautstärke fordert. Bei besagtem Nazi-Konzert störte das scheinbar überhaupt nicht und alle anderen Veranstaltungen im Haus mußten dem Nazi-Konzert weichen oder stundenlang verschoben werden, weil die Polizei niemanden hinein ließ.
Jetzt meine Fragen:
- Mit welchem Maß wird hier gemessen? Gibt es unterschiedliche Auffassungen des Innensenators bzw. des Innenausschussen wie mit Ruhestörungen umgegangen wird, je nach dem, wer sie verübt?
- Ist die Polizei von Ihren Kräfteverhältnissen nicht in der Lage eine solche verfassungswidrige Veranstaltung zu räumen oder trauen sie sich nicht, sich mit den Nazis anzulegen?
- Am schlimmsten fand ich, daß Polizisten, die auf laute "Sieg Heil"-Rufe aufmerksam gemacht wurden mit einem dummen Grinsen meinten, ihr Helm sei zu dick um dies zu hören. Herr Ahlhaus, solch kleingesitigem Personal dürfen sie doch nicht die wichtigen polizeilichen Aufgaben übertragen!
Ich bitte Sie, neben einer Stellungnahme hier den Vorfall im Innenausschuß anzusprechen und den Innensenator auf die gravierenden Mißstände in seiner Behörde aufmerksam zu machen. Sobald die Polizei mit zweierlei Maß mißt, abhängig davon wen es gerade betrifft, kann eine faschistische Tendenz auf jeden Fall unterstellt werden. Bitte sorgen Sie dafür, daß dies rechtzeitig wieder abgestellt wird und der Ruf der Stadt Hamburg nicht zu Schaden kommt!
MIt freundlichen Grüßen,
Carola Heimann-Seitz
Sehr geehrte Frau Heimann-Seitz,
vielen Dank für Ihre Fragen vom 12.11.2005, die Sie über die Internetseite "abgeordnetenwatch.de" gestellt haben. Sie thematisierten den Polizeieinsatz anlässlich einer privaten Feier am Nobistor.
Aus meiner Sicht gibt es keine Beanstandungen an dem besagten Polizeieinsatz. Ich möchte mich ausdrücklich vor die handelnden Beamten stellen. Ich kann kein Fehlverhalten feststellen.
Sofern Ihnen nicht alle Fakten des Einsatzes bekannt sein sollten, möchte ich Ihnen diese gerne nachreichen:
Der Polizei war für den 05.11.2005 von einer Privatperson eine nicht anmeldepflichtige, private Geburtstagsfeier (als geschlossene Gesellschaft) mit Live-Musik schriftlich angekündigt. Diese Ankündigung erfolgte am 27.10.2005. Als am 05.11.2005 die ca. 300 Teilnehmer den Veranstaltungsort im Nobistor 24 aufsuchten, wurden dorthin gegen 20.15 Uhr Polizeikräfte entsandt. Der Veranstalter wurde mehrfach während der Veranstaltung in Telefonaten und in direkten Gesprächen aufgefordert, die Fenster geschlossen zuhalten und die Lautstärke der Musik zu reduzieren.
Gegen 21.00 Uhr stellte die Polizei fest, dass sich 70-80 Personen der linken Szene im Bereich des Veranstaltungsortes befanden. Diese Personen warfen teilweise Flaschen gegen das Veranstaltungsgebäude. Gegen 23.00 Uhr war diese Gruppe auf ca. 200 Personen angewachsen, die teilweise vermummt waren, Feuerwerkskörper und Flaschen auf Gebäude und Polizeibeamte feuerten.
Ein Aufeinandertreffen der Personen der linken Szene sowie der Veranstaltungsteilnehmer konnte verhindert werden, da die Besucher der Veranstaltung mit HHA-Bussen den Veranstaltungsort verließen.
Zu keinem Zeitpunkt wurde die Polizei darüber informiert, dass der Mietvertrag über die Veranstaltungsräume von Seiten der Vermieterin gekündigt worden sei. Strafantrag bzw. Strafanzeige ist ebenfalls nicht gestellt worden. Die Polizei hat keine Parolen strafbaren Inhalts festgestellt.
Zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung wurden gemäß dem Hamburger SOG Absperrmaßnahmen getroffen. Dadurch war ein ungehinderter Zugang in den abgesperrten Bereich bis zur Beendigung der Veranstaltung nicht möglich. Eine generelle Abweisung von Personen fand jedoch nicht statt. Einzelpersonen und kleine Personengruppen, die den äußeren Umständen nach nicht den Störern zuzuordnen waren, konnten die polizeilichen Absperrungen passieren und wurden zu den Veranstaltungsorten begleitet.
Von einer faschistischen Tendenz der Polizeibeamten zu sprechen, halte ich für untragbar und ich verurteile Ihre unhaltbaren Vorwürfe auf das Schärfste.
Hochachtungsvoll
Christoph Ahlhaus MdHB