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Christine Haderthauer
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Frage von Johannes G. •

Frage an Christine Haderthauer von Johannes G. bezüglich Energie

Sehr geehrte Frau Haderthauer,

es tut mir leid, wenn ich weiter auf der Atomenergie herumreiten muss, während es auch so viele andere wichtige Themen gibt.

1. Worin gründet ihr Vertrauen auf die Sicherheit der Atomkraftwerke? Die Deutsche Risikostudio Atomkraftwerke (DRS-B), 1989 vom Bundesforschungsministerium in Auftrag gegeben, gibt eine Gesamthäufigkeit einer Kernschmelze mit Freisetzung von stark radioaktivem Material in die Umwelt von
einem Unfall in 33.000 Reaktorbetriebsjahren an. Nehmen wir an, Sie wollen die bestehenden 17 KKWs noch 30 Jahre laufen lassen. Ist Ihnen der etwas geringere Strompreis die 1,5%-Chance auf einen GAU wert? (Gefahren durch Terrorismus wurden hier noch gar nicht einbezogen)

2. Wie kommen Sie darauf, dass die deutschen KKWs die sichersten der Welt sind? Nur ein Beispiel: Eine OECD-Studie aus dem Jahr 1992 verglich das deutsche KKW Biblis B mit 9 anderen KKWs weltweit bezüglich der Reaktionen, die durch eine Kernschmelze auftreten können. Biblis war auf dem zweitletzten Platz! Maine Yankee (USA), das am schlechtesten abschnitt, wurde mittlerweile abgeschaltet.

3. Bezieht man die CO2-Emissionen vom Bau der Anlagen, vom Betrieb, vom Uranabbau und der -aufbereitung (aber noch nicht die Entsorgung) mit ein, ergibt sich ein Wert von 34 bis 160 g/kWh (Deutsches Öko-Institut). Mit zunehmender Uranknappheit wird der Uranabbau immer energieintensiver und teuerer. Bezeichnen Sie Kernkraftwerke wirklich als Klimaschützer?

4. Würde Atomenergie, wenn der Staat diese nicht durch die Freistellung von einer vollständigen Haftpflichtversicherung befreien würde, unwirtschaftlich werden?

5. Nach dem Deutschen Kinderkrebsregister in Mainz erkranken Kinder unter fünf Jahren im 5-km-Radius um die deutschen KKW um 76% häufiger an akuter Leukämie als in vergleichbaren anderen Gebieten. Ist das ein notwendiger Nebeneffekt Ihrer Politik?

6. Haben die 100.000€, die E.ON 2005-2006 an die CSU gespendet hat, irgendeinen Einfluss auf Ihre energiepolitischen Ansichten?

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Grössl,

die Zukunft unserer Energieversorgung ist mir so wichtig, dass ich gerne noch einmal auf Ihre Fragen antworte.

zu 1. und 2.
Man kann zur Kernenergie stehen wie man will, aber klar ist: Die deutschen Kernkraftwerke zählen zu den sichersten der Welt. Da sind sich alle Experten ? auch die Atomgegner - einig. Das beginnt schon bei der Bauweise und liegt natürlich auch an der Wartung und an der Ausbildung des technischen Personals. Gerade in Biblis wurde in den letzten Jahren massiv in neue Sicherheitstechnik investiert. Das so genannte "Notstandssystem 2000" entspricht in vollem Umfang den strengen Leitlinien der Reaktorsicherheitskommission. Die von Ihnen erwähnte Studie aus dem Jahr 1992 ist deshalb restlos überholt. Gerade weil viele Länder, darunter China, Indien und Rumänien, neue Kernkraftwerke bauen, wird die Welt nach dem deutschen Ausstieg nicht sicherer. Das Gegenteil ist der Fall: Reaktortechnik "Made in Germany" könnte weltweit das Sicherheitsniveau erhöhen. Unseren Wissens- und Technologievorsprung setzen wir durch den Ausstieg aufs Spiel, vom Verlust Tausender hoch qualifizierter Arbeitsplätze ganz zu schweigen! Das Knowhow deutscher Ingenieure ist bislang auf der ganzen Welt gefragt. Mit dem Ausstieg werden wir dagegen zum energiepolitischen Geisterfahrer. Für mich bleibt es dabei: Lieber Strom aus Isar II als aus Temelin!

zu 3.
In der Tat wird beim Bau von Kernkraftwerken und beim Uranabbau CO 2 erzeugt. Dies gilt aber auch für die Herstellung von Solarzellen und Windrädern. Während des Betriebs produziert ein Kernkraftwerk aber keinerlei CO 2. Selbst die modernsten Kohlekraftwerke erzeugen dagegen mindestens 700 Gramm CO 2 pro Kilowattstunde Strom. Berechnungen haben ergeben, dass eine Verlängerung der Laufzeiten der deutschen Kernkraftwerke um acht Jahre bis zu einer Milliarde Tonnen CO 2 einsparen könnte. Ohne die Kernenergie wird Deutschland seine Klimaschutzziele nicht erreichen. Uran steht für die nächsten Jahrzehnte in ausreichender Menge zur Verfügung - übrigens anders als Öl und Gas vor allem in politisch stabilen Regionen.

zu 4.
Die Energiekonzerne haben Rückstellungen in Milliardenhöhe für Folgelasten gebildet.

zu 5.
Der Schutz unserer Gesundheit ist eine der wichtigsten Aufgaben, die die Politik zu erfüllen hat. Es wäre eine Bankrotterklärung, wenn Kernkraftwerke Menschen schädigen würden. Ich habe mir deshalb die von Ihnen angesprochene Studie sehr genau angesehen und auch die Reaktionen darauf - und ich kann Sie beruhigen: Wie die Autorin, Professor Dr. Maria Blettner, bei der Vorstellung der Ergebnisse ausdrücklich betonte, ist aus den rein statistisch-mathematischen Modellbetrachtungen kein ursächlicher Zusammenhang zwischen Kernkraftwerken und dem Auftreten von Krebserkrankungen bei Kindern ableitbar. Auch Bundesumweltminister Sigmar Gabriel stellte in einem Informationsschreiben an Behörden sowie Betreiber von Kernkraftwerken fest: "Aus den Ergebnissen kann (...) kein Ursachenzusammenhang abgeleitet werden." Nach Auskunft der Wissenschaftler erfasst die Studie in einem rein statistisch-mathematischen Modell Krebserkrankungen von Kindern unter fünf Jahren und ordnet sie einem Entfernungskriterium zu. Die Statistik zeige in einem Zeitraum von 23 Jahren 37 Fälle von Leukämieerkrankungen an insgesamt 16 Kernkraftwerk-Standorten. Wegen der geringen Fallzahl sei eine standortspezifische Auswertung nicht möglich. Daher seien die Standorte im Modell zu einem fiktiven gemeinsamen Standort zusammengefasst worden. Bei dieser modell-theoretischen Betrachtung ergäbe sich eine Häufung von Leukämieerkrankungen im Umkreis von fünf Kilometern um den Standort. Die Autorin wies darauf hin, dass nicht auszuschließen sei, dass dieser Effekt das Ergebnis von nicht berücksichtigten Einflüssen oder reinem Zufall sei. Ähnliche Studien mit vergleichbaren Modellansätzen zeigen Häufungen von kindlichen Leukämiefällen beispielsweise auch an Standorten ohne kerntechnische Anlagen. Ich hoffe, Ihre Sorgen sind damit ausgeräumt.

zu 6.
Wie Sie sicher wissen, spendet E.ON auch anderen Parteien Geld für den Wahlkampf. Eine solche Spende beeinflusst uns genau so wenig wie Zuwendungen anderer Firmen oder Einzelpersonen. Wir orientieren uns bei der Kernenergie ausschließlich an objektiven, handfesten Fakten. Dazu möchte ich auch Sie ermuntern. Betrachten Sie dieses Thema rational und nicht emotional! Dann werden Sie feststellen, dass Ihre Skepsis gegenüber dieser Energieform unbegründet ist!

Mit freundlichen Grüßen

Christine Haderthauer
CSU-Generalsekretärin