Frage an Christine Buchholz von Gerhard R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Buchholz,
im "Ostholsteiner Anzeiger" vom 26.2.10 erschien folgende Anzeige:
Töten für den Frieden?
Die Meldungen über zivile Opfer durch Luftangriffe der NATO nehmen kein Ende.
Wir trauern um die getöteten Zivilisten in Afghanistan.
Die Entschuldigung der NATO macht die Opfer nicht lebendig. Es bleibt das Leid und die Trauer der betroffenen Familien. Wir sind bestürzt und beschämt, dass Deutschland diesen Kriegseinsatz weiterhin unterstützt.
Friedenskreis Eutin e.V.
Frage: Sind Menschen Populisten, wenn sie der Öffentlichkeit mitteilen, daß sie den Afghanistankrieg ablehnen?
Zur Aktion der Linken im Bundestag betr. getötete afghanische Zivilisten:
Gibt es für Bundestagsabgeordnete Kleidervorschriften?
Falls nein: Was würde passieren, wenn die Linksabgeordneten nach erneuten zivilen Opfern im Bundestag mit einem schwarzen Kleidungsstück erscheinen?
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Reth
Sehr geehrter Herr Reth,
ich finde nicht, dass etwas Richtiges zu sagen falsch ist, nur weil es viele andere auch so sehen. Der Begriff "Populismus" ist meiner Meinung nach problematisch, weil er suggeriert, die "Massen" seien dumm, egoistisch und verführbar, wohingegen die "politische Elite" den Durchblick habe und alles im "Gesamtinteresse" entscheide.
Wir haben eine Bundesregierung, die in allen zentralen politischen Fragen unserer Zeit entgegen dem Willen der großen Mehrheit der Bevölkerung entscheidet – sei es der Krieg in Afghanistan, Steuergeschenke für Unternehmen und Reiche oder die Erhöhung des Rentenalters. Sie entscheiden im Interesse ihrer Klientel und gegen die Interessen der Mehrheit der Menschen im Land.
Ich halte es gerade deswegen für richtig und wichtig, immer wieder deutlich zu machen, was die Mehrheit denkt und will. Wir müssen Druck für eine andere Politik machen, innerhalb und außerhalb des Parlaments. Deswegen sind Zeitungsanzeigen, Demonstrationen und andere Proteste erforderlich.
Es gibt im Bundestag keine Kleidervorschrift. Insofern können wir im Prinzip natürlich alle in Schwarz erscheinen. Allerdings verbietet die Geschäftsordnung ausdrücklich jegliche politische Meinungsäußerung außerhalb der genau festgelegten Struktur der parlamentarischen Debatte. Es wäre dann die Entscheidung des Parlamentspräsidenten, ob wir einfach nur schwarz gekleidet sind oder eine Protestaktion machen.
Der Präsident hat einen gewissen Spielraum. Wenn FDP-Abgeordnete in der Steuerdebatte mit ihre Sparbüchern winken, wird das nicht geahndet. Bei der LINKEN wird da mit etwas anderem Maß geurteilt.
Mit freundlichen Grüße,
Christine Buchholz