Frage an Christina Stuntz von Ralf S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehte Frau Stuntz,
Wer Kinder und Jugendliche wirklich ernst nimmt,muss ihnen zuhören, gleichberechtigt mit ihnen diskutieren. Muß möglich machen, daß ihre Ideen umgesetzt werden. Wenn Kinder und Jugendliche tatsächlich mitbestimmen und mitgestalten sollen, brauchen sie eigene Interessenvertretung, Geld und Freiräume. Ein erster Schritt: Das aktive Wahlreicht ab 16 Jahren auf allen Ebenen
Das Bekenntnis, mehr Partizipation für Kinder und Jugendliche sei dringend geboten, ist in aller Munde. Aber gerade weil alle darüber reden, sollte man genauer hinschauen, was im einzelnen mit Partizipation gemeint ist. Denn Partizipation – ernst genommen – begründet einen hohen Anspruch: Sie setzt zunächst einmal die gleichberechtigte Teilnahme von Mädchen und Jungen an Meinungsbildungsprozessen im Sinne bewusster öffentlicher Auseinandersetzung über begrenzte Problembereiche, über zu erwartende Folgewirkungen und Reaktionen voraus. Darüber hinaus bedeutet Partizipation aber auch umfassende soziale Teilhabe, die dem einzelnen oder Gruppen den Zugang zu den materiellen und immateriellen Gütern und Werten einer Gemeinschaft erschließt und Wege aufzeigt, die aus der Zugehörigkeit zu dieser Gesellschaft resultierenden Rechte auch tatsächlich wahrzunehmen. Sie hat konkrete Möglichkeiten der Mitgestaltung und Mitbestimmung zu eröffnen und eine umfassende Interessenvertretung zu ermöglichen.
Die Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre, ist in meinen Augen längst überfällig. Voralberg hat z.B. diese Senkung für die Landtagswahlen 2009 jüngst beschlossen. Selbstverständlich braucht es dann eine gute und altersgerechte Begleitung & Information der jungen Menschen - die subsidiär von Jugendverbänden, Vereinen, Schulen und Parteien geleistet werden kann.
Wie stehen Sie dazu? Welche Meinung nehmen Sie hier ein?
Mit freundlichen Grüßen, alles Gute für den Wahlkampf,
Ralf Sauer
Lieber Herr Sauer,
ich muss gestehen, ich war lange Zeit der Überzeugung, dass ein Wahlrecht ab 16 nicht sinnvoll ist. Für ein aktives Mitwirken an der politischen Willensbildung sei unbedingt notwendig eine„ausgereifte“ Persönlichkeit Voraussetzung. In vielen Berufen ist letztlich auch eine Zugangsbeschränkung durchaus sinnvoll. Es erfordert einfach, dass die Berufsausübenden oder in diesem Fall die Wähler eine abgeschlossene und überlegte Willensbildung getroffen haben, dass sie Verantwortungsbewusstsein besitzen, eine geistige Reife eben.
Natürlich ist diese bei manchen 16-Jährigen schon vorhanden und bei so manchem 25-Jährigen immer noch nicht...
Aber letztlich glaube ich zwischenzeitlich, dass es tatsächlich keinen Grund gibt, der dagegen spricht, diese politische Verantwortung des Wahlrechts auch schon 16-Jährigen zu übertragen. Ich bin schon der Meinung, dass auch Jugendliche in diesem Alter grundsätzlich durchaus in der Lage sind, sich ein eigenes Bild von der politischen Landschaft zu verschaffen und Stellung zu beziehen. Wir waren doch mit 16 auch schon so weit, oder? Haben uns ein eigenes Bild gemacht von der Gesellschaft und von der Politik, haben uns in die eine oder andere Richtung positioniert und zu vielen gesellschaftlichen Themen Stellung bezogen.
Aber – und da bin ich auch Ihrer Meinung – dann ist es notwendig, dass man diese politische Verantwortung durch die Politik, vor allem in den Schulen, bei den Jugendlichen stärkt und dort ein Forum schafft, in dem sich Jugendliche besser als bisher informieren und austauschen können. Das kommt in den Schulen – naturgemäß – derzeit zu kurz.
Viele Grüße
Christina Stuntz