Frage an Christina Kampmann von Henrik R. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrte Frau Kampmann,
ich bin im letzten Jahr zum Studium nach Bielefeld gezogen und dementsprechend mit der hiesigen Landespolitik nur wenig vertraut. Mich würde interessieren, was Ihre Politik und die Politik Ihrer Partei im Hinblick auf die Hochschulen in NRW im Allgemeinen und die Hochschulen Bielefelds im Besonderen ist. Wie ist Ihre Einschätzung der Hochschullandschaft? Wo sehen sie qualitative Mängel, wo Strukturprobleme? Wie sehen Sie die Betreuungssituation durch Lehrende? Wie ist Ihre Einstellung zu Digitalisierung und Internationalisierung der Hochschulen? Wollen Sie benachteiligten Gruppen ("Arbeiterkinder", beeinträchtigte Menschen, Menschen mit Migrationshintergrund) in Zukunft eher ein Studium ermöglichen? Wenn ja, wie? Sehen Sie Nachbesserungsbedarf bei den Möglichkeiten zur Studienfinanzierung? Und schließlich: Was ist Ihre Vision für die Zukunft der Hochschulen im Land?
Über Ihre Antworten würde ich mich sehr freuen. Ich danke Ihnen für Ihre Mühe.
Mit freundlichen Grüßen
H. R.
P.S.: Diese Fragen ergehen auch an die anderen Kandidaten des Wahlkreises Bielefeld I.
Sehr geehrter Herr R.,
ich freue mich, dass Sie sich Bielefeld als Studienort gewählt haben und hoffe, dass Sie sich mittlerweile hier ebenso wohl fühlen wie ich. Ich möchte im Zusammenhang auf Ihre Fragen eingehen und Ihnen die wesentlichen Inhalte der Hochschulpolitik der SPD sowie unsere Vorhaben für die bald beginnende Landtagswahlperiode von 2017 bis 2022 vorstellen:
Gutes Studieren ist mit uns keine Frage des Geldes. Volle Chancengleichheit beim Zugang zum Studium und beste Studienbedingungen dürfen kein Gegensatz sein. Wir setzen auf Gebührenfreiheit, hohe Qualität und beste Rahmenbedingungen für ein erfolgreiches Studium. Das ist unser Erfolgsrezept.
Wir wissen: Betriebliche und akademische Bildung ergänzen sich gegenseitig und die weitere Verzahnung wollen wir fördern. Wir wollen auch im Hinblick auf das Studium alle Talente erkennen und fördern. Dazu brauchen wir noch mehr Durchlässigkeit zwischen den Schulformen, die Erweiterung der Möglichkeiten, welche Studienfächer mit vorheriger Ausbildung und Berufserfahrung studiert werden können und den Abbau von finanziellen Hürden. Studiengebühren bleiben deshalb in NRW abgeschafft. Die Studierendenwerke in NRW bleiben unverzichtbare Partner, insbesondere für studentisches Wohnen, Studienfinanzierung, KiTas und die Verpflegung der Studierenden. Wir werden uns dafür einsetzen, dass günstiger Wohnraum für Studierende auch zukünftig einen wichtigen Platz in der sozialen Wohnraumförderung einnimmt.
Mit dem Hochschulzukunftsgesetz haben wir einen guten Rahmen für ein erfolgreiches Studieren gesetzt. Gleichzeitig erhöhen wir die öffentliche Verantwortung und Transparenz, sorgen für mehr Demokratie in den Gremien und für Gute Arbeit. Unsere Programme Talentscout und Erfolgreich Studieren begleiten vor allem diejenigen, denen das Studium nicht direkt in die Wiege gelegt wurde.
Wir sorgen dafür, dass die Infrastruktur stimmt: Bis 2020 werden wir insgesamt über fünf Milliarden Euro in die Hochschulen und Unikliniken investiert haben. Das Hochschulbau-Konsolidierungsprogramm und das Sanierungs- und Modernisierungsprogramm für Universitätskliniken sorgen für die verlässliche Umsetzung vor Ort.
Wir werden auch darüber hinaus weiterhin für eine gute Finanzierungsgrundlage für unsere Hochschulen sorgen, denn gute Studien- und exzellente Forschungsbedingungen bedürfen einer verlässlichen und dauerhaften Grundfinanzierung der Hochschulen. Mit der Hochschulvereinbarung NRW 2021 haben wir die finanziellen Rahmenbedingungen bereits deutlich verstetigt und dauerhaft verbessert. Zusätzliche Planungssicherheit schafft auch die Möglichkeit, den Anteil befristeter Beschäftigungsverhältnisse an Hochschulen weiter zurückzudrängen. NRW ist heute das Mitbestimmungsland Nr. 1 und steht bundesweit für das Thema Gute Arbeit an Hochschulen. Dies wird zum Standortvorteil für die Hochschulen in NRW bei der Gewinnung von qualifiziertem Personal. Auch das haben wir mit dem Hochschulzukunftsgesetz erreicht.
Gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen der SPD-Landtagsfraktion und
meiner Kabinettskollegin Svenja Schulze wollen wir:
· Investitionen in die Hochschulbildung auf hohem Niveau verstetigen. Wir werden unsere Ausgaben für die Hochschulen auf hohem Niveau halten und sicherstellen, dass die hierzu zur Verfügung stehenden Bundesmittel vollständig abgerufen werden können. Die Programmfinanzierungen wollen wir hin zu einer beständigen und verlässlichen Finanzierung durch den Bund – auch in Bezug auf die Grundfinanzierung – verstetigen und eine neue Finanzarchitektur zwischen Bund und Ländern schaffen. Ebenso werden wir unsere Anstrengungen im Bereich Infrastruktur fortsetzen und die Mittel dafür bereitstellen, den baulichen und technischen Zustand der NRW-Hochschulen weiter zu modernisieren. Und wir werden weiterhin dafür werben, dass sich der Bund und andere Länder intensiver an der Finanzierung der Fernuniversität Hagen beteiligen.
· Die Studierbarkeit an unseren Hochschulen verbessern. In jeder Region des Landes werden wir Talentscouts für die berufliche und akademische Ausbildung etablieren und unser Programm Erfolgreich Studieren fortsetzen und, wo möglich, ausbauen. Die gezielte Gestaltung der Studieneingangsphase und wirksame Maßnahmen gegen den Studienabbruch sind notwendig, um ein erfolgreiches Studium zu fördern. Im Dialog mit den Hochschulen werden wir darauf hinwirken und sie dabei unterstützen. Wir wollen die Hochschulen ebenso ermutigen, die Möglichkeiten von individuellen Regelstudienzeiten stärker zu nutzen, Teilzeitstudiengänge weiter auszubauen sowie den Erfolgsfaktor eines aktiven Diversity-Managements weiter zu stärken. Insbesondere für junge Eltern werden wir die Hochschulen anregen, flächendeckend bestehende Möglichkeiten und Ausnahmeregelungen zur Unterstützung von Studierenden mit Kind umzusetzen und werden – wenn nötig – weitere Verbesserungen auf den Weg bringen. Zudem werden wir Kindertagesstätten und weitere Angebote, die das Studieren mit Kind erleichtern, an den Hochschulen in Kooperation mit den Studierendenwerken ausbauen.
· Die notwendige Neuordnung der Akkreditierung gestalten. Dabei werden wir unter anderem darauf achten, dass die Studierbarkeit von Studiengängen im Vordergrund steht, dass es kein zu ausdifferenziertes Studiengangangebot gibt, welches Vergleichbarkeit und die gegenseitige Anerkennung verhindert, und dass es ein wissenschaftsgeleitetes Verfahren gibt. Insgesamt müssen die Mobilität von Studierenden und die Möglichkeiten der gegenseitigen Anerkennung von Studienleistungen verbessert werden.
· Gute Lehre besser fördern. Eine hervorragende Lehre ist eine wesentliche Voraussetzung für ein erfolgreiches Studium. Wir wollen deshalb, dass gute Lehre in Zukunft stärker gefördert wird und die Hochschulen das Lehrpersonal in der Breite zu guter Lehre anregen können. Herausragende Beispiele sollen zukünftig ausgezeichnet und als vorbildliche Lehre verbreitet werden. Wir wollen zudem, dass gute Lehre auch zu guten Karriereperspektiven führt. Außerdem werden wir mit den Fachhochschulen die Möglichkeiten für die Reduzierung des Lehrdeputats umsetzen, auf Praxistauglichkeit prüfen und gegebenenfalls anpassen. Die Chancen der Digitalisierung im Bereich Lehre wollen wir nutzen. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Digitale Hochschule NRW.
· Für ein ausreichendes Masterplatzangebot sorgen. Wir wollen die Akzeptanz des Bachelors erhöhen und so mehr Absolventinnen und Absolventen den Weg in den Beruf ermöglichen und gleichzeitig Masterstudienplätze weiter ausbauen.
· Finanzielle Hürden für die Aufnahme eines Studiums senken. Mit uns ist klar: Wir lehnen weiterhin jegliche Form von Studiengebühren für die Hochschulen in NRW ab. Gegenüber dem Bund setzen wir uns dafür ein, dass das BAföG weiterhin bedarfsgerecht angepasst und dynamisiert wird. Zudem machen wir uns für die weitere Flexibilisierung des BAföG stark: Die Gruppe der Bezugsberechtigten muss erweitert werden, und wir brauchen tragfähige Lösungen für Menschen, die sich im Übergang zwischen zwei Studiengängen befinden oder beispielsweise in Teilzeit studieren.
· Den Rahmen für Gute Arbeit an den Hochschulen setzen. Auf der Grundlage des Rahmenkodex Gute Beschäftigungsbedingungen für das Hochschulpersonal geben wir mehr Planungssicherheit. Das Thema Gute Arbeit an Hochschulen werden wir weiter vorantreiben und treten so dafür ein, dass befristete Beschäftigung und sehr kurze Verträge an unseren Hochschulen eingedämmt werden. Wir werden uns in diesem Zusammenhang auf Bundesebene auch für weitere Verbesserungen des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes einsetzen. Wir werden nach den Prinzipien der Guten Arbeit auch gesetzliche und untergesetzliche Maßnahmen ergreifen, um die Beschäftigungsbedingungen von Lehrbeauftragten an den Musikhochschulen des Landes zu verbessern. Wichtige Eckpunkte sind dabei die regelmäßige Anpassung der Vergütung an die Tarifentwicklung und die Einrichtung von Dauerstellen.
· Für mehr Gleichstellung sorgen. Die Gleichstellung der Geschlechter an den Hochschulen werden wir weiter vorantreiben. Auch hier wollen wir alle Talente fördern. Ein Schwerpunkt wird dabei die Gleichstellung im Bereich der Medizin sein.
· Demokratie und Selbstverwaltung stärken. Die akademische Selbstverwaltung werden wir weiterhin fördern und für eine angemessene Vertretung aller vier hochschulischen Gruppen in den Hochschulgremien sorgen. Wir stehen für die studentische Selbstverwaltung ein, die einen wichtigen Beitrag zur lebendigen Demokratie an unseren Hochschulen leistet.
Sehr geehrter Herr R., gute Hochschul- und Wissenschaftspolitik bedarf der ebenso guten Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für die davor liegenden Lebens- und Lernabschnitte: Darum setze ich mich dafür ein, beste Bildung für jede und jeden von Anfang an sicher zu stellen. Denn beste Bildung beginnt im frühen Kindesalter und sorgt im Lebenslauf dafür, dass alle Menschen, immer dann wenn es notwendig ist, eine weitere Chance erhalten.
Ich würde mich freuen, wenn Sie mich und die SPD am 14. Mai mit Ihren beiden Stimmen unterstützen würden.
Mit freundlichen Grüßen
Christina Kampmann