Frage an Christina Kampmann von Dietmar S.
Sehr geehrte Frau Kampmann,
mich würde sehr interessieren, welche sachlichen Gründe für Ihr Stimmverhalten -außerhalb des Fraktionszwanges- bestimmend waren.
In diesem Zusammenhang möchte ich auf folgendes hinweisen:
Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung sind tragende Säulen unserer freiheitlichen demokratischen Staatsordnung. Mit der Einführung eines ausschließlichen Schiedsgerichtsverfahrens außerhalb der ordentlichen unabhängigen Gerichtsbarkeit wird dieses Prinzip grundlegend verletzt. Haben die amerikanischen Vertragspartner etwa kein Vertrauen in ihre Justiz? Wir hier in Deutschland können nicht nur stolz auf unsere Judikative sein, sondern auch guten Gewissens ihr unsere Rechtsstreitigkeiten anvertrauen. Dass Entscheidungen eines Schiedsgerichtes besser oder schneller sein könnten, ist eine durch keine belastbare Tatsachen in den Raum gestellte Behauptung. Mit dieser Begründung könnte dann ja auch die gesamte Zivilgerichtsbarkeit abgeschafft und ausschließlich in die Hände von Schiedsgerichten gelegt werden. Dass in anderen bilateralen Vereinbarungen Schiedsgerichts-entscheidungen vereinbart sind, rechtfertigt es angesichts der weitreichenden Bedeutung der TTIP-Vereinbarungen nicht, auch hier nur auf Schiedsvereinbarungen zu setzen. Ein Schiedsverfahren wird ausschließlich von den Eigeninteressen der Beteiligten bestimmt. Darüber hinausgehende Erwägungen wie etwa humanitäre oder ökologische Fragen finden sicherlich keine hinreichende Beachtung.
Sehr geehrter Herr Schneider,
für mein Abstimmungsverhalten am 25. September waren ausschließlich sachliche Gründe maßgebend, die ich Ihnen gern erläutern möchte: In der der Abstimmung zugrundeliegenden Beschlussempfehlung des Bundestagsausschusses für Wirtschaft und Energie heißt es: "Die Fraktion der SPD betonte, dass die Regelungen zu Schiedsgerichtsverfahren und Investorenschutz aus TTIP und CETA herausgenommen werden müssten. Der Antrag sei aber abzulehnen, da er zum falschen Zeitpunkt komme. Diskutiert werden müssten die fertigen Abkommen, wenn diese im Bundestag zur Debatte stünden. Wer über CETA und TTIP reden wolle, müsse zunächst die positiven Seiten darstellen und anschließend die roten Linien definieren."
Diese "roten Linien" hat die SPD in einem Beschluss ihres Parteikonvents dargelegt, den ich Ihnen zur Lektüre empfehle ( http://www.spd.de/linkableblob/123760/data/20140920_parteikonvent_beschluss_ttip.pdf ) .
Darüber hinaus habe ich mich sehr gefreut, dass nun nicht zuletzt durch den Einsatz der SPD mehr Transparenz bei den TIPP-Verhandlungen erreicht werden konnte, da sich nach langem Weigern die EU-Staaten am 9. Oktober entschieden haben, das Verhandlungsmandat frei zu geben.
Sie haben Recht, dass die Frage des Investitionsschutzes ein besonders kritischer Punkt im TTIP-Verhandlungsprozess ist. Ein Investor-Staat-Streitbeilegungsmechanismus (ISDS) zwischen Staaten mit zuverlässigen und entwickelten Rechtssystemen wie im Falle von TTIP lehne ich ab. Australien hat in einem bilateralen Handelsabkommen mit den USA dem Verlangen nach einem solchen Mechanismus eine Absage erteilt. Dies sollte als Vorbild dienen. Es ist gut, dass die EU-Kommission den ISDS-Teil der Verhandlungen ausgesetzt hat, um eine öffentliche Konsultation durchzuführen. Unsere Kolleginnen und Kollegen im EU-Parlament werden diese Konsultation ebenfalls nutzen, um zu erreichen, dass solch ein Mechanismus nicht in das Abkommen reinverhandelt wird. Unabhängig von der allgemeinen Verfahrensregelung bleiben wir SPD-Abgeordneten natürlich bei unserer Position, gegen ISDS in einem Abkommen mit den USA zu kämpfen und TTIP abzulehnen, wenn ISDS enthalten sein sollte.
Ich freue mich, sehr geehrter Herr Schneider, dass Sie diese unsere Haltung unterstützen und würde mich freuen, wenn Sie dies auch mit Ihren Möglichkeiten in Isselhorst weiter tun würden.
Mit freundlichen Grüßen
Christina Kampmann, MdB