Frage an Christiane Schneider von Klaus P. bezüglich Jugend
Sehr geehrtre Frau Schneider,
zufällig bin ich bei abgeordnetenwatch auf Ihre Antwort zu Jungendoffizieren gestoßen. Als ehemaliger Soldat, der 12 Jahre in den Streitkräften gedient hat und danach weitere sechs Jahre Reserveübungen geleistet hat, ergeben sich einige Fragen.
Aus Ihrer Sicht haben Jugendoffiziere in Schulen "nichts zu suchen" wie Sie sich ausdrücken. Nicht nur die Bundeswehr geht in Schulen, auch andere staatliche Organisationen, wie zum Beispiel die Polizei.
Wenden Sie sich auch gegen Auftritte er Polizei in Schulen und wenn nein warum nicht?
Ist es Ihr Ziel, die Schülerinnen und Schüler zum Hass gegen Soldaten zu erziehen?
Sollten die militärischen und zivilen Angehörigen der Bundeswehr aus unserer Gesellschaft ausgegrenzt werden bzw. sollte die Bw wie ein Krebsgeschwür der Gesellschaft behandelt werden?
Sie gehören der Patei DIE LINKE an. Deren Vorgängerparei SED bildete Abiturienten "vormilitärisch" aus. So wurden die Jugendichen im Umgang mit Kalaschnikow-Sturmgewehren und im Werfen von Handgranaten unterwiesen.
Warum sind Sie einer solchen Partei beigetreten?
Was unterscheidet den Auftritt von Militärs in Schulen in einem demokratischen Staat wie der Bundesrepublik von einem solchen im totalitären DDR-Staat?
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Pöhlker
Sehr geehrter Herr Pöhlker,
die LINKE ist nicht einfach die Nachfolgepartei der SED, sondern setzt sich aus unterschiedlichen Strömungen und Traditionen zusammen, zum Beispiel vielen ehemaligen Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, Gewerkschaftern, aber, natürlich, auch der PDS, die aus der SED hervorgegangen ist. Ich bin 1993/94 der PDS beigetreten, unter anderem auch deshalb, weil die PDS ihre Geschichte und die Geschichte der DDR kritisch aufzuarbeiten begonnen hatte und in vielen Fragen eine dezidiert andere Position als die SED vertrat. Nicht zuletzt vertrat die PDS die Position, wie die LINKE heute, dass politische Ziele nicht mit Gewalt durchgesetzt werden dürfen. Deshalb lehnt die PDS damals wie die LINKE heute den Krieg als Mittel der Politik ab. Das gilt auch, sozusagen rückwirkend, für die Beteiligung der DDR am Einmarsch in die Tschechoslowakei. Das wollte ich dann doch vorweggeschickt haben, weil Sie von falschen Vorstellungen über Positionen der LINKEN auszugehen scheinen.
Nun zu Ihren Fragen:
Deutschland muss, das ist meine Position, zum Kriegsdienstverweigerer unter den Staaten werden. Deshalb trete ich für einen strikten Kurs auch einseitiger Abrüstung und der Verweigerung von Kriegsbeteiligung ein. Das ist der Grund, warum ich auch gegen die Tätigkeit von Jugendoffizieren an den Schulen bin. Denn Deutschland beteiligt sich an Kriegen auf Grundlage von Beschlüssen, die die herrschende Politik getroffen hat und die die Bundeswehr umsetzt. Insofern differenziere ich zwischen den verschiedenen staatlichen Institutionen, und ich hatte mich in der Tat nur gegen die Präsenz von Jugendoffizieren ausgesprochen. Wenn zum Beispiel Polizeibeamte den Grundschülern Verkehrsunterricht erteilen, sehe ich keinen Grund, dagegen zu sein. Ob aber wirklich alle staatlichen Institutionen ihre Vertreter an die Schulen entsenden, so wie es die Bundeswehr tut und wie Sie es behaupten, möchte ich stark bezweifeln, von Richtern, Feuerwehrleuten, Angehörigen z.B. der Finanzverwaltung oder anderen Verwaltungen habe ich noch nie gehört, dass sie regelmäßig Schulen besuchen und Unterricht gestalten. Nein, ich bin nicht dafür, die Schülerinnen und Schüler zum Hass, auch nicht auf Soldaten und Soldatinnen, zu erziehen. Ich treten dafür ein, sie zu Toleranz und eigenständigem und kritischem Denken zu erziehen und sie vor allem früh lernen zu lassen, Konflikte gewaltfrei auszutragen.
Die Bundeswehr soll auch nicht wie ein Krebsgeschwür behandelt, sondern sie soll zurückgebaut werden. Ich erkenne allerdings im Gegensatz dazu die Tendenz, dass militaristisches Denken, das eine so verhängnisvolle Rolle in der Geschichte dieses Landes gespielt hat, wieder erstarkt und dass damit auch Traditionen erstarken, die man nach der Niederlage des deutschen Faschismus zurückgedrängt hatte. Die teils von den Siegermächten, teil selbst auferlegten Beschränkungen sind ja weitestgehend gefallen. Und im Zusammenhang der Bestrebungen, die schreckliche, bewusst in Kauf genommene Tötung Dutzender Zivilisten bei Kundus zu rechtfertigen, gibt es sogar Bestrebungen, das Verbot des Angriffskriegs (Artikel 26 GG) ganz und gar loszuwerden. Mit dieser Entwicklung ist von denen, die sie betreiben, der sicher über einige Jahrzehnte fast unbestrittene gesellschaftliche Konsens zerbrochen worden, dass von deutschem Boden nie wieder Krieg ausgehen darf. Ich trete dafür ein, diesen Konsens wiederherzustellen und in der politischen Praxis durchzusetzen, dass tatsächlich nicht weitere Kriege von deutschem Boden ausgehen und die aktuellen Kriege unverzüglich zu beenden.
Mit freundlichen Grüßen
Christiane Schneider