Frage an Christiane Blömeke von Heidi L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Blömeke,
wie stehen Sie zum Antidiskriminierungsgesetz und warum sagen Sie nirgendwo etwas zur Integration von schwerbehinderten Menschen?
Wenn es um Gerechtigkeit geht, sind die schwerbehinderten Menschen immer ganz weit hinten.
Oder warum wurde der Steuerfreibetrag für sie seit fast dreißig Jahren nicht angeglichen?
Warum wird die berufliche Integration immer mehr erschwert?
Warum haben Schwerbehindertenvertretungen kein Mitbestimmungs-, sondern nur ein Anhörungsrecht?
Auch schwerbehinderte Menschen sind Wähler und sie möchten ihre Themen in der Politik wiederfinden, werden aber als "Randgruppe" immer wieder vergessen.
Ich selber bin schwerbehindert (GdB 90), seit über 30 Jahren berufstätig (Vertrauensfrau für schwerbehinderte Menschen), habe ein Kind zur Welt gebracht, bin Wählerin und erwarte, auch im Namen aller schwerbehinderten Menschen, von der Politik wahr- und ernstgenommen zu werden.
Mit freundlichem Gruß
Heidi Liebchen
Sehr geehrte Frau Liebchen,
vielen Dank für Ihre ehrlichen kritischen Worte. Ich teile Ihre Ansichten, dass die Integration von behinderten oder schwerbehinderten Menschen bei weitem nicht ausreichend ist. Angefangen von den Einschränkungen in der Mobilität, bis zu der beruflichen Integration- es muss überall noch viel mehr weiterreichende Verbesserungen geben, die das Ziel der Integration von behinderten Menschen haben. Aber gerade die Ziele von sozialer und gesellschaftlicher Gerechtigkeit sehe ich bei Bündnis 90/ die Grünen am stärksten vertreten. So war es die rot-grüne Regierung, die ein längst überfälliges Antidiskriminierungsgesetz auf den Weg gebracht hat. Leider wurde es im Bundesrat mit der Mehrheit von CDU und FDP abgelehnt, obwohl der Europäische Gerichtshof die Umsetzung des Gesetzes bereits anmahnte. Darüber hinaus hat die rot-grüne Bundesregierung das Behindertengleichstellungsgesetz verabschiedet. Dieses verbessert die Ansprüche behinderter Menschen gegenüber Bundesbehörden in den Bereichen Barrierefreiheit und Gleichstellung (es führt z.B. explizit ein Benachteiligungsverbot ein). In unserem Wahlprogramm zur Bundestagswahl treten wir für die Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen ein, Menschen mit Behinderungen sind leistungsfähig und motiviert, das zeigt auch ihr persönliches Beispiel. Wir wollen dafür sorgen, dass zur beruflichen Eingliederung von Menschen mit Behinderung wirksamere Instrumente geschaffen werden. Zur Ausgestaltung des Arbeitsumfeldes gehört dabei z.B. auch dazu, dass die barrierefreien Kommunikationstechnologien gefördert werden.
Auf der Hamburger Ebene haben wir uns für ein Hamburgisches Gleichstellungsgesetz für behinderte Menschen stark gemacht, konnten uns damit aber gegenüber dem Senat nicht durchsetzen. Darin wollten wir u.a.:
- verbindlichere Vorschriften für Behörden, das Benachteiligungsverbot und die Barrierefreiheit faktisch umzusetzen,
- Verwirklichung des Ziels der Barrierefreiheit im öffentlich- rechtlichen Rundfunk (im NDR mehr Untertitelung für Gehörlose, mehr Audiodeskription für Blinde und Sehbehinderte),
- Einführung eines Anhörungsrechts von Behindertenverbänden
regelmäßiger Bericht über die Situation von Menschen mit Behinderungen in Hamburg,
- verbesserte Barrierefreiheit im Öffentlichen Personennahverkehr und in Gaststätten (Änderung der Gaststättenverordnung).
Wir haben uns außerdem gegen die drastische Kürzung beim Blindengeld ausgesprochen und möchten die Finanzierung der Maßnahmen für behinderte Menschen zur beruflichen Integration in den Berufsförderungs- und Berufsbildungswerken sicherstellen. Sehr geehrte Frau Liebchen, ich versichere Ihnen, dass ich auch schwerbehinderte Menschen wahr- und ernstnehme und das ich mich mit meiner Fraktion gemeinsam dafür einsetze, mehr zu wollen, als das Erreichte. Integration darf nicht bei dem Ausbau von behindertengerechten Bahnhöfen stehenbleiben. Ebenso wichtig ist auch, dass von Ihnen angesprochene Mitbestimmungsrecht. Auch privat trete ich für die Integration von Menschen mit Behinderung ein und zwei meiner drei Kinder sind bewusst in einer sogenannten Integrationsklasse eingeschult worden. Ich denke, dass es gerade für Kinder und Jugendliche ganz wichtig ist, Menschen mit Behinderung als Vollmitglied unserer Gesellschaft zu erleben. Die Erfahrungen die meine Kinder und ich als Elternteil in diesen Integrationsklassen sammeln konnten, sind dabei eine wertvolle Unterstützung. Im Falle einer Wiederwahl von Rot-Grün werden wir unsere begonnene Arbeit zur Integration und die Umsetzung des Antidiskriminierungsgesetzes weiter verfolgen.
Mit freundlichem Gruß,
Christiane Blömeke