Frage an Christiane Blömeke von Jörg J. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Vorsitzende,
ich habe bitte eine Frage zum Thema Heilberufe. Laut Medienmeldungen sind ab April 2019 die Ausbildungslehrgänge für Physiotherapeuten etc.kostenfrei und werden von der Stadt Hamburg übernommen. Dafür ein grosses Lob, da dieser Schritt überfällig war. Jedoch sind Podologen und Masseure von dieser Befreiung ausgenommen.
Könnten Sie mir bitte zu meinem Verständnis erklären, warum dies so ist ?
Podologen und Masseure verdienen im späteren Berufsleben wesentlich weniger als zum Beispiel Physiotherapeuten ( Unterschiede bis zu ca. 1000 €/ Monat ) und müssen für das Schulgeld selbst aufkommen.
Es besteht als eine grosse Schere von vielen Tausend Euro.
Wo ist da die Gerechtigkeit geblieben oder sind die ausgenommenen Berufe einfach weniger Wert ?
In Schleswig-Holstein gilt ausserdem eine andere Regelung. Warum ist das so ?
Für eine Antwort wäre ich dankbar.
Mit freundlichen Grüßen
J. J.
Sehr geehrter Herr J.,
vielen Dank für Ihre Frage! Ich antworte Ihnen in meiner Funktion als gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen Bürgerschaftsfraktion.
Tatsächlich haben wir als Regierungsfraktionen gemeinsam mit dem Senat eine schnelle Entlastung für die Schülerinnen und Schüler in den drei genannten therapeutischen Gesundheitsfachberufen in Hamburg auf den Weg gebracht. Diese Entscheidung fiel, nachdem im Dezember 2018 klar geworden war, dass Minister Spahn seine Zusage, die Schulgeldfreiheit bundesweit einheitlich umzusetzen, erst in zwei Jahren einhalten würde. So lange können und wollen wir in Hamburg aber nicht warten, denn es geht um die Sicherstellung einer guten Gesundheitsversorgung! Dazu haben wir rund 6 Mio Euro kurzfristig im Hamburger Haushalt für die kommenden zwei Jahre zur Verfügung gestellt. Das ist selbstverständlich nicht ganz einfach, wenn andere Bereiche nicht leiden sollen. Aber es ist in einer gemeinsamen Anstrengung gelungen, worüber ich mich sehr freue! Wir haben dabei einen Schwerpunkt auf die dreijährigen Ausbildungen (Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie) gelegt, die auch einen Großteil der Heilmittel-Leistungen in Hamburg ausmachen. Aber auch wenn dieses Förderprogramm ein großer Schritt ist und Hamburg damit im Vergleich mit anderen Bundesländern weit vorne liegt, bin ich wie Sie auch nicht glücklich damit, dass wir zurzeit den Podologen und Masseuren/ medizinschen Bademeistern in der Ausbildung keine Entlastung anbieten können. Denn selbstverständlich tragen auch diese und noch weitere Berufe zu einer guten Gesundheitsversorgung bei! Insoweit machen wir hier in Hamburg einen großen, aber eben auch nur einen ersten Schritt auf dem Weg zur Schulgeldfreiheit. Wir springen kurzfristig in einem begrenzten Bereich für den Bund ein, weil der das Problem auf die lange Bank schiebt. Aber Minister Spahn bleibt in der Pflicht, für eine einheitliche Regelung für alle Berufe zu sorgen!
Die laxe Haltung im Bund macht mich dabei sehr unzufrieden. Sie führt dazu, dass wir es in den nächsten zwei Jahren mit einem Flickenteppich an Länderregelungen zu tun haben werden. Rund die Hälfte der Bundesländer haben noch keine Förderung in Aussicht gestellt. Die andere Hälfte hat unterschiedlichste Ankündigungen gemacht. Kein Bundesland hat jedoch vor, alle Gesundheitsfachberufe vom Schulgeld zu befreien. Niedersachen will mit einem Gesetz die Schulgeldfrage lösen. Es soll Ergotherapie, Logopädie, Physiotherapie und Podologie umfassen und wird aufgrund der üblichen Dauer eines Gesetzgebungsverfahrens noch eine Weile brauchen. In Schleswig-Holstein soll das Schulgeld rückwirkend ab dem 1.1.2019 übernommen werden, hier für die Ausbildung in Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie und für die medizinischen Bademeister. Die konkrete Regelung ist aber auch hier noch nicht vorgelegt worden. Aus Mecklenburg-Vorpommern sind außer einer Absichtsbekundung noch keine konkreten Pläne zur Schulgeldbefreiung bekannt. Dies sind einige Beispiele aus den nahe gelegenen Ländern. Über ganz Deutschland betrachtet gibt es noch weitere Unterschiede und auch ständig neue Entwicklungen, sodass die Lage mehr als unübersichtlich geworden ist. Das ist kein guter Zustand. Wir brauchen weiterhin eine bundesweite und einheitliche Lösung für alle Gesundheitsfachberufe! Minister Spahn muss Wort halten, den Koalitionsvertrag umzusetzen und alle Gesundheitsfachberufe vom Schulgeld zu befreien!
Die andere drängende Frage ist der geringe Verdienst im späteren Berufsleben - den Sie ja auch beschreiben. Hier geht es darum, dass die Krankenkassen die Gesundheitsfachberufe endlich besser behandeln und fair vergüten müssen. Das hat viel mit einer bisher schlechten Verhandlungsposition der Berufsverbände zu tun. Hier muss sich auch strukturell einiges ändern, damit endlich ein fairer und angemessener Umgang mit den Gesundheitsfachberufen etabliert wird.
Ich hoffe, diese Informationen sind für Sie von Interesse und geben etwas mehr Aufschluss über die Hintergründe der Entscheidung in Hamburg. Ich hoffe auch, dass die Erfolge beim Schulgeld in der Therapeutenszene als Ansporn genommen werden, noch weiter für bessere Rahmenbedingungen in den Gesundheitsfachberufen zu kämpfen! Hier finden Sie bei uns Grünen - auch auf Bundesebene - ein offenes Ohr und Unterstützung!
Mit vielen Grüßen,
Christiane Blömeke