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Christian Schaft
DIE LINKE
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Frage von Norbert S. •

Soziale Gerechtigkeit Die Linke will eine ausbeutungsfreie Gesellschaft, welche sie demokrat. Sozialismus nennt. Haben sie eine Begriffsdefinition von Ausbeutung und von deren Größen für Thüringen?

Es gibt bisher von Seiten der Linken keine Begriffsdefinition von Ausbeutung und auch keine Aufstellung wie viel Ausbeutung es gibt.
Wie will die Linke zur einer ausbeutungsfreien Gesellschaft bzw. politischen Mehrheiten dafür kommen, wenn sie den Menschen nicht erklären kann, was sie davon haben bzw. was es konkret für Thüringen bedeutet?
Wie viel Geld geht den Menschen verloren, welche Arbeits- und Lebenszeit müssen die Menschen dafür aufwenden? Wie hoch ist der Resourcenverbrauch dafür?
Wieso kommt in Wahlprogrammen von Kommunal-, Landtags- und Bundestagswahlen die Begriffe Ausbeutung und Umverteilung nicht vor, obwohl dies ja in jedem Dorf, in jeder Stadt, in jeden Landkreis und in jeden Bundesland tagtäglich stattfindet?

Wie ist ihre Einschätzung dazu?
Für mich sind z.B. „leistungslose Einkommen“ Ausbeutung, weil der erzielte Gewinn/Reichtumszuwachs ohne persönliches Risiko bzw. eigene Arbeit entsteht.
Monopolgewinne/Ausbeutung z.B. d. Immobilien- und Bodenspekulation u.v.a.!

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Herr S.

später, aber besser als nie möchte ich Ihnen gerne auf ihre Frage antworten und mache es an einem konkreten Beispiel, weil diese Debatte gerade sehr die Öffentlichkeit bestimmt. Sie fragen, was Die Linke unter Ausbeutung versteht und wie man dies einfach vielen Menschen erklären kann. 

Während aktuell viel darüber, insbesondere von Konservativer Seite, gesprochen oder spekuliert wird, dass angeblich viele Menschen das Bürgergeld bekommen und nicht arbeiten gehen wollen, reden nur wenige wie bspw. wir als Linke von dem eigentlichen Skandal. Durch durch sog. "Sozialbetrug" dem Bund jährlich schätzungsweise 60 Millionen Euro (Schätzung Bundesagentur für Arbeit 2021) verloren gehen, fehlen der Staatskasse durch Steuerhinterziehung jährlich 100 Milliarden Euro (WSI 2022). Hinzukommen die von ihn bereits erwähnten leistungslosen Einkommen. Das sind konkret Gelder die im Staatshaushalt fehlen und damit nicht in Bildung, Verkehr, Gesundheit oder andere Bereiche der öffentlichen Infrastruktur gesteckt werden kann. Und das sind damit konkret auch Gelder die in Thüringen fehlen, wenn der Bund weiter an der Schuldenbremse festhält, Steuerhinterziehung von Großkonzernen nicht bekämpft und auch weiter den Weg hin zu einem gerechten Steuersystem vermissen lässt. Statt wie von Seiten der CDU und FDP also die ganze Zeit nach unten zu treten (übrigens erhalten auch in einem erheblichen Umfang Menschen die arbeiten gehen als "Aufstocker" Bürgergeld), wäre es notwendig endlich über Umverteilung von oben nach unten, durch ein gerechtes Steuersystem zu sprechen. Zudem bräuchte es auch endlich eine Übergewinnsteuer, wie es sie in anderen EU-Ländern gibt, um zu verhindern, dass in Krisenzeiten Unternehmen wie Rheinmetall oder Energiekonzerne krisenbedingte Gewinne einfach einstreichen. 

Als Linke streiten wir daher für: 

1) Eine Gerechte Einkommensteuer

Wir entlasten die, die viel leisten und wenig verdienen. Als Faustregel gilt: Wer weniger als 6.500 Euro brutto verdient, hat mit unserem Steuerkonzept mehr in der Tasche. Wer ein höheres Einkommen hat, zahlt dafür mehr Steuern. Wir finden: Das ist fair. Denn wer viel verdient, kann mehr beitragen. 

2) Eine Übergewinnsteuer 

Die Übergewinnsteuer ist ein Gebot sozialer Gerechtigkeit. Während viele Menschen in Deutschland nicht wissen, wie sie ihre Rechnung bezahlen sollen, machen viele Konzerne wegen der gestiegenen Preise Milliardengewinne. Wenn nur ein Teil der Einnahmen aus der Übergewinnsteuer in einen Schutzschirm für kommunale Energieversorger investiert würde, könnten Millionen Menschen entlasten werden.

3) Eine Vermögensteuer

Wir wollen Vermögen (abzüglich Schulden) oberhalb von 1 Millionen Euro mit 1 Prozent besteuern. Bis zu einem Nettovermögen von 50 Millionen steigt der Satz auf 5 Prozent an. Für Betriebsvermögen gelten Freibeträge von mindestens 5 Millionen Euro. So hätten wir mehr Geld für den Ausbau von Bus und Bahn, für Schulen und Kitaplätze, für bessere Pflege und ein gerechtes und modernes Gesundheitssystem, für ein gutes Leben für alle. Geld ist genug da, es ist nur ungerecht verteilt!

In Thüringen streiten wir als Linke zudem für ein Agrarstrukturgesetz. Dieses Thema haben Sie ja ebenfalls angesprochen und sie haben Recht, auch das ist eine konkrete Frage wo es um Ausbeutung auch in Thüringen geht. In diesem Fall die Ausbeutung von Grund und Boden. Wir fragen daher in unserem Programm zur Landtagswahl konkret: Wem gehört das Land? Den Bäuerinnen und Bauern, die auf ihrem Boden Nahrungsmittel für uns alle produzieren – oder Investoren aus Berlin, München und Frankfurt, für die das Land nur Geldanlage ist?

Unsere Antwort ist klar: Ackerland in Bauernhand! Ackerböden dürfen kein Spekulationsobjekt sein. Dagegen und für eine regionale Wertschöpfung, gute und sichere Arbeitsplätze und eine nachhaltige Landwirtschaft streiten wir weiter in Thüringen. 

Das sind nur einige Beispiele dafür, mit denen wir den Menschen vermitteln wollen, worum es geht, wenn wir über Ausbeutung sprechen und wie dieser begegnet werden muss. In unseren Wahlprogrammen weisen wir auch darauf hin, das Beispiel habe ich mit Blick auf das Agrarstrukturgesetz, exemplarisch für die Landtagswahl dargestellt. 

Mit freundlichen Grüßen 
Christian Schaft

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