Warum traut man sich an keine Finanztransaktionssteuer, wie sie von Herrn Richard David Precht empfohlen wird? Wovor genau hat man Angst? Dass reiche Menschen wegziehen oder niemand mehr spekuliert?
Sehr geehrter Herr Lindner,
ich bin ein großer Fan von Ihnen und find es toll, dass man hier Fragen stellen darf als Normalsterblicher.
Ich bin Single, fast 30 und lebe am Rand der Stadt, weil meine Arbeit hier ist. Ich arbeite 41 Stunden die Woche, doch es reicht oft nicht für Miete, Lebensmittel, Versicherungen, Nebenkosten. Sobald eine Zahnarztrechnung kommt, brauche ich einen Kleinkredit. Ich lebe relativ Minimalistisch und um das zu ändern, habe ich 1,5 Jahre einen Nebenjob gemacht. 60 Stunden die Woche körperlich hart arbeiten hat mein Körper aber nicht mehr mitgemacht. Nun bin krank und fürchte mich vor einem Monat nur mit Krankengeld. Nun kommt auch mal eine Frage.
Könnte man solche Probleme nicht lösen, indem man eine Steuer an die Börse bringt, durch die hochspekulative Geschäfte, bei denen täglich zig Billionen Euro hin und her wandern, die den Menschen etwas zurückgibt, die sich solche Geschäfte nicht leisten können? 0,01% würde da in meinen Augen bereits reichen.
Sehr geehrter Herr S.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Frage.
Ihre persönliche Situation bedauern wir sehr und wünschen Ihnen zunächst gute Besserung und alles Gute.
Natürlich ist der Sozialstaat zu einem Teil steuerfinanziert. Ob eine Finanztransaktionssteuer ein wirksames, geschweige denn effizientes und sinnvolles Instrument für solide Staatsfinanzen wäre, ist allerdings überaus zweifelhaft. Gründe dafür liefert etwa das Gutachten von Hans-Peter Burghof und Robert Jung, das 2019 von der FDP-Bundestagsfraktion in Auftrag gegeben wurde: https://www.fdpbt.de/sites/default/files/2020-01/Gutachten_Finanztransaktionssteuer_FDP%20Fraktion.pdf
Freundliche Grüße
Team Lindner