Sehr geehrter Herr Lindner warum brauchen Politiker Lobbyisten? Können die Politiker sich nicht selbst und unabhängig über das Internet informieren? Mit freundlichen Grüßen E. Meyer
Sehr geehrter Herr M.,
vielen Dank für Ihre Frage.
Von der Gewerkschaft über die Umweltschutz-NGO bis zum Industrieverband ist es grundsätzlich legitim, wenn die politischen Vertretungen bestimmter Gesellschaftsgruppen ihre Interessen vertreten und darlegen, warum bestimmte Forderungen aus ihrer Sicht richtig oder falsch sind. Bei der Bewertung dieser Interessen und Einschätzungen gilt für alle Abgeordneten die Freiheit des Mandats. Das Abstimmungsverhalten einzelner Abgeordneter ist in zahlreichen namentlichen Abstimmungen übrigens öffentlich einsehbar.
Dabei sind wir Freie Demokraten selbstverständlich für Transparenz in der Interessenvertretung. Dazu hat unsere Fraktion bereits vor Jahren einen umfassenden Antrag im Deutschen Bundestag eingebracht: https://www.fdpbt.de/initiative/antrag-mehr-transparenz-lobbyismus-herstellen. Und im Gegensatz zur politischen Konkurrenz setzen wir in Sachen Transparenzregeln auf Taten statt auf leere Versprechen. Was es aus unserer Sicht gegenwärtig braucht, ist ein wirksames Lobbyregister, das diesen Namen auch verdient. Die von der Großen Koalition kürzlich beschlossenen Regelungen beinhalten scheunentorgroße Ausnahmen für einige der wichtigsten Lobbyverbände - etwa Kirchen, Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften. Auch fehlt ein "exekutiver Fußabdruck", der kenntlich macht, wie Gesetzestexte durch Lobbyisten verändert wurden. Eine Reform des kaum anwendbaren Straftatbestand der Abgeordnetenbestechung ist ebenfalls ausgeblieben. Dass das aktuelle Lobbyregister aber alle Arten von Interessenvertretung erfassen und gleichbehandeln müsste, hat mein Fraktionskollege Dr. Marco Buschmann in seiner Plenarrede deutlich auf den Punkt gebracht: https://www.fdpbt.de/plenarrede/rede-dr-marco-buschmann-abgeordnetengesetz-transparenzregeln
Freundliche Grüße
Christian Lindner