Frage an Christian Lindner von Reinhold S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Lindner,
In einer Veröffentlichung des BMBF unter dem Titei "ZUKUNFT VON WERTVORSTELLUNGEN DER MENSCHEN IN UNSEREM LAND"
(https://www.vorausschau.de/SharedDocs/Downloads/vorausschau/de/BMBF_Foresight_Wertestudie_Langfassung.pdf;jsessionid=2A912DCB6091395C10E1C9C45BB35978.live091?__blob=publicationFile&v=1)
kann man auf Seite 123 folgendes lesen:
"Für bestimmte Verhaltensweisen können im Punktesystem, das vom Staat betrieben wird, Punkte gesammelt werden (z.B. Ehrenamt, die Pflege Angehöriger, Organspenden, Altersvorsorge, Verkehrsverhalten, CO2-Abdruck). Neben der sozialen Anerkennung ergeben sich durch das Punktesammeln auch Vorteile im Alltag (z.B. verkürzte Wartezeiten für bestimmte Studiengänge). Somit können Staat und politische Institutionen bestimmte Ziele über Anreize zur Verhaltensänderung verwirklichen (z.B. Steuerung des Arbeits- und Bildungsmarkts) und auch zukünftiges Verhalten genauer prognostizieren. Bürgerinnen und Bürger bringen in der Digital Liquid Democracy Themen auf die Agenda und stimmen über kritische Fragen ab. Unternehmen haben die Möglichkeit, an das Punktesystem anzudocken und die Daten nach vorheriger Zustimmung der Bürgerinnen und Bürger (etwa personalisierte Risikoprämien) zu monetarisieren."
Sind wir wirklich schon so weit gekommen, dass man sich in der Politik Gedanken darüber macht, ein Sozialkreditsystem wie es in China praktiziert wird, als erstrebenswert findet?
Wie stehen Sie als liberaler Politiker zu diesen Gedankengängen der Bundesregierung?
MfG
Reinhold Schnidt
Sehr geehrter Herr S.,
vielen Dank für Ihre Frage.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat in der zitierten Publikation verschiedene Zukunftsszenarien durchgespielt und hierbei die Frage aufgeworfen, was wäre, wenn angesichts einer „erfolgreichen Nutzung“ des Sozialkreditsystems in China auch andere Staaten über die Nutzung eines solchen Systems diskutierten.
Unsere Haltung dazu ist klar: Ein staatliches Überwachungssystem nach chinesischem Vorbild darf es in Deutschland niemals geben. Der Staat ist nicht dafür da, um Bürgerinnen und Bürger zu erziehen und darf es sich nicht zur Aufgabe machen, Verhaltensweisen der Bevölkerung mit dem Ziel einer Verhaltensänderung zu kontrollieren.
Ein solches System als „erfolgreich“ vorzustellen, halte ich für problematisch. Das chinesische Modell ist ein expliziter Gegenentwurf zu den liberalen Demokratien des Westens und Teil eines Systemwettbewerbs. Eine ausführlichere Darstellung der Gegenargumente wäre daher angezeigt gewesen.
Gerne können Sie sich für eine ausführlichere Diskussion auch an unseren innenpolitischen Sprecher Konstantin Kuhle wenden, den sie unter konstantin.kuhle@bundestag.de erreichen.
Freundliche Grüße
Christian Lindner