Frage an Christian Lindner von Björn P. bezüglich Menschenrechte
Sehr geehrter Herr Lindner,
es ist nicht allzu lange her, dass ich selbst noch in der Schule war, und regelmäßig in diversen Fächern mit den grausamen Taten des Dritten Reichs im Kontakt war.
Im deutschen Bildungssystem und in dem generellen deutschen kulturellen Verständnis steht das Erinnern an die vergangenen Taten des Dritten Reichs und an das Verhindern zukünftiger ähnlicher Taten, meiner bisherigen Erfahrung nach, an hoher Stelle.
Nun stellt sich mir die Frage wie es gerechtfertigt wird, dass aufgrund von wirtschaftlichen Interessen, bei den zahlreichen Menschenrechtsverletzungen, die die chinesische Regierung begeht, bewusst weggeschaut wird.
Mir ist klar, dass China ein wichtiger Handelspartner für den gesamten Westen ist, und es nicht möglich ist, ohne die dort produzierten Produkte ein Leben zu führen, wie es für viele Menschen im Westen zur Zeit existiert.
Dennoch stelle ich mir die Fragen, ab welchem Punkt sollten die Menschenrechte den wirtschaftlichen Interessen überwiegen, und wie weit muss es noch in China kommen, dass Deutschland oder die EU “den Stecker zieht”? Wie könnte man das Wegfallen von billiger Arbeitskraft am Besten ausgleichen?
Welche Stellung bezieht Ihre Partei in der Angelegenheit, besonders im Zusammenhang mit der zukünftigen Bundestagswahl?
Ich bin mir bewusst, dass meine Auffassungen gegebenenfalls ziemlich naiv sind, jedoch sind dies Fragen, die mich frustrieren und beschäftigen. Ich bedanke mich bei Ihnen, für die Auseinandersetzung mit meinen Fragen.
Mit freundlichen Grüßen,
B. P.
Sehr geehrter Herr Plötz,
vielen Dank für Ihre Nachricht. Ihre Fragen und Auffassungen sind keinesfalls naiv. Die Frage des Ausgleichs von Wirtschaftsinteressen und Menschenrechten ist eine wichtige und schwierige zugleich.
Selbstverständlich ist es wichtig, enge Beziehungen zu China zu pflegen. Doch die Prämisse lautet: Zusammenarbeit ja, Unterordnung nein. Es muss glasklar kommuniziert werden, dass gesellschaftliche und wirtschaftliche Freiheit nur gemeinsam funktionieren. Wenn der Einsatz für Freiheit, Menschenrechte und Demokratie einen Preis in Peking kostet, dann muss Deutschland ihn zahlen. Unsere liberalen Werte und ihre universelle Bedeutung stehen nicht zum Verkauf, auch nicht in pandemisch-bedingten Krisenzeiten der Wirtschaft in Deutschland und Europa.
Der Preis für eine Zusammenarbeit mit China darf nicht der schleichende Verlust von Demokratie und Freiheit in aller Welt sein. Das Dauer-Appeasement Deutschlands gegenüber einem Regime, das die Sehnsucht junger Menschen in Hongkong nach mehr Freiheit niederknüppeln lässt und das Taiwan militärisch, diplomatisch und wirtschaftlich bedroht, gefährdet letztendlich auch unsere eigene Freiheit und das Wertekonstrukt Europas.
Für weitere Informationen lesen Sie bitte den Beschluss der Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag: https://www.fdpbt.de/sites/default/files/2019-09/190906_Beschluss_Systemwettbewerb_mit_China.pdf
Der G7-Gipfel vom Wochenende hat klar gezeigt, dass es gegenüber China Antworten der gesamten westlichen Staatengemeinschaft geben muss.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Lindner