Frage an Christian Lindner von Johannes T. bezüglich Medien, Kommunikation und Informationstechnik
Was halten Sie davon, soziale Netzwerke zu verpflichten, Inhalte, die von der Meinungsfreiheit nach deutschem Recht gedeckt sind (also keine Volksverhetzung o.ä.), nicht löschen zu dürfen?
Sehr geehrter Herr Tauber,
haben Sie vielen Dank für Ihre Frage.
Klar ist: Soziale Netzwerke sind kein rechtsfreier Raum. Als Freie Demokraten sprechen wir uns daher grundsätzlich dafür aus, dass die Durchsetzung von Recht in sozialen Netzwerken primär dem Staat obliegt. Wir begrüßen Maßnahmen, die es erleichtern, rechtswidrige Inhalte (etwa Beleidigungen, Drohungen, Anstiftung zu Straftaten) zur Anzeige zu bringen und entsprechend rechtlich zu ahnden.
Kritischer sehen wir es, wenn die Rechtsdurchsetzung privaten Netzwerkbetreibern überlassen wird, wie dies etwa mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) geschehen ist. Zwar tragen Betreiber größerer Internetplattformen eine Verantwortung für die dort verbreiteten Inhalte. Ihnen allein jedoch die Einordnung und Ahndung zu überlassen, kann nicht der richtige Weg sein. Schließlich könnten ökonomische Interessen der Betreiber im Konflikt mit einer effektiven Durchsetzung von Schutzstandards stehen.
Was die Löschung von nicht rechtswidrigen Inhalten angeht, müssen wir weiter differenzieren. Das NetzDG setzt in diesem Fall womöglich fehlgeleitete Anreize. Denn es könnte dazu führen, dass auch Inhalte gelöscht werden, die im Zweifel nicht rechtswidrig sind. Dieses sogenannte "Overblocking" sehen wir Freie Demokraten kritisch. Hier bedarf es aus unserer Sicht einer Reform des NetzDG selbst. Für die Zeit, in der Inhalte auf ihre Rechtmäßigkeit geprüft werden, kann jedoch ein vorrübergehendes Blocken sinnvoll sein, um größeren Schaden zu verhindern – immer unter der Bedingung, dass im Falle einer endgültigen Entscheidung der Beitrag auch wieder verfügbar sein muss.
Für einen weiteren Austausch auf der Fachebene können Sie sich gerne an meinen Kollegen und rechtspolitischen Sprecher der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag, Dr. Jürgen Martens, wenden.
Mit freundlichen Grüßen nach Freising
Christian Lindner