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Christian Lindner
FDP
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Frage von Christopher W. •

Frage an Christian Lindner von Christopher W. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Lindner,

ich habe eine Frage bezüglich der Target-Salden.

Wie positioniert sich die FDP zum Gedanken diese zwischen den nationalen Notenbanken des Eurosystems entstandenen Forderungen und Verbindlichkeiten auszugleichen.

Ein Beispiel:
Wenn eine private Bank in Frankreich sich 100.000€ Zentralbankgeld bei der französische Notenbank im Zuge eines Hauptrefinanzierungs/Spitzen-refinanzierungsgeschäft leiht, muss sie bei der Notenbank marktfähige Sicherheiten im Umfang von 100.000€ mit entsprechenden Rating hinterlegen.(Anleihen mit mindestens BBB- Rating)
In unserem Beispiel hinterlegt sie 100 BASF-Anleihen zum Nennwert von 1.000€

Die Bilanzposition der Notenbank sieht dann so aus:
Aktiva. Passiva
100 BASF 100.000€
Anleihen

Wenn die 100.000€ jetzt von Frankreich nach Deutschland überwiesen werden, reduziert sich die Passiva der französischen Notenbank um 100.000€.

Die Passiva der Bundesbank erhöht sich um 100.000€.

Die Aktivaposition (BASF-Anleihen) bleibt jedoch bei der Überweisung in der ursprünglichen Bilanz.

Weil die französische Notenbank die Aktiva nicht an die Bundesbank überträgt, muss diese nun eine Target-2 Forderungen, die sie gegenüber der EZB hat aufnehmen, und die französische Notenbank eine Verbindlichkeit.

Damit sich Aktiva und Passiva bei beiden wieder ausgleichen.

Mir wäre es lieber, wenn auf der Aktiva der Bundesbank keine Target-Forderung, sondern die BASF-Anleihe stehen würde.

1Weil die BASF-Anleihe marktfähig handelbar und somit liquidiert werden kann,
die Target-Forderungen können sich nicht an der Börse verkaufen.

2.Weil die BASF-Anleihe fällig gestellt werden kann, die Target-Forderungen nicht.

Mein Vorschlag wäre:

Die nationalen Notenbanken des Eurosystems übertragen alle ihre Aktiva und Vermögenswerte (Anleihen,Gold,Vermögen-
werte an die EZB, und diese teilt die Aktiva jährlich neu auf.

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr W.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Fragen.

Auch für Ihren interessanten Vorschlag zum Abbau der TARGET2-Salden bedanke ich mich. Für eine tiefgehende Diskussion auf der Fachebene schlage ich vor, dass Sie sich am besten einfach direkt an meinen Fraktionskollegen Frank Schäffler wenden. Er ist Mitglied im Finanzausschuss und war beispielsweise federführend bei der Kleinen Anfrage zu Target2-Ausfällen, die unsere Fraktion kürzlich in den Deutschen Bundestag eingebracht hat: https://www.fdpbt.de/anfrage/kleine-anfrage-nachfragen-target2-ausfaellen

Ganz allgemein kann ich Ihnen folgendes beantworten: Das TARGET2-Echtzeitzahlungssystem wurde durch das Europäische System der Zentralbanken entwickelt und beschlossen. Es kann bei Bedarf von der EZB zusammen mit den nationalen Zentralbanken weiterentwickelt werden. Ich sehe hier jedoch keine direkte Rolle für die Politik. Die Unabhängigkeit der Zentralbanken in der Währungsunion ist ein hohes Gut. Zudem sind die TARGET2-Forderungen, die die Bundesbank in Ihrem Beispiel gegenüber der EZB hat, hinreichend sicher – eine Forderung gegen die EZB ist wohl als weitaus sicherer einzustufen, als eine Anleihe mit, wie Sie schreiben, einer Bonität von mindestens BBB-.

Meiner Einschätzung nach sind die in der Corona-Krise auf neue Rekordhöhen gestiegenen TARGET2-Salden eher ein Symptom eines dahinterliegenden Problems: Europa verfügt immer noch nicht über einen wirklich integrierten Binnenmarkt für Kapital. Kapital macht immer noch viel zu oft an Landesgrenzen halt. Deshalb wollen wir Freie Demokraten die europäische Kapitalmarktunion entschlossen vorantreiben, damit vor allem kleine und mittlere Unternehmen sowie Start-ups unabhängig von ihrem Standort die Finanzierung erhalten, die sie für ihre Geschäftsideen benötigen. Auf diese Weise erhöht sich die private grenzüberschreitende Risikoteilung – und die TARGET2-Salden gehen ganz nebenbei zurück.

Mit freundlichen Grüßen nach Dresden
Christian Lindner

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