Frage an Christian Lindner von Valentin Luca H. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Lindner,
Ich schreibe eine Projektarbeit zum Thema Meinungsfreiheit und mich würde ihre Meinung zu ein paar Fragen interessieren:
- Wo sehen Sie die Grenzen der Meinungsfreiheit in Deutschland?
- Finden Sie, dass Kritik an religiösen Figuren gleich zu setzen ist mit Kritik an weltlichen Figuren, bezogen auf die Meinungsfreiheit (Mohammed-Karikaturen, Emmanuel Macron)?
- Fühlen Sie sich in Ihrer Tätigkeit als Abgeordneter des Deutschen Bundestages in Ihrer Meinung eingeschränkt?
Ich würde mich sehr über Ihre Antwort freuen.
Mit freundlich Grüßen
Valentin Hübner
Sehr geehrter Herr Hübner,
vielen Dank für Ihre Nachricht. Gerne unterstütze ich Ihre Projektarbeit und antworte folgend auf Ihre Fragen.
1. Wo sehen Sie die Grenzen der Meinungsfreiheit in Deutschland?
Das formal garantierte Recht auf Meinungsfreiheit nach Artikel 5 im Grundgesetz gilt für jeden Bürger in Deutschland. Im unserer Verfassung steht wörtlich geschrieben: "Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern". Folglich sind dem Recht auf Meinungsfreiheit keine verfassungsrechtlichen Grenzen gesetzt und es gilt, dieses allgemeingültige Grundrecht zu verteidigen und zu schützen. Gerade wir als Freie Demokraten tragen das Wort Freiheit bereits im Namen und setzen uns unerbittlich für unsere verfassungsrechtlich garantieren Freiheiten ein.
In zwei Fällen stößt die Meinungsfreiheit jedoch an Ihre Grenzen: Erstens endet Meinungsfreiheit klar da, wo Positionen geäußert werden, die verfassungs- und demokratiefeindlich oder rassistisch sind, sich also außerhalb unseres gemeinsamen Rechtsrahmens befinden. Zweitens gibt es in der praktischen Auslegung des Rechts gefühlte Grenzen, wenn soziale Erwünschtheit nicht die gesamte Bandbreite der Meinungen zulässt. Ein Beispiel dafür können soziale Sanktionen wie Shitstorms im Netz sein, die für manche Menschen dazu führen können, dass sie sich aus der Diskussion zurück ziehen.
2. Finden Sie, dass Kritik an religiösen Figuren gleich zu setzen ist mit Kritik an weltlichen Figuren, bezogen auf die Meinungsfreiheit (Mohammed-Karikaturen, Emmanuel Macron)?
Eine freiheitliche Demokratie muss Kritik an Politikern als auch Kritik an religiösen Figuren aushalten können, hier gibt es keinen Unterschied. Nicht spitzzüngige Satire, wie die Mohammed-Karikaturen, ist eine Gefahr für die freie und demokratische Gesellschaft, sondern religiöse Fundamentalisten, die ihre Ideologie über demokratische Rechtssysteme stellen. Dabei verläuft die Auseinandersetzung nicht zwischen Religionen, sondern zwischen Demokraten und Demokratiefeinden. Macron muss folglich in seinem Kampf gegen die Untergrabung der Demokratie unterstützt werden.
3. Fühlen Sie sich in Ihrer Tätigkeit als Abgeordneter des Deutschen Bundestages in Ihrer Meinung eingeschränkt?
Nein, ich kann als Abgeordneter, aber auch als Bürger Deutschlands, meine Meinung frei äußern. Wenn meine Positionen mal nicht dem Mainstream entsprechen, werde ich mit scharfen Tweets oder etwas spitzer Kommentierung aus den Medien abgestraft. Das muss man jedoch als überzeugter Demokrat aushalten können. Manchmal hilft es auch, die Perspektive zu wechseln: Wenn man sich die Repressionen von Meinungsfreiheit beispielsweise in Hongkong oder Belarus anschaut, erkennt man schnell, dass unsere Freiheiten ein sehr hohes Gut sind.
Mit freundlichen Grüßen zurück
Christian Lindner