Frage an Christian Lindner von Daniel H. bezüglich Gesundheit
Hallo!
Der Inzidenzwert wie wir ihn bereits kennen, soll nun im Infektionsschutzgesetz eingebaut werden.
Es wurde bereits angemerkt, dass dieser Wert nicht mehr angemessen sei - ich gehe weiter, und sage, dass er die tatsächliche Situation überhaupt nicht objektiv darstellen kann - er ist sogar über die Anzahl der durchgeführten Tests steuerbar!!
Die Einwohnerzahl ist ja nun grundlegend konstant.
Damit ist die Gesamtzahl der maximal positiv Getesteten, die es braucht, um den Wert zu überschreiten, ebenfalls fix.
Die Positivenquote im Sommer lag um die 1% (aktuell angeblich bei 2-3%).
Damit lässt sich also ganz einfach ausrechnen und festlegen, wie viele Test durchgeführt werden müssen, um den Inzidenzwert zu überschreiten.
Für Hamburg (~1,85 Mio Einwohner)
=> bei 1,0 % Positiven-Testrate:
Inzidenzwert von 35 => ~ 9.250 Tests/Tag
Inzidenzwert von 50 => ~ 13.300 Tests/Tag
=> bei 3,0 % Positiven-Testrate:
Inzidenzwert von 35 => ~ 3.085 Tests/Tag
Inzidenzwert von 50 => ~ 4.440 Tests/pro Tag
Also lassen sich demnach relativ einfach die Maßnahmen und Einschränkungen der Grundrechte über ausreichend durchgeführte Tests herbeiführen.
Welche Kontrollfunktion wird gegen diese Missbrauchsmöglickeit geben?
Die Maßnahmen die dann dort stehen (auch Impfdokumentation siehe §36, d), (10), 1., b) findet man dort) , bedürfen noch einmal einer gesonderten Überlegung.
Man möchte mehr Rechtssicherheit für die Maßnahmen schaffen? Aber warum - man sollte sich eher fragen, wieso über die Maßnahmen als nicht rechtens entschieden werden konnte - weil sie Unrecht darstellen.
Man möchte für alles eine gesetzliche Grundlage schaffen (von Ausnahmen habe ich noch nichts gefunden).
Werden dann aus Ordnungswidrigkeiten Straftaten, da man nun gegen ein Gesetz statt gegen eine Verordnung verstößt?
Zum Schutz unserer Demokratie, unseres Rechtsstaates, darf das Gesetz so nicht kommen, da der Bundestag zu einfach umgangen werden kann oder wie sehen Sie das?
Gruß Daniel Hanke
Sehr geehrter Herr Hanke,
vielen Dank für Ihre Fragen.
Als Fraktion der Freien Demokraten haben wir am 18. November 2020 im Deutschen Bundestag das Dritte Bevölkerungsschutzgesetz abgelehnt. Wir haben vor allem kritisiert, dass der neu ins Infektionsschutzgesetz eingeführte § 28a, der die Verordnungsbefugnisse der Länder regelt, praktisch kaum zu mehr Bestimmtheit führt. Im neuen Paragraphen werden nur beispielhaft verschiedenen Maßnahmen genannt, aber keine weiteren Voraussetzungen aufstellt. Es gibt auch keine genauen Differenzierungskriterien.
Als konstruktive Opposition haben wir konkrete Änderungsvorschläge in die parlamentarische Debatte eingebracht: https://www.fdpbt.de/initiative/aenderungsantrag-entwurf-dritten-gesetzes-zum-schutz-bevoelkerung-epidemischen-lage
Dieser Änderungsantrag wurde allerdings von der Mehrheit der Abgeordneten im Deutschen Bundestag abgelehnt.
Zur Rolle des Inzidenzwertes: Die ausschließliche Orientierung am 7-Tage-Inzidenzwert ist aus unserer Sicht nicht sachgerecht, da es sich um einen verwaltungstechnischen Wert aus dem Frühjahr handelt. Andere Indikatoren - wie die zum Beispiel die Testkapazitäten oder die Belastung der Krankenhäuser - werden nicht berücksichtigt.
Mit freundlichen Grüßen nach Hamburg
Christian Lindner