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Christian Lindner
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Frage von Iris E. •

Frage an Christian Lindner von Iris E. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Lindner,

auf folgenden Auszug aus dem Strategiepapier des Bundesinnenministeriums zu COVID 19 bin ich aufmerksam geworden:
4. Schlussfolgerungen für Maßnahmen und offene Kommunikation 4 a. Worst case verdeutlichen! Wir müssen wegkommen von einer Kommunikation, die auf die Fallsterblichkeitsrate zentriert ist. Bei einer prozentual unerheblich klingenden Fallsterblichkeitsrate, die vor allem die Älteren betrifft, denken sich viele dann unbewusst und uneingestanden: «Naja, so werden wir die Alten los, die unsere Wirtschaft nach unten ziehen, wir sind sowieso schon zu viele auf der Erde, und mit ein bisschen Glück erbe ich so schon ein bisschen früher». Diese Mechanismen haben in der Vergangenheit sicher zur Verharmlosung der Epidemie beigetragen. Um die gewünschte Schockwirkung zu erzielen, müssen die konkreten Auswirkungen einer Durchseuchung auf die menschliche Gesellschaft verdeutlicht werden:
1) Viele Schwerkranke werden von ihren Angehörigen ins Krankenhaus gebracht, aber abgewiesen, und sterben qualvoll um Luft ringend zu Hause. Das Ersticken oder nicht genug Luft kriegen ist für jeden Menschen eine Urangst. Die Situation, in der man nichts tun kann, um in Lebensgefahr schwebenden Angehörigen zu helfen, ebenfalls. Die Bilder aus Italien sind verstörend.
2) "Kinder werden kaum unter der Epidemie leiden": Falsch. Kinder werden sich leicht anste-cken, selbst bei Ausgangsbeschränkungen, z.B. bei den Nachbarskindern. Wenn sie dann ihre Eltern anstecken, und einer davon qualvoll zu Hause stirbt und sie das Gefühl haben, Schuld daran zu sein, weil sie z.B. vergessen haben, sich nach dem Spielen die Hände zu waschen, ist es das Schrecklichste, was ein Kind je erleben kann.
3) Folgeschäden: Auch wenn wir bisher nur Berichte über einzelne Fälle haben, zeichnen sie doch ein alarmierendes Bild.
Was soll man davon halten? Wie weit sind die Bemühungen die Epidemische Notlage nationaler Tragweite zu beenden?

Grüsse Iris Engelhard

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Sehr geehrte Frau E.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage.

Das von Ihnen angesprochene Strategiepapier kenne ich. Hierbei kurz zur Einordnung: Das Papier wurde im Auftrag vom Bundesinnenministerium von externen Wissenschaftlern erstellt. Die Inhalte des Papiers sind in der Tat überaus fragwürdig und stehen diametral zum Menschenbild einer liberalen, aufgeklärten und demokratischen Gesellschaft. Ich teile weder die darin beschriebenen Einschätzungen noch die Empfehlungen.

Die von Ihnen erwähnte epidemische Notlage beschäftigt mich und meine Partei seit Monaten sehr. In der Tat gibt es angesichts des zwar bestehenden, aber nach wie vor regionalen und lokalisierbaren Infektionsgeschehens keinen Grund mehr, wesentliche Kompetenzen auf das Bundesgesundheitsministerium zu übertragen. Unsere Fraktion hat daher bereits im Juni die Aufhebung der "epidemischen Lage von nationaler Tragweite" beantragt, auf die sich die Sondervollmachten der Bundesregierung gründen. Hier müssen Kompetenzen wieder auf den Bundestag und die zuständigen Stellen in den Bundesländern übertragen werden. Den Parlamentsantrag können Sie unter https://www.fdpbt.de/initiative/antrag-epidemische-lage-nationaler-tragweite-beenden-bevoelkerung-weiter-schuetzen einsehen. Unsere Position hat im Deutschen Bundestag jedoch leider keine Mehrheit gefunden. Am 17. September 2020 wurde der Antrag im Plenum abgelehnt. Natürlich setzen wir uns dennoch weiterhin für eine Wahrung der Parlamentsrechte ein. Im schwarz-gelb regierten Nordrhein-Westfalen wurde die analog ausgerufene "Epidemische Lage von landesweiter Tragweite" übrigens tatsächlich bereits im Juni aufgehoben.

Freundliche Grüßen

Christian Lindner

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